Das Echo bei den Verantwortlichen in der Region ist geteilt. "Es gibt ja immer wieder Ideen, um das Spiel interessanter zu machen", sagt Roland Kock, Coach des Bezirksligisten RSV Praest. "Mal sollen die Tore größer werden - und irgendwann spielen wir dann auch ohne Abseits." Er persönlich hat große Zweifel, ob die Einführung der Zeitstrafe gerade in den unteren Spielklassen, wo es keine Linienrichter gibt, überhaupt praktikabel ist. "Darüber hinaus muss erst mal geklärt werden, wofür denn eine Zeitstrafe überhaupt verhängt wird. Wir haben ja schon Gelb, Gelb-Rot und Rot - eigentlich sollten damit doch alle Regelwidrigkeiten abgedeckt sein", sagt Roland Kock, der mit seinem Team am kommenden Mittwoch mit der Vorbereitung auf die schwere Rückrunde beginnt.
Bernd Franken hat lange Zeit als Trainer im Jugendbereich gearbeitet, wo es bekanntermaßen eine fünfminütige Zeitstrafe gibt. Der Coach des A-Ligisten SV Rees steht der Einführung der Weißen Karte bei den Senioren positiv gegenüber. "Das hat sich bei der Jugend bewährt. Für mich ist das auch eine gute Geschichte für die Senioren. Die Zeitstrafe gibt einer Mannschaft die Möglichkeit, auf den kurzfristig in Unterzahl spielenden Gegner Druck auszuüben", sagt Franken. Eine Zeitstrafe sei zudem ein letzter Schuss vor den Bug. "Wer dann nicht die Zeichen der Zeit erkannt hat, dem ist nicht zu helfen. Das gilt für Spieler wie für den Trainer, der mit einer Auswechslung Schlimmeres verhindern kann beziehungsweise muss."
"Einen insgesamt guten Lösungsansatz" sieht Hans-Georg Trinker in der möglichen Einführung einer Weißen Karte. Der Coach des A-Ligisten Westfalia Anholt glaubt, dass durch Zeitstrafen vor allem "die Schiedsrichter mehr Handlungsspielraum" erhalten. "Die entscheidende Frage wird aber sein, wie die Regel dann in der Praxis ausgelegt wird", sagt Trinker.
Generell ist Holger Wieggers von der Idee nicht begeistert. Aktuell stört den Trainer des SV Werth eine ganz andere Sache. "Was unbedingt wieder abgeschafft werden muss, ist die Sperre nach der fünften Gelben Karte im Amateurbereich", sagt Wieggers. "Ich halte von dieser Regel überhaupt nichts, weil da gemauschelt werden kann."
So wäre es in der Hinrunde schon mehrmals vorgekommen, dass sich Akteure absichtlich die fünfte Gelbe Karte abgeholt hätten, weil ihr Verein in der darauffolgenden Woche spielfrei hatte und so keine Sperre abgesessen werden musste. Wieggers gibt zu, dass auch zwei Kicker seiner Mannschaft dies so praktiziert haben. "Das ist zwar unfair, aber die Regeln geben es halt her", sagt der Coach.
Im Auftrag des Weltverbandes FIFA hatte der DFB vor der Saison 1978/79 die zehnminütige Zeitstrafe bei Amateurspielen als Pilotprojekt eingeführt, war davon aber 1992 wieder abgerückt. Der ehemalige Schiedsrichter Ernst Hempel, der auch lange Vorsitzender der Spruchkammer im Fußball-Kreis Rees-Bocholt war, erinnert sich noch gut an diese Zeit. "Die Zeitstrafe war sehr gut. Es war eine direkte Erziehungsmaßnahme", sagt der Emmericher. "Wenn man sich heutzutage noch mit Jugendtrainern unterhält, gibt es bei denen eine Akzeptanz dafür." Die Zeitstrafe wurde damals übrigens nur gegen schon mit einer Gelben Karte verwarnte Spieler ausgesprochen. "Heute ist das ja mehr oder weniger durch Gelb-Rot ersetzt worden", erläutert Hempel. "Aber im Prinzip spricht nichts dagegen, die Zeitstrafe wieder einzuführen."