2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Ob in Chamerau oder in der Jugend-Bundesliga: Schiri Martin Speckners Karriereleiter ist steil.  Foto: Tschannerl
Ob in Chamerau oder in der Jugend-Bundesliga: Schiri Martin Speckners Karriereleiter ist steil. Foto: Tschannerl

Zum Einstand alle Karten ausgespielt

Jung-Schiri Martin Speckner vom SV Runding hat schnell schier ungeahnte Höhen erreicht mit Bayernliga und Jugend-Bundesliga.

Der Rundinger Martin Speckner ist derzeit der bekannteste Schiedsrichter im Kreis. Aber nicht weil er vielleicht bei einem Spiel in Ungnade gefallen wäre, sondern weil der 20-Jährige nach vielen, vielen Jahren wieder ein Bayernliga-Schiri aus Reihen der Chamer Gruppe ist. Ganz neue Dimensionen für den jungen Mann, nicht zuletzt wegen der Folgen. Als Bayernliga-Schiri der Erwachsenen darf man auch B-Jugend-Bundesliga pfeifen. Neulich bei Mainz 05 gegen den Karlsruher SC (1:2) vor rund 70 Schaulustigen auf dem Rasenplatz in Nieder-Olm, musste Martin Speckner sogar Rot zeigen gegen die Badener. Die führten da aber schon mit 2:1 gegen die Mainzer, brachten das Ding nach zwei gelben Karten (und einer für Mainz) über die Zeit.

Der Rundinger kommt also viel rum in der Republik. Ob nun A-Klasse auf der Chamerauer Regeninsel oder Jugend-Bundesliga. Mit dieser steilen Entwicklung hatte Martin Speckner selbst nicht gerechnet, als er mit zwölf Jahren begonnen hatte. Heute wär‘ das gar nicht mehr möglich, denn inzwischen darf man erst ab 14. Fast logisch, dass ihn Martin Nelz zum Pfeifen gebracht hat. Der ehemalige Landesliga-Schiri des SV Runding, inzwischen dem Tischtennis am Ort zugewandt.

Schon mit 13 Jahren leitete Martin Speckner, für die SG Schloßberg 09 im Einsatz, Herrenspiele. Ganz unten in der B-Klasse, von wo es Zug um Zug nach oben ging. Die an höchster Stelle so vielzitierten Zauberworte „Fairplay“ und „Respekt“ sind ganz unten allerdings gar nicht leicht zu buchstabieren: „Ja, das ist teilweise nicht einfach, sich als junger Schiedsrichter Akzeptanz zu verschaffen, doch je älter man wird, desto mehr wird man akzeptiert“, hat Speckner tapfer diese Art der Grundschule durchlaufen. Mit klarem Konzept: „Am besten ist es, wenn man Präsenz zeigt, dennoch sind mir als jungem Schiri Entscheidungen nicht so abkauft worden. Es kommt viel darauf an, wie man mit den Spielern umgeht. Je älter man wird, desto bekannter wird man“, so Speckners Rückschau auf seine Entwicklung.

Seit mittlerweile drei Jahren, damals mit gerade mal 17 Jahren, leitet der Rundinger schon Landesliga-Spiele. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort klappte es heuer dann mit dem Bayernliga-Aufstieg. Als Nachfolger des Michelsneukircheners Jürgen Kraus, der vor vielen Jahren letzter Bayernliga-Mann der Chamer Gruppe gewesen war. Zweimal war Speckner in der neue Saison schon im Getümmel der Bayernliga Nord. Bei Eltersdorf gegen Eichstätt (1:0) flogen die Fetzen kartentechnischer Art: Einmal Rot, einmal Gelb-Rot und dreimal Gelb für die Gastgeber, viermal Gelb für die Gäste. Drei Wochen danach war Speckner noch gut eingeübt für den Fight vor 500 Zuschauern im Neumarkter Sportzentrum (1:1 gegen Würzburger FV): Einmal Ampel und viermal Gelb für die Oberpfälzer, Knallrot und zweimal Gelb für die Unterfranken.

Da geht es in der A-Jugend-Bundesliga vergleichsweise richtig gesittet zu: VfB Stuttgart gegen den SC Freiburg, Erzrivalen-Duell zwischen Württemberg und Baden, nicht nur bei den Männern, auf dem Nebenplatz der Mercedes Benz-Arena, Vorgeplänkel zum Bundesligaspiel des VfB. „Ich war Linienrichter und plötzlich waren rund ums Spielfeld 3000 Zuschauer, das sind schon Erfahrungen, an die ich gerne zurückdenke“, lacht Martin Speckner. Am letzten Sonntag folgte dann der bisherige Höhepunkt mit der B-Jugend-Partie zwischen Mainz und Karlsruhe. Zwischen sechs und zwölf Tagen vorher bekommt man seinen Spielauftrag per E-Mail, durch einen Rahmenterminkalender mit den avisierten Einsätzen hat auch Speckner „kleine Planungssicherheit, aber welche Partie es dann genau ist, das hört man erst kurz vorher.“

Wie die Großen: Anreise am Vortag

Alles andere als alltäglich für den Rundinger, so eine Partie im fernen Mainzer Umland: „Für mich sind das knapp 400 Kilometer einfach. Hinfahren, um 13 Uhr das Spiel leiten und dann gleich wieder heimfahren, das geht natürlich nicht“. Wie bei den ganz Großen der Bundesliga-Zunft war für Martin Speckner Anreise am Vortag. Das erleichtert die Spielvorbereitung ungemein. Nach dem Spiel heißt es dann nicht gleich umziehen und nach Hause wie in der Kreisliga: „Nach der Partie haben wir noch Coaching von unserem Trainer, solche Spiele stehen stets unter Beobachtung. Da wird das Spiel gefilmt und besprochen. Das ist schon wesentlich professioneller“, ist Martin Speckner damit im weiteren Kreis der privilegierten Schiris. „Die Linienrichter wurden mir zugeteilt, beide kamen aus Oberfranken“, so Speckner zu den Modalitäten.

Kein Vergleich natürlich zum Fußball an der Basis: „Tempo und Spielverständnis sind natürlich in der Bundesliga extrem hoch“. Bei der B-Jugend-Partie in Nieder-Olm zückte Speckner nach 35 Minuten Rot für die Notbremse des Karlsruher Keepers 30 Meter vor seinem Kasten. Und das bei 30 Grad, nachmittags um eins. Die Beobachter haben den jungen Mann aus dem Bayerischen Wald jedenfalls gut gefunden: „Mir wurde ein gelungener Einstieg bescheinigt, ohne große Fehler“, war der Neue erleichtert. So ist das nächste B-Jugend-Bundesligaspiel schon in Aussicht. Am 8. Oktober. Das Stuttgarter Derby Kickers gegen VfB. Ein paar Kärtchen dürften da in Degerloch unterm Fernsehturm wieder gebraucht werden.

Im Kreis jener 0,6 Prozent ...

„Ziele kann man nie genug haben, aber um weiter aufzusteigen oder dauerhaft in diesen Höhen pfeifen zu können, gehört auch eine ganze Menge Glück dazu. Wenn mir das vor drei, vier Jahren jemand gesagt hätte, hätte ich nicht gewusst, was ich geantwortet hätte“, weiß Martin Speckner seinen Erfolg richtig einzuschätzen und gehört zu den 0,6 Prozent der deutschen Schiedsrichter, die für solche Partien vorgesehen sind“. Aus der Chamer Gruppe hat es bisher jedenfalls noch keinen gegeben, der so hoch gepfiffen hat. Und wohin soll der Weg noch führen? – „Man kann es natürlich schaffen, noch weiter aufzusteigen, aber dazu gehört viel Glück und Talent, weil die Spitze immer kleiner wird“, will Speckner nichts überstürzen. Für acht Bayernliga-Spiele im Jahr wird er eingeteilt, aus den Bewertungen ergibt sich die Durchschnittsnote nach der am Ende der Saison entschieden wird, ob er aufsteigt, drinbleibt oder absteigt. Fast so wie bei den Aktiven mit ihren Punkten in der Tabelle.

Als Aktiver nie dahin gekommen

Das Jahr Bayernliga und die B-Jugend-Bundesliga nehme ich sehr gerne mit, das kann mir keiner mehr nehmen. Danach schauen wir einfach, wie es weitergeht“, kennt Speckner den schmalen Grat: „Wenn man Glück hat, dann trifft man viele 50:50-Entscheidungen richtig, dazu muss der Beobachter dich und die Situationen richtig einschätzen“. Martin Speckner weiß auch, dass „mein Talent als aktiver Fußballer über die unteren Ligen nicht hinausgereicht hätte“.

Umso schöner ist es, als Schiri in solche höheren Ligen vorzustoßen. Da können sich die großen Kritiker, die es an jedem Fußballplatz gibt und die stets alles besser wissen, fraglos eine Scheibe abschneiden. Nicht zu vergessen: Das Schiri-Honorar ist ein schöner Nebenverdienst für einen Studenten. „Zum Leben reicht es natürlich nicht“, grinst Martin Speckner wissend vor dem nächsten Bayernliga-Kampf.

Aufrufe: 03.9.2016, 10:00 Uhr
Thomas MühlbauerAutor