2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
Der Fußballkünstler Sebastian Landauer balanciert den Ball auf seiner Wange. Die Teams (von links) aus Istanbul, Wolfsburg und Schalke schauen ihm gebannt zu. Weitere Fotos auf www.hallertagblatt.de Fotos: Guido Seyerle
Der Fußballkünstler Sebastian Landauer balanciert den Ball auf seiner Wange. Die Teams (von links) aus Istanbul, Wolfsburg und Schalke schauen ihm gebannt zu. Weitere Fotos auf www.hallertagblatt.de Fotos: Guido Seyerle
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"Wir schaffen nichts alleine"

Beim Trainerabend verzaubert Harry Sher, bei der Players Night Ballkünstler Landauer

Norbert Elgert ist der bekannteste deutsche Fußball-Jugendtrainer. Auf dem Platz gibt er zwar einzelne Kommandos, aber er gehört nicht zur Spezies Lautsprecher. Wieviel Respekt ihm die Spieler und auch die Trainercrews anderer Teams entgegenbringen, erleben die 600 Besucher der Players Night am Samstagabend.

Keiner der Redner schafft es im Gebäude der Sparkasse im Solpark, dass es mucksmäuschenstill wird - bis Elgert das Mikro in die Hand nimmt.

In Elgerts Rede wird deutlich: Dieser Mann hat nicht nur Fußball im Kopf. "Wir schaffen nichts auf dieser Welt alleine. Das fängt bei der Geburt an. Da helfen uns der liebe Gott und die Hebamme." Der 57-Jährige blickt kurz zu seiner Mannschaft: "Es ist wichtig, dass ihr Einstellung, Persönlichkeit und Charakter zeigt. Das bringt euch durch die Tür in Richtung Profi-Karriere. Habt Ihr den Fußball-Jongleur beobachtet? Der ist auch nicht als Künstler auf die Welt gekommen. Er hat jahrelang tagein tagaus trainiert. Da sind bestimmt 10000 Stunden zusammengekommen."

Der von Elgert angesprochene Ballkünstler Sebastian Landauer begeisterte mit seiner Show. Dabei jonglierte er die Bälle nicht nur mit dem Fuß, sondern auch mit den Händen - was manchen Fußballer etwas aus dem Konzept brachte. "Den Ball darf man doch nicht in die Hand nehmen", kam ein Kommentar aus der Ecke, in der die Frankfurter Mannschaft saß. Ein Kunststück wollten einige der jungen Fußball aber baldmöglichst lernen: Wie man den Ball mit der Wange stoppt, über die Nase auf die andere Kopfseite rollen lässt und dort das Spielgerät dann sekundenlang ruhig liegenbleibt.

Eine Anreise mit Hindernissen erlebte der 1. FC Köln. Auf der Autobahn stand der Mannschaftsbus zuerst in einem 18-Kilometer-Stau, kurz darauf wurde er von der Polizei angehalten. Die Beamten wurden vom ZDF begleitet, die eine Reportage über die Arbeit der Autobahnpolizei drehten. Bei den Fußballern stieß dies auf wenig Freude - auch, weil die Zeit bis nach Schwäbisch Hall knapp wurde. Aber die weiteren Teams verhielten sich kameradschaftlich. Eintracht Frankfurt und Schalke 04 waren bereits im Schenkenseestadion angekommen und erklärten sich bereit, eine Stunde früher anzutreten. Der VfL Wolfsburg wartete geduldig auf seinen Freitagsgegner aus Köln. Die beiden Klubs trennten sich friedlich schiedlich 1:1.

Ilija Aracic wird als der "rasende Trainer" in die Cup-Geschichte eingehen. Am Freitagnachmittag war er in Hall und betreute sein Stuttgarter Team. Danach machte er sich auf gen Hamburg, um als Trauzeuge an der Hochzeit eines Freundes teilzunehmen. "Das ging nicht anders", meinte er am Sonntagvormittag nach seiner Rückkehr. "Wäre es ein Freundschaftsspiel gewesen, hätte ich um eine Verlegung gebeten. Aber beim Cup geht das natürlich nicht." Mit der Arbeit seiner VfB-Trainerkollegen am Samstag zeigte sich der Cheftrainer zufrieden: "Das Halbfinale ist in Ordnung." Doch kaum war der Chef da, schon gewann Stuttgart kein Spiel mehr. Die Leistung der Landeshauptstädter war trotzdem ansprechend.

Manche Spieler sieht auch ein Trainer beim Bundesligacup zum letzten Mal. Zumindest im eigenen Team. "Arianit Ferati hat eine Einladung zu den Profis", sagte Aracic. Er wurde nachdenklich. "Wenn die Jungs dort sind, kann es sein, dass ich sie nie mehr sehe." Danach fiel der Name Timo Werner. Der Stürmer hat sich in den Bundesligakader des VfB gespielt, obwohl er als 18-Jährige noch immer bei der A-Jugend kicken könnte. Dass Ferati besondere Anlagen hat, sahen auch die anderen Trainer beim Bundesligacup. Der Mittelfeldmann wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt.

Eine gewisse Anspannung war im Vorfeld bei den Sportfreunden zu spüren. Geht das gut im Schenkenseestadion? Schließlich hatte noch keiner der Sportfreunde-Verantwortlichen zuvor Erfahrungen mit dem Gelände gemacht. Fünf Tage vor Cup-Start begann der Aufbau. Über 100 Helfer waren im Einsatz. Als am Freitag dann alles stand, konnte selbst die brütende Hitze Sportfreunde-Vorstand die Laune nicht verderben. "Ich hätte nicht gedacht, dass das so gut aussehen kann", bekennt er. Die Zelte, die Tribüne, die Verpflegungsstationen - alles wirkte als harmonische Einheit.

Jeder Schattenplatz war am Freitag heiß begehrt. Die Zuschauer vor Ort hatten den besten Platz, schließlich lag die Gegengerade fast ausschließlich im Schatten. Das nutzten auch die Sportfreunde. Ihre Halbzeitbesprechung fand kurzerhand am hinteren Ende der Stufen statt - dort kam die Sonne nicht hin. Bei Temperaturen weit jenseits der 30 Grad war die Pause für alle Beteiligten hochwillkommen.

Ein Mann sorgte dafür, dass es beim heißen Hochsommerwetter kalte Getränke gab: Hauke Zenth, Hausmeister im Haller Schulzentrum Ost. "Es ist der Wahnsinn, was er uns in diesen Tagen geholfen hat", meinte Eberhard Döring, Sportfreunde-Abteilungsleiter. Es fing bereits beim Aufbau an. Der Kühlschrank wollte nicht anspringen. Döring fragte Zenth nach der Telefonnummer eines Elektrikers. Doch statt nach einer Nummer zu suchen, packte der Hausmeister mit an und reparierte kurzerhand das Kühlschrankkabel. Auch beim Transport von schweren Gütern ließ sich Zenth nicht lumpen und half mit seinem Traktor inklusive Anhänger aus - auch nach seinem eigentlichen Dienstschluss. Zenth hatte schon im Vorfeld Eindruck hinterlassen. Bei der Eröffnungsfeier dankte Sportfreunde-Vorstand Jürgen Lechner allen 130 Helfern, erwähnte aber ausdrücklich Hauke Zenth.

Der Herr ist Weltmeister, heißt Oktay Mann und hat sich seinen Titel im Tisch-Fußball erkämpft. Doch er hatte offensichtlich nicht mit der Spielstärke der hiesigen Tischfußballer gerechnet. Am Sonntagnachmittag stand er ziemlich müde auf der Tartanbahn und sagte: "Das war hart hier. Auch von den Temperaturen her." Mann musste einige Partien abgeben, was er auch bereitwillig eingestand und ergänzte: "Ich weiß trotzdem, was ich geleistet habe."

Im kommenden Jahr könnte es beim Bundesligacup eine Neuerung geben, die international Aufsehen erregen dürfte. "Ja, wir haben darüber geredet", bestätigte Harry Sher beim Trainerabend. Der Magier traut sich zu, alle Partien des Cups vorherzusagen. Dazu will er die Spielergebnisse eine Woche vor Turnierbeginn vor Zeugen aufschreiben und dieses Papier dann in einen Tresor einschließen lassen. "Bei der WM in Brasilien habe ich auch das Resultat der deutschen Partie gegen den Gastgeber richtig vorausgesagt", erzählte Sher. "Auf diesem Prognosezettel standen sogar die Namen der Torschützen." Der Magier hätte reich werden können, wenn er dieses 7:1 bei einem Sportwettenanbieter getippt hätte. Warum er es nicht getan hat? "Ich darf aus beruflichen Gründen nicht wetten", sagte Sher.

Im Programmheft stand unter den Mannschaftsfotos ein großer Rahmen mit Weißflächen - Platz für Autogramme. Das Turnier war noch keine zwei Stunden alt, da waren einige Flächen schon gut gefüllt.

Aufrufe: 022.7.2014, 00:00 Uhr
Südwest Presse | HARTMUT RUFFER, GUIDO SEYERLEAutor