2024-04-25T14:35:39.956Z

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Wortgefecht am Spielfeldrand

Bezirksliga Kocher/Rems: Ebnater Spieler erhebt schwere Vorwürfe gegen Fans des FV Unterkochen

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Ein Zwischenfall bestimmte das Derby zwischen dem FV 08 Unterkochen und dem SV Ebnat in der Bezirksliga. Ein Spieler der Gäste soll von Zuschauern rassistisch beleidigt worden sein. Dieser ließ sich daraufhin auf ein Wortgefecht ein, sah die rote Karte und erhielt nun vom Bezirkssportgericht die Mindestsperre von 14 Tagen.

In Unterkochen läuft die 68. Minute. Der Gast aus Ebnat führt mit 2:1. Die Lokalrivalen liefern sich ein packendes Derby. Eine aufgeladene Atmosphäre hüben wie drüben. Auf Höhe der Mittellinie liefern sich ein Ebnater und ein Unterkochener Spieler einen hart geführten Zweikampf nahe der Zuschauerränge. Während der Ball ins Aus trudelt, bricht auf und neben dem Platz ein heftiges Wortgefecht los. Dabei sollen – nach Aussagen mehrerer Spieler – auch rassistische Beleidigungen („Scheiß Islamistenpack“) sowie der Satz „Halt die Fresse“ zu hören sein. Der Schiedsrichter eilt herbei, beruhigt die Gemüter und zeigt dem Ebnater Spieler die rote Karte. Ihm ordnet der Unparteiische in dieser unübersichtlichen Situation die gefallene Beleidigung „Halt die Fresse“ zu und handelt – aus seiner Sicht – völlig regelkonform: Platzverweis für den Ebnater wegen unsportlichen Verhaltens. „Für so etwas gibt es nun mal die rote Karte. So ist die Regel“, sagt Herbert Mayer, Vorsitzender des Bezirkssportgerichts.

Normalerweise beträgt die Sperre für ein solch unsportliches Verhalten mehrere Spiele. Nicht so aber in diesem „leichten Fall“, wie ihn Mayer nennt. Denn der Ebnater Spieler erhält nur die Mindeststrafe von 14 Tagen Sperre. „Das ist die geringste Sperre, die in einem solchen Fall verhängen werden kann. Weniger geht nicht. Er darf praktisch schon wieder spielen“, sagt Mayer, der aufgrund des ihm vorgliegendem Spielberichts dieses Urteil fällte.

Beide Vereine klären den Schiedsrichter auf

Warum erhält der Ebnater Mittelfeldspieler jedoch nur die Mindeststrafe? Die Antwort liefert der Spielbericht des Schiedsrichters: Im Dialog mit dem Beschuldigten sowie anderen Spielern und Verantwortlichen beider Vereine revidierte der Schiedsrichter nach Spielende seine Entscheidung und rückte vom „unsportlichen Verhalten“ ab. Der Grund: Beide Vereine bestätigten dem Unparteiischen, dass die Beschimpfungen von den Rängen kamen. „Es kam zwar zu einem Wortgefecht an der Seitenlinie, aber die Beleidigungen kamen von Außen“, sagt FV08-Abteilungsleiter Stefan Kurz, der sich den Ablauf von seinen Vereinskollegen hatte schildern lassen, da er selbst vom Geschehen „etwa 50 bis 60 Meter entfernt“ gestanden habe. Diese und weitere gehörte Aussagen berücksichtigte der Schiedsrichter in seinem Bericht. Dennoch hatte sich der Ebnater Spieler zu einer Reaktion bei diesem Wortgefecht an der Seitenlinie hinreißen lassen, was das Bezirkssportgericht mit der milden Sperre von 14 Tagen bestrafte.

Der Mittelfeldakteur selbst kann mit dem Urteil „gut leben“. Schließlich sei nun erst einmal Winterpause und er somit zu Beginn der Rückrunde wieder spielberechtigt. Der Ebnater weiß allerdings, dass er sich auch beim Schiedsrichter bedanken müsse. „Wenn er keine Einsicht gezeigt hätte, wäre die Sperre deutlich höher ausgefallen.“

Rassistische Äußerungen sind dem Sportgericht nicht bekannt

Doch was ist mit der Ebnater Anschuldigung, dass ihr Mittelfeldspieler von den Unterkochener Fans rassistisch beleidigt worden sei? „Ich wurde von den Rängen von drei älteren Männern mit den Worten ‘Scheiß Islamistenpack’ beleidigt“, so der Vorwurf des Ebnater Mittelfeldspielers, der vor einigen Jahren selbst noch das Trikot des FV 08 Unterkochen trug. Er habe auf diese Beleidigung mit der eigenen Aussagen „Das ist so typisch für euch“ reagiert, woraufhin der Satz „Halt die Fresse“ von den Rängen zurückkam. Diesen Ablauf bestätigt auch Ebnats Stürmer Gioacchino „Joe“ Colletti, der in der besagten Szene auf dem Feld nur wenige Meter von seinem Mitspieler entfernt stand.

Schwere Vorwürfe, die der Abteilungsleiter des FV 08 Unterkochen allerdings nicht bestätigen kann. „Ich kann dazu nichts sagen, da ich zu weit weg war vom Geschehen. Aber ich habe mitbekommen, was uns die Ebnater vorwerfen.“

Auch der Unparteiische hatte die diskriminierenden Beschimpfungen in Richtung des Ebnaters nicht mitbekommen und konnte dies somit auch nicht in seinem Spielbericht festhalten. Dies bestätigt auch das Bezirkssportgericht: „Uns liegt nichts dergleichen vor. Wir wissen nichts von einem Tatbestand der Diskriminierung“, sagt Mayer. Wäre dies der Fall gewesen, hätte das Bezirkssportgericht sofort die Ermittlungen gegen den FV 08 Unterkochen aufgenommen und gegebenenfalls eine Strafe verhängt. Heißt: Es wird keine weiteren Ermittlungen in dieser Sache geben.

Drei ähnliche Fälle, in denen Zuschauer mit diskriminierenden Äußerungen Spieler des Gegners angegriffen haben, hatte es bereits in der vergangenen Saison im Bezirk Kocher/Rems gegeben. Die angeklagten Vereine erhielten jeweils vom Bezirkssportgericht eine Geldstrafe aufgebrummt.

Das Derby zwischen dem FV 08 Unterkochen und dem SV Ebnat endete übrigens 2:1 für die Gäste.

Alle Infos zum Spiel sowie die Spielberichte beider Vereine gibt's hier.

Aufrufe: 016.12.2014, 15:00 Uhr
Jan Sigel | SP / GTAutor