2024-03-28T15:56:44.387Z

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Bei der ersten Übungseinheit des TSV Aindling im Juni stand die bedrohliche finanzielle Lage des Vereins bereits im Raum. Nun ist ein Insolvenzantrag gestellt worden. Wird es das Team in dieser Form noch bis zum Ende der Saison geben?	F.: Johann Eibl
Bei der ersten Übungseinheit des TSV Aindling im Juni stand die bedrohliche finanzielle Lage des Vereins bereits im Raum. Nun ist ein Insolvenzantrag gestellt worden. Wird es das Team in dieser Form noch bis zum Ende der Saison geben? F.: Johann Eibl

Wohin steuert der TSV Aindling?

Nicht nur die Fußballer sind von der Insolvenz betroffen +++ Andere Vereinschefs sprechen von einer angespannten Lage im Amateurbereich

Wie steht es um die Zukunft des TSV Aindling nach dem Insolvenzantrag? Eine Frage, die viele der knapp 860 Mitglieder zurzeit beschäftigt. Die Vereinsführung betont, dass der Spiel- und Sportbetrieb „vorerst normal“ weitergeht. Dennoch ist es schwer vorstellbar, dass alles so weiterläuft wie bisher, da ein vorläufiger Insolvenzverwalter das Kommando im Verein übernommen hat.

Die Landesliga-Fußballer sind bisher gut in die Saison gestartet. Vorstand Spielbetrieb Josef Kigle betont, dass er sich nur zur sportlichen Situation der Abteilung äußern kann. Er sagt: „Stand heute ist, dass wir sicher weiterspielen werden bis zur Winterpause.“ Und er fügt hinzu, „Bis dahin hoffen wir, dass das positiv abgewickelt wird.“ Die Mannschaft sei über die Lage informiert worden. Julian Bergmair wird zum SC Griesbeckerzell wechseln. Das habe der 22-Jährige aber schon vor der Nachricht über den Insolvenzantrag verkündet. Der Wechsel stehe nicht mit der aktuellen Entwicklung in Zusammenhang.

Doch unter dem Dach des TSV Aindling wird nicht nur Fußball gespielt. Der Leiter der Tennisabteilung, Siegfried Hörmann, macht den Vereinsverantwortlichen keine Vorwürfe. „Die Vorstandschaft hatte sicher keine andere Möglichkeit, als so zu handeln“, sagt er im Hinblick auf den Insolvenzantrag. Seiner Meinung nach hätten das Finanzamt und die Rentenversicherung dem TSV Aindling mehr entgegenkommen können. „Das ist nicht okay, dass der Verein wie eine Firma behandelt wird.“ Die Tennisabteilung hat etwa 160 Mitglieder, ungefähr 40 davon sind Kinder. Hörmann fürchtet um die Jugendarbeit des TSV Aindling. Zudem habe das Vorgehen gegen den Verein eine abschreckende Wirkung. „Wer soll denn in Zukunft noch ein Ehrenamt übernehmen?“, fragt er. Mit seinen Befürchtungen ist Hörmann nicht alleine. Im Verein werden noch weitere Sportarten wie Volleyball, Stockschießen und Gymnastik angeboten. Auch hier äußern sich Verantwortliche ähnlich wie der Leiter der Tennisabteilung.

Die Ermittlungen gegen den TSV Aindling sind aufgrund der Unstimmigkeiten in der Fußballabteilung eingeleitet worden. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug bei der Bezahlung der Spieler des langjährigen Bayernligisten. Experten sagen, dass sportlicher Erfolg auch im Amateurbereich erkauft wird.

Ein Vereinschef, der seit Jahren den Fußball in der Region prägt wie kein anderer, ist Konrad Höß. Im Hinblick auf die Lage beim TSV Aindling sagt der 74-jährige Präsident des FC Pipinsried: „Das ist eine bittere Geschichte.“ Höß hat „hohen Respekt“ davor, was in Aindling ehrenamtlich geleistet worden sei. Zudem betont er: „Wer einen Fehler macht, der muss auch die Chance haben, diesen zu korrigieren.“ Auch die Steuerbehörden und der Staat seien nicht davor gefeit, Fehltritte zu begehen. „Ich habe in 49 Jahren versucht, alles richtig zu machen“, sagt Höß. Das sei nicht immer einfach gewesen. Ständig würden neue Gesetze und Vorschriften verabschiedet, die die Arbeit der Ehrenamtlichen erschwerten. Der 74-Jährige nennt zum Beispiel das neue Mindestlohngesetz. Wie mehrfach berichtet, hat es auch im Amateurfußball für Unstimmigkeiten und bürokratischen Aufwand gesorgt.

Volker Wedel, Bezirksvorsitzender Schwaben des Bayerischen Fußball-Verbands, hält sich im Hinblick auf den TSV Aindling zurück. „Über den Verein kann ich nicht viel sagen, da ich über die Hintergründe nicht informiert bin.“ Laut dem Funktionär kam es bei den 4600 Vereinen im Bezirk in den vergangenen Jahren in ein oder zwei Fällen zu Insolvenzen. „Da dürfen wir nicht in Panik verfallen“, sagt er. Eine gefährliche Entwicklung aufgrund von erhöhten Gehaltszahlungen an Spieler sieht er nicht. „Im Großen und Ganzen ist im Amateurbereich alles in Ordnung.“ Er könne nur von seiner jahrelangen Erfahrung als Vorsitzender der SpVgg Gundremmingen berichten. Zu dieser Zeit habe es keine Zahlungen an Spieler gegeben, außer Fahrgeld.


Aindlings Josef Kigle (links) geht davon aus, dass bis zur Winterpause beim TSV alles unverändert weiter geht. Dass die Lage im Amateurfußball generell angespannt ist, hat Aichachs Vorsitzender Johannes Neumann (rechts) ausgemacht.

Allerdings sind allein im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg in den vergangenen Jahren neben dem TSV Aindling zwei weitere Vereine in Schieflage geraten. Der BC Aichach und der FC Affing haben Steuern und Abgaben an die Berufsgenossenschaft nachgezahlt, weil sie sich sonst strafbar gemacht hätten. Der finanzielle Engpass wirkte sich unmittelbar auf die Mannschaftskader aus. Beide Teams waren vor zwei Jahren noch in der Bayernliga vertreten, nun sind zwei – im Falle des BCA sogar drei Klassen – tiefer anzutreffen.

Nach dem Rückzug von Präsident und Mäzen Volker Weingartner hat Johannes Neumann das Ruder in Aichach übernommen. Weingartner hinterließ dem BCA einen Schuldenberg von etwa 76.000 Euro. Mit Hilfe eines Spendenaufrufs, Sponsoren und Unterstützern, gelang es Neumann, den Verein finanziell wieder in ruhige Gewässer zu führen. Er sagt: „Der Amateurfußball ist allgemein angespannt, weil der Amateurfußball abhängig von Sponsoren ist.“ Das betreffe Vereine in der Landes- oder Bayernliga, ziehe sich aber auch in die unteren Klassen. Es sei schwierig, eine gute Fußballmannschaft zusammenzustellen, ohne dass es eine „Aufwandsentschädigung“ gibt. Hinzu kämen die Ausgaben für den laufenden Betrieb – Strom, Wasser, Abgaben und vieles mehr. „Mit Mitgliedsbeiträgen allein können sie keinen Verein betreiben.“ So kämen die Sponsoren ins Spiel.

Für die Verantwortlichen wiederum sei es schwierig, die Finanzen eines Vereins ohne entsprechende Kenntnisse stets korrekt abzuwickeln. „Ohne einen eigenen Anwalt und Steuerberater ist es schwierig, einen Verein sorgenfrei zu führen“, sagt Neumann. Allerdings glaubt er nicht, dass sich die Situation in den vergangenen Jahren verschärft hat. „Im Grunde geht das schon seit Jahrzehnten so“, sagt Vorsitzender Neumann.

Aufrufe: 019.8.2015, 15:56 Uhr
Aichacher Nachrichten / Philipp SchrödersAutor