2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Bilder, welche im Fußball immer häufiger auftreten: Meinungsverschiedenheiten zwischen Trainern (hier Roger Schmidt) und Schiris, die oft aggressiv und kopflos angegangen werden. Archivbild: Guido Kirchner
Bilder, welche im Fußball immer häufiger auftreten: Meinungsverschiedenheiten zwischen Trainern (hier Roger Schmidt) und Schiris, die oft aggressiv und kopflos angegangen werden. Archivbild: Guido Kirchner

Wo ist die Grenze im Umgang auf dem Platz?

Sind Beleidigungen auf dem Sportplatz Alltag? +++ Beispiel Roger Schmidt +++ Wir ziehen den Vergleich zum Amateurfußball +++ Wie steht ihr dazu?

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Nach einem Zweikampf im Spiel zwischen Bayer Leverkusen und der TSG Hoffenheim an einem Samstag Nachmittag gibt es bei den Trainerkollegen an der Außenlinie Unstimmigkeiten: Nachdem Julian Nagelsmann ein Foul erkannte, brannten Roger Schmidt, dem Coach der Werkself die Sicherungen durch. Er brüllte daraufhin in Richtung des 1899-Trainers: "Was bist du denn für ein Spinner? Das war doch nichts. Halt doch mal die Schnauze", dumm nur, dass alles dank der Sky-Mikrofone deutlich hörbar war. Die Folgen dieser Entgleisung: Zwei Spiele Sperre und eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro. Die Tat, wie auch die Strafe, wurden im Profifußball in den kommenden Wochen ausgiebig diskutiert. Nun führen wir die Diskussion ob dieser Thematik auch immer wieder im Amateuerfußball. Deshalb wollen wir von euch wissen: Was musstet ihr euch schon anhören? Was haltet ihr von der Strafe? Wo werden bei euch die Grenzen überschritten?

Es ist natürlich die am meisten diskutierte Szene des vergangenen Bundesliga-Spieltags: Roger Schmidt attakiert seinen Trainer-Kollegen Julian Nagelsmann, beleidigt ihn als "Spinner" und fordert ihn auf er solle seine "Schnauze" halten. Der ohnehin auf Bewährung gesetzte Leverkusen-Trainer erhielt daraufhin zwei Spiele Sperre und eine Geldstrafe. Ohne Bewährung wäre es eventuell bei einer Geldstrafe geblieben.

Andere Regeln als auf dem Amateurfußballplatz?

Die Aktion, wie auch die Strafe, sorgten nüberall für reichlich Gesprächsstoff und spalten die Bundesliga-Akteure: Während zum Beispiel Christian Streich den Berufsgenossen Roger Schmidt in Schutz nahm, gibt es auf der anderen Seite auch viele Kritiker.

Der Trainer des Erstligisten SC Freiburg Christian Streich kann den Wirbel um die "Spinner-Affäre" nicht nachvollziehen: "Wir sind auf dem Kickplatz und da wird auch mal vulgärer gesprochen und da rummst es ab und zu", verteidigte Streich den emotionalen Trainer. Zu den Kritikern zählt Marcel Reif: "Er sollte wissen, wo die Grenzen sind", urteilte der Sport1-Experte. Und weiter: "Er macht das öffentlich, da gelten andere Regeln als in der Freizeitliga."

Emotionen gehören dazu

Werner Orf, Trainer der ersten Mannschaft von der Spvgg. Eltville, kann zwar verstehen, dass in solch einer Situation die Emotionen etwas hochkochen. Jedoch sieht er die Aktion von Roger Schmidt trotzdem zweifelhaft: "Während solchen Momenten ist man sehr angespannt. Das sind Emotionen die einfach mit dabei sind. Dennoch ist es fraglich, ob man seinen Trainerkollegen als Idiot beschimpft." Das Urteil des Sportgerichts sei für Orf völlig nachvollziehbar.



Vor allem im Amateurfußball kommt es immer wieder zu Handgreiflichkeiten. Archivbild: Heidi Sturm

Den kompliziertesten Job haben die Schiris - grade im Amateurfußball

Er spricht jedoch auch noch eine andere Problematik in diesem Fall an: "Die Schiris tun mir bei all dem immer leid. Sie werden genau beobachtet und dürfen keinen Fehler machen. Auch sie stehen unter großem Druck. In der Bundesliga wie auch der Kreisliga C." Zu der Frage ob er schon ähnliche Fälle erlebte, antwortete der 59-Jährige, er habe selbst schon öfters Trainer gegen sich gehabt, die sich auch bei jeder Aktion aufregen und die Schiedsrichter permanent verbal angreifen. Der Coach des Gruppenligisten aus Eltville empfindet dieses Verhalten vermehrt als störend: "Manchmal ist es albern, wie sich manche Kollegen über alles und jeden beschweren. Ich bin inzwischen deutlich ruhiger geworden, wenn ich jedoch merke, dass meine Mannschaft extrem benachteiligt wird, werde ich auch mal lauter, was denke ich okay ist. Aber insgesamt sollte jede Mannchaft und auch der Trainer auf sich gucken und nicht auf Gegner oder Schiedsrichter", erklärte Werner Orf weiter.

Die verbale Grauzone bleibt Ermessensspielraum

Marc Boehnke, aktiver Schiedsrichter vom SV Erbach, beurteilte Schmidts Verhalten ähnlich wie Christian Streich: "Die Trainer stehen während einem Spiel unter enormer Anspannung und haben sehr viel Druck, da ist es klar, dass man mal etwas lauter wird. Man sollte natürlich dennoch darauf achten nicht über die Stränge zu schlagen." Die Strafe sei aufgrund seiner Vorgeschichte ebenfalls nachvollziehbar.

Lob für viele Hobby-Trainer

Boehnke unterscheidet aber nochmal zwischen Profis und Amateuren: "Von Amateurtrainern, bei denen es nicht gerade um den Beruf geht, würde ich mir wünschen, dass es etwas ruhiger zugeht als bei den Profis. Wir Schiedsrichter sind auch nur Menschen, auch wir machen Fehler. Das ist ganz normal. Uns dann aufs Übelste zu beleidigen ist aber nicht zu tolerieren. " Auf die Frage ob er öfter mal Probleme mit Trainern hat, die komplett über die Stränge schlagen, antwortete der 22-Jährige: Probleme mit Trainern habe ich eher weniger, vorallem nach dem Spiel wird sich die Hand gegeben und alle sind wieder sachlich. Es ist wichtig, dass nach dem Abpfiff wieder alles freundschaftlich zugeht." Boehnke lobte sogar einige Trainer, welche oft sehr vorbildlich die Aufgabe als Teamleiter angehen: " Viel eher sind es die Zuschauer, welche mit Geschrei und Beschimpfungen die Schiedsrichter angehen und den Spielfluss stören."

Für ihn sei es insbesondere wichtig dem Trainer einen gewissen Freiraum zu lassen - solang er nicht übertrieben ausfallend wird.




Aufrufe: 010.11.2016, 10:00 Uhr
Simon SobertAutor