2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines

Zu Gast bei Freunden

+++ Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Lutz Wagner plaudert in Kirdorf unterhaltsam aus dem Nähkästchen +++

BAD HOMBURG . So konzentriert haben die Mitglieder der Fußball-Schiedsrichtervereinigung Hochtaunus bei ihrer monatlichen Pflichtsitzung selten einem Referenten zugehört wie am Mittwochabend Lutz Wagner im Clubhaus am Kirdorfer Wiesenborn.

Der Vortrag des langjährigen Bundesliga-Referees und FIFA-Schiedsrichters sowie aktuellem Lehrwart im Deutschen Fußball-Bund (,,Diese Tätigkeit macht fast mehr Arbeit als das aktive Pfeifen") hatte allerhöchsten Unterhaltungswert. Damit nicht genug: Mithilfe von Ausschnitten aus Bundesligaspielen, die Wagner auf dem großen Monitor im Vereinsheim der DJK und SGK zeigte, ließ er Regelwidrigkeiten der Spieler in der Bundesliga und Entscheidungen der Unparteiischen diskutieren und gab wichtige Hinweise für die eigene Tätigkeit.

,,95 Prozent aller Spiele, die im Bereich des DFB für die mehr als 27 000 Vereine Woche für Woche angesetzt werden, finden auf Kreisebene statt", zollte der in Hofheim lebende Wagner seinen Kollegen höchsten Respekt, die auf der unteren Ebene zum Einsatz kommen. Dort hatte er anno 1977 als damals 14-jähriger Bub für den SV 07 Kriftel ebenfalls begonnen.

Spannende ,,Details"

Interessante Details enthielten bei Wagners Ausführungen die Schilderungen aus dem Ablauf des ,,Alltags" eines Bundesliga-Schiedsrichters. Die Ansetzung durch den DFB erfolge erst 48 Stunden vor Spielbeginn und 24 Stunden vor dem Anpfiff habe sich das Gespann am Spielort in dem vom DFB oder Verein gebuchten Hotel einzufinden. 90 Minuten vor Anstoß müsse der SR dann im Stadion sein und die Platzkontrolle vornehmen.

Eine Passkontrolle wie auf Kreisebene entfällt übrigens. Zitat Lutz Wagner: ,,Die Spieler im Profi-Bereich kennt doch eh jeder. Das würde doch auffallen, wenn da auf einmal nicht der Ribery, Robben oder Müller im entsprechenden Trikot steckt."

Immense Bedeutung in der Bundesliga habe die Nachbereitung der Spiele. Die erste schnelle Analyse mit einem Schiedsrichter-Coach erfolge unmittelbar nach Ende der Partie direkt in der Kabine. Nach der Dusche würden dann mit dem Gespann nochmals wichtige und strittige Szenen angeschaut und besprochen. Der Schiedsrichter wisse also schon am Spielort, welche Entscheidungen er gut und welche vielleicht nicht ganz so gut getroffen habe. Zwei bis drei Tage später träfen sich das Gespann und der Coach erneut und besprächen mit einiger Distanz nochmals die gesamte Partie.

Einige Zitate aus dem ,,Sprüche-Katalog" von Wagner am Mittwochabend:

,,Die ideale Entfernung des Schiedsrichters zur Situation sind zehn bis zwölf Meter. Bei drei Metern guckst Du nur auf die Füße und siehst nicht, was die Spieler mit ihrem Ellenbogen am Kopf des Gegenspielers machen."

,,Bunte Schuhe bei einem Defensiv-Spieler: das geht gar nicht. Den identifiziert doch jeder Schiri sofort. Ich habe früher meine schwarzen Fußballschuhe extra noch dreckig gemacht, damit ich zulangen konnte."

,,Wenn Du einen Strafstoß gepfiffen hast - dann schreite hoch erhobenen Hauptes zum Elfmeterpunkt. Ein gesenkter Kopf signalisiert Unsicherheit."

,,Größtmöglicher Effekt bei geringstem Aufwand - da können wir von den Beamten lernen."

Wagner betonte, dass er aus mehreren Gründen immer wieder gerne als Referent in den Hochtaunuskreis komme: ,,Zum einen lebt hier Rainer Boos, der als Bundesliga-Schiedsrichter mein Vorgänger aus dem Rhein-Main-Gebiet war, zweitens brauche ich hier meinen hessischen Dialekt nicht zu verstecken und drittens bin ich über die A 66 ruck, zuck bei euch."

Die Kollegen aus dem Hochtaunuskreis dankten ihm für den kurzweiligen Vortrag mit lang anhaltendem Applaus - und vom Vorstand gab es für Wagner noch eine Schachtel Pralinen aus einer bekannten Oberurseler Confiserie als Leckerli obendrauf.



Aufrufe: 08.5.2015, 00:01 Uhr
Gerd StrohmannAutor