2024-04-24T13:20:38.835Z

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Der Sportplatz in Roetgen: Die Gemeinde Roetgen hatte im Herbst 2016 beschlossen, die drei Kunstrasenplätze in Rott und Roetgen (Foto) auf Belastungen prüfen zu lassen.  Foto: P. Stollenwerk
Der Sportplatz in Roetgen: Die Gemeinde Roetgen hatte im Herbst 2016 beschlossen, die drei Kunstrasenplätze in Rott und Roetgen (Foto) auf Belastungen prüfen zu lassen. Foto: P. Stollenwerk
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Wie stark sind Kunstrasenplätze belastet?

Gemeinde Roetgen will sicher gehen, nachdem Meldungen über möglicherweise krebserregendes Material für Gesprächsstoff sorgten

Ob ihre drei Kunstrasenplätze möglicherweise mit krebserregenden Stoffen belastet sind, wollte die Gemeinde Roetgen genauer wissen und hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Dabei wurden zwar Belastungen festgestellt, die aber nach Einschätzung des Gesundheitsamtes der Städteregion Aachen für Menschen nicht gefährlich sein sollen.

Viele Fußball-Amateurspiele waren im Herbst des vergangenen Jahres in den Niederlanden ausgefallen, weil das bis dato auf vielen Kunstrasenplätzen eingesetzte Granulat möglicherweise krebserregend sein soll. Auch in Deutschland waren immer wieder mal Verdachtsmomente gegen die bei Kunstrasenplätzen verbauten Materialen aufgetaucht. Die ARD-Sendung „Kontraste“ hatte schon vor zwölf Jahren berichtet, dass Granulate in der Füllschicht von Kunstrasen krebserregende Stoffe enthalten können. Die meisten Granulate werden nämlich aus Altreifen hergestellt, bei deren Herstellung Weichmacheröle verwendet wurden, um die Laufeigenschaften zu verbessern. Diese Öle enthalten sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige krebserregend sind.

Auf Nummer sicher

Auch in der Region sorgte das Thema vor Wochen für Gesprächsstoff. Während sich die Kommunen Monschau und Simmerath auf ein Gutachten des Herstellers des Granulats verließen, entschied sich die Gemeinde Roetgen im Herbst 2016, die drei Kunstrasenplätze in Rott und Roetgen prüfen zu lassen. „Der Aufwand ist überschaubar; da gehen wir lieber auf Nummer sicher“, hatte Bauamtsleiter Dirk Meyer damals gesagt. Also beauftragte die Gemeinde die Gesellschaft für Baustoffüberwachung und Geotechnischen Umweltschutz mbH aus Stolberg mit einer Untersuchung. Festgestellt werden sollte, ob das verwendete Einstreugranulat, das aus recyceltem Gummi besteht, belastet ist und ob davon eine Gefahr für die Menschen und die Umgebung ausgeht.

Bei den Untersuchungen wurden nach Auskunft der Gemeinde Grenzwerte zum Teil überschritten, wenn man die Grenzwerte der Europäischen Chemikalienverordnung heranzieht. Ob diese EU-Grenzwerte weiterhin bestehen bleiben oder kurzfristig noch einmal angepasst werden sollen, sei derzeit unklar, teilt die Gemeinde mit.

Unklar war für die Gemeinde auch, ob diese Grenzwerte als Grundlage für eine Beurteilung dienen könnten, zumal aus einem Arbeitspapier des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW andererseits Werte hervorgehen, die eine Unterschreitung bedeuten würden.

Keine gesundheitlichen Bedenken

Die Untersuchungsergebnisse seien daher dem Gesundheits- und dem Umweltamt der Städteregion Aachen mit der Bitte um Stellungnahme zur Verfügung gestellt worden, teilt die Gemeinde jetzt mit. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob es weitergehenden Handlungsbedarf gibt.

„Grenz- oder Prüfwerte für das Kunststoffgranulat in Kunststoffrasen, die eine nutzungsspezifische Abschätzung eines möglichen gesundheitlichen Risikos ermöglichen, existieren nicht“, hält die Städteregion in ihrer Stellungnahme fest. Ersatzweise könnten auch nicht die Grenzwerte der Bodenschutzverordnung herangezogen werden, da das Granulat Eigenschaften habe, die auf ein Bodenmaterial nicht direkt übertragbar seien.

Bedenken hinsichtlich einer Belastung für Menschen hegt das Gesundheitsamt der Städteregion aber nicht. Mit dem Verweis auf eine fachliche Stellungnahme des Bundesamtes für Gesundheit der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird davon ausgegangen, dass eine Belastung über die Luft und das damit verbundene Einatmen der belasteten Partikel nur zu einem geringen Teil zu der allgemeinen Gesamtbelastung durch PAK beitrage.

Auch die Aufnahme über die Haut wird als untergeordnet eingeschätzt, „weil die Belastung nur kurzzeitig erfolgt und die Staubauflagerungen nachfolgend wieder abgewaschen werden“, heißt es in dem Schweizer Gutachten. Aus Studien gehe hervor, dass die Belastung in einer geschlossenen Halle mit Kunstrasen vergleichbar sei mit derjenigen auf der Straße in einer Stadt. Bei Kunstrasenplätzen im Freien könne die Belastung auch geringer ausfallen. „Die vorliegenden Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass Kunstrasen mit Gummigranulat aus Altreifen kein spezielles Gesundheitsrisiko darstellen, das vom Feinstaub oder den PAK ausgehen würde“, heißt es weiter in dem schweizerischen Faktenblatt „Gesundheitsgefährdung durch Kunstrasen“ aus dem Jahr 2006.

Aus fachlicher Sicht habe dieses Faktenblatt nach wie vor aktuelle Gültigkeit, schreibt das Gesundheitsamt der Städteregion. Weitere Maßnahmen hat die Gemeinde Roetgen daher zunächst nicht geplant.

Aufrufe: 015.2.2017, 17:30 Uhr
ag I AZ/ANAutor