2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Benny Wiedenau (li) konnte sich mit der Rolle des Zuschauers nur schwer arrangieren. Das große Ziel Thomas Leßenich (re) ist das Pokal-Viertelfinale gegen Viktoria Köln - Fotos: Brackhagen
Benny Wiedenau (li) konnte sich mit der Rolle des Zuschauers nur schwer arrangieren. Das große Ziel Thomas Leßenich (re) ist das Pokal-Viertelfinale gegen Viktoria Köln - Fotos: Brackhagen

"Wir haben uns gegenseitig abgelenkt"

Euskirchener Kicker Benny Wiedenau und Thomas Leßenich wollen nach ihren Verletzungen zur Rückrunde wieder fit sein

Benny Wiedenau und Thomas Leßenich waren über viele Jahre Stammkräfte beim Euskirchener TSC und haben in der laufenden Saison verletzungsbedingt noch kein Spiel bestritten. Die Teamkollegen, die sich auch privat bestens verstehen, verrieten im Gespräch mit Markus Brackhagen, wie sie mit ihrer Zuschauerrolle zurechtgekommen sind.

Wie geht es Ihnen?

Wiedenau: Momentan läuft es recht gut. Ich befinde mich im Aufbautraining und absolviere Kraftübungen. Vor einiger Zeit habe ich sogar schon einmal mit der Mannschaft trainiert, aber das kam definitiv zu früh. Die Stabilität war einfach noch nicht da.

Leßenich: Es geht mir schon wesentlich besser. Seit über einem Monat bin ich fast täglich im Fitnessstudio oder gehe laufen. Daran war in den Wochen zuvor überhaupt nicht zu denken, sodass ich insgesamt sehr zuversichtlich bin.

Wissen Sie noch, wann Sie das letzte Mal ein Pflichtspiel absolviert haben?

Leßenich: Ich kann mich ganz genau erinnern: am 10. Mai im Erftstadion gegen Wesseling-Urfeld. Völlig beschwerdefrei war ich da aber schon seit einigen Wochen nicht mehr.

Wiedenau: Bei mir ist es noch nicht ganz so lange her. Das war im Pokalfinale gegen Nierfeld Mitte August.

Was genau hat dazu geführt, dass Sie in der Hinrunde keine Minute auflaufen konnten?

Wiedenau: Nach dem Endspiel wurde bei mir ein Abszess an der Wade festgestellt, der operativ entfernt wurde und eine vierwöchige Pause erforderlich machte. Danach hatte ich Schmerzen am Fuß, habe aber trotzdem völlig normal weiter trainiert. Irgendwann machte es knack und der rechte Mittelfuß war gebrochen.

Leßenich: Angefangen hat alles mit leichten Rückenbeschwerden, die ich aber nicht so ernst genommen habe, weil die beiden folgenden MRT-Termine ohne Befund blieben. Irgendwann war es so schlimm, dass ich mich nach dem Training gar nicht mehr bewegen konnte. Eine weitere Untersuchung in Köln hat dann schließlich ergeben, dass ein Knochenmarködem im Lendenwirbel für die Schmerzen verantwortlich ist. Dadurch war jede sportliche Betätigung erst einmal gestoppt.

Was war das Schlimmste in den folgenden Monaten?

Wiedenau: Eindeutig das Zugucken. Ich hatte mich sehr auf die Arbeit mit dem neuen Trainer (Frank Molderings, Anm. der Red.) gefreut und dann war ich plötzlich zur Teilnahmslosigkeit verdammt. Das war schon bitter, zumal ich bis dahin noch nie so lange aussetzen musste. Selbst nach meinem Wadenbeinbruch 2014 habe ich nach zwei Monaten wieder gespielt.

Leßenich: Die Tatsache, dass ich dazu gezwungen war, meine körperliche Aktivität sofort von 100 auf null runterzuschalten. Ich bin mit Sport aufgewachsen und habe immer vier- bis fünfmal pro Woche etwas für meine Fitness gemacht. Hinzu kam noch die große Ungewissheit. Am Anfang war nicht absehbar, wie lange ich ausfallen würde. Selbst ein endgültiges Ende meiner Laufbahn wollte keiner ausschließen. Erst Anfang November und nach vielen Spritzen habe ich gemerkt, dass ich mich wieder besser bewegen kann.

Wer hat Sie moralisch unterstützt?

Wiedenau: Es waren hauptsächlich meine Eltern, die mir Mut zugesprochen haben und mir sagten, dass ich den Kopf nicht hängen lassen soll. Auch Frank Molderings hat versucht, mir zu helfen, indem er mich so weit wie möglich eingebunden und mir keinerlei zeitlichen Druck gemacht hat.

Leßenich: Vor allem meine Familie, aber auch meine Freunde waren für mich da. Sie mussten in dieser Zeit auf jeden Fall einiges mitmachen.

Gab es einen Austausch mit anderen verletzten Spielern?

Leßenich: Natürlich habe ich mich mit angeschlagenen Teamkollegen wie Benny Hoose oder Ioannis Foukis unterhalten, weil ich anfangs sehr nah bei der Mannschaft war. Später war es dann vermehrt Benny, der ja in einer vergleichbaren Situation steckte. Es hat enorm geholfen, dass man mit jemandem reden und sein Leid teilen konnte.

Wiedenau: Der Kontakt zu Thomas war am stärksten, weil wir aus demselben Dorf kommen und gemeinsam zu den Spielen fahren. Neben ihm muss ich noch meinen Cousin Andreas (Wiedenau, spielt beim SV Nierfeld, Anm. der Red.) erwähnen, der ebenfalls in der gesamten Hinrunde ausgefallen ist. Wir haben uns gegenseitig abgelenkt, indem wir häufiger zusammen rausgegangen sind oder uns zum Spielen an der PlayStation getroffen haben.

Leßenich: Andreas kannte ich vorher nicht, doch wir haben uns über die Zeit kennengelernt und dann zu dritt was gemacht.

Wie haben Sie den Kontakt zur Mannschaft gehalten?

Wiedenau: Bei den Spielen waren wir regelmäßig dabei — nicht nur am Rand, sondern auch bei den Ansprachen in der Kabine und unmittelbar vor dem Anpfiff im Kreis. Ansonsten gab es noch die Mannschaftsabende und unsere WhatsApp-Gruppe.

Leßenich: Zu Saisonbeginn wollte ich Präsenz zeigen und bin daher fast immer beim Training gewesen. Ich muss allerdings gestehen, dass dies im Laufe der Zeit nachgelassen hat.

Wie haben Sie die Partien von draußen erlebt?

Wiedenau: Ich habe intensiv mitgefiebert und versucht meine Mitspieler zu motivieren. Privat bin ich eher ruhig, aber beim Fußball ist es beinahe so, als hätte jemand einen Schalter bei mir umgelegt. Dann bin ich ein anderer Mensch und schreie über den ganzen Sportplatz.

Leßenich: Er hat dabei ganz schön oft über die Stränge geschlagen und ist von den Schiedsrichtern bestimmt dreimal von der Ersatzbank verwiesen worden (lacht). Benny ist halt äußerst impulsiv, dagegen bin ich etwas zurückhaltender.

Wann möchten Sie wieder voll im Geschehen mitmischen?

Wiedenau: Zunächst mal muss ich zu hundert Prozent auf die Beine kommen. Wenn alles gut klappt, würde ich gerne beim Trainingsauftakt am 22. Januar und später auch beim ersten Spiel nach der Winterpause auf dem Platz stehen.

Leßenich: Ich will mein Kraft- und Ausdauerprogramm bis zum Start durchziehen und dann wie Benny ganz regulär mit der Mannschaft in die Rückrunde einsteigen. Mein großes Ziel ist das Viertelfinale im FVM-Pokal gegen Viktoria Köln und der Einzug in die nächste Runde.

Aufrufe: 06.1.2017, 11:42 Uhr
KSTA-KR / Markus BrackhagenAutor