2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Wilhelmshaven fährt wichtigsten Sieg ein

Bundesgerichtshof erklärt Zwangsabstieg für rechtswidrig +++ Verein will zurück in Regionalliga +++ Hintergrund ist der Streit um eine Ausbildungsentschädigung +++ Der DFB will die schriftliche Urteilsbegründung abwarten

Mit Freude und Genugtuung haben die Verantwortlichen des Fußball-Bezirksligisten SV Wilhelmshaven auf das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe reagiert. Die BGH-Richter hatten entschieden, dass ein 2013/14 verhängter Zwangsabstieg gegen den damaligen Regionalligisten unwirksam sei.

Frage: Worum geht es in dem Streit ?

2007 hatten die Wilhelmshavener den damals 19-jährigen Italo-Argentinier Sergio Sagarzazu verpflichtet und sollten an zwei argentinische Vereine eine Ausbildungsentschädigung von 157 500 Euro zahlen. Da der Verein sich weigerte, wurde er auf Anweisung des Weltverbandes Fifa zunächst mit Punktabzügen und in der Saison 2013/14 mit dem Zwangsabstieg bestraft. Jenen Zwangsabstieg musste der Norddeutsche Fußball-Verband (NordFV) verhängen, der für die Regionalliga Nord zuständig war und ist. Obwohl die Wilhelmshavener am Saisonende 2013/14 auch sportlich abstiegen, war das Thema nicht erledigt. Der Verein argumentierte, die Motivation der Spieler habe wegen des verhängten Abstiegs nachgelassen. Die Verhandlung vor dem BGH stellte nun den Endpunkt in einer langen Reihe von Prozessen vor Sportgerichten und ordentlichen Gerichten dar.

Frage: Was sagt der SV Wilhelmshaven ?

Der Vorstandsvorsitzende Hans Herrnberger jubelte. „Hier hat wirklich David gegen Goliath gewonnen. Wir haben wieder eine Zukunft“, sagte der Clubchef: „Wir müssen mit dem DFB und dem NordFV kurzfristig zusammenkommen und eine faire Lösung für uns finden.“

Frage: Bekommt der Verein auch Geld zurück ?

SVW-Aufsichtsrat Harald Naraschewski formulierte klar: „Die Zukunft stellen wir uns so vor: Rückgliederung in die Regionalliga und Ausgleich der wirtschaftlichen Schäden“, sagte er nach der Urteilsverkündung. Der Verein möchte eine siebenstellige Summe von den Verbänden. „Die Beweislast für die Schadenshöhe liegt beim Verein“, sagte der Sportrechtler Markus Schneider aus Karlsruhe. Der SVW müsste also erst einmal nachweisen, dass ihm durch den Zwangsabstieg Sponsorengelder oder Zuschauereinnahmen entgangen sind. Schneider: „Das ist sehr, sehr schwierig.“

Frage: Wie reagieren die Verbände ?

Zu dem komplexen Sachverhalt gab es am Dienstag noch keine eindeutigen Stellungnahmen. Der NordFV erklärte, man wolle die „schriftliche Urteilsbegründung zunächst abwarten und dann mit dem DFB sorgfältig analysieren“. Ob der SV Wilhelmshaven, der nach weiteren Abstiegen inzwischen in der siebtklassigen Bezirksliga spielt, zur Saison 2017/18 wieder in die Regionalliga eingegliedert werde, sei derzeit noch nicht abzusehen. Nahezu identisch klang die Reaktion des DFB. „Wir werden die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und sorgfältig analysieren“, teilte DFB-Vizepräsident Rainer Koch mit.

Frage: Was genau steht in dem Urteil ?

Wie von DFB und NordFV angesprochen, steht die schriftliche Begründung noch aus. Eines ist aber schon klar: Der BGH hat nicht die Ausbildungsentschädigung infrage gestellt. Auch ging es nicht darum, ob Sagarzazu durch die Summe, die sein neuer Verein zu zahlen hatte, in seiner Freiheit bei der Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt gewesen sei. So hatte nämlich in der Instanz davor das Oberlandesgericht Bremen geurteilt. Vielmehr stellte der BGH fest, dass der NordFV den von der Fifa verlangten Zwangsabstieg nicht hätte verhängen dürfen, weil der SV Wilhelmshaven kein Mitglied in der Fifa war und ist. Und ein Zwangsabstieg aus diesen Gründen war in der Satzung des NordFV zum fraglichen Zeitpunkt nicht vorgesehen. Es dürfe keinen Rausschmiss ohne die entsprechende rechtliche Grundlage geben, sagten die BGH-Richter.

So müssen die Verbände nun ihre Satzungen überprüfen. Der Präsident des NordFV, Eugen Gehlenborg aus Garrel (Kreis Cloppenburg), sieht das genauso: „Ein rechtssicherer Spielbetrieb sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene ist ohne einheitliche, nachvollziehbare und verbindliche Regelungen nicht möglich.“

Aufrufe: 021.9.2016, 07:42 Uhr
Volkhard PattenAutor