2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
F: Rinke
F: Rinke

Wenig Grund zum Jubeln

KOL HOCHTAUNUS: ++++ Die vier heimischen Kreisoberliga-Trainer analysieren den bisherigen Saisonverlauf +++ Abstiegsgespenst geht um +++

HOCHTAUNUS. Die vier heimischen Vertreter der Fußball-Kreisoberliga Hochtaunus hatten in der bisherigen Saison nicht viel Grund zum Jubeln. Am besten weggekommen ist noch der FC Neu-Anspach II auf Platz acht. Aufsteiger Usinger TSG II ist nach nur einem Punkt aus den letzten fünf Spielen mit Platz 13 auf den letzten Nichtabstiegsplatz abgerutscht. Noch viel brenzliger sieht es für den Vorletzten FSG Weilnau/Weilrod/Steinfischbach und Schlusslicht SG Wehrheim/Pfaffenwiesbach aus, denn der Rückstand auf das rettende Ufer beträgt bereits acht beziehugnsweise zehn Punkte. Im Gespräch mit dem Usinger Anzeiger nennen die Trainer Gründe für die Misere und suchen Auswege, wie 2017 in den restlichen 13 Spielen der Klassenerhalt oder ein besserer Tabellenplatz erreicht werden kann.

Warum hat es nicht für mehr gereicht? Was waren die größten Defizite?

Ingo Wassum: Wir sind in der gesamten Saison nur einmal in einem Vorbereitungsspiel komplett mit dem Kader von 14 Kreisoberliga-Spielern angetreten. Da haben wir einen Kreisoberligisten klar geschlagen. Danach waren wir nie wieder so aufgelaufen. Die Kluft zwischen der ersten und zweiten Mannschaft (Anm. der Red.: Schlusslicht in der B-Liga) ist einfach zu groß. Im Übrigen haben wir im Sommer vier Abwehrspieler verloren, für die mit Marc Kaul, Jochen Schäfer, Yannick Dietrich und Yücel Demiröz vier Offensivspieler in die Viererkette gerückt sind. Das konnten wir nicht auffangen und das war von vornherein klar.

Ben Platt: Wir haben das Saisonziel Klassenerhalt noch lange nicht erreicht. Es ist allenfalls eine Ausgangsposition geschaffen, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen. In den vergangenen sechs Spielen hat aus personellen Gründen die Fitness gefehlt, da haben wir immer zum Spielende abgebaut und verdient verloren. Wenn wir nicht fit sind, reicht es einfach nicht. Die Physis ist bei uns entscheidend.

Gregory Strohmann: Wir haben nur ein einziges Spiel gewonnen. Das ist viel zu wenig. Der Kader hat im Vergleich zum Vorjahr an Qualität verloren, was wir mit jungen Spielern aus den eigenen Reihen ausgleichen mussten. Da hat Erfahrung gefehlt und es wurden leichtfertig Punkte liegen gelassen. Beispielsweise hätten wir beide Spiele gegen Usingen II gewinnen müssen.

Michael Riemann: Es war im Sommer klar, dass wir viele Stützen der zweiten Mannschaft aus der vorherigen Saison verloren hatten. Wir spielen mit zahlreichen neuen Spielern, von denen viele aus der A-Jugend kommen. Davon stehen mindestens drei in der Stammformation. Unser erster Kapitän ist gleich zu Beginn verletzt ausgefallen und den zweiten Spielführer haben wir an den Gruppenliga-Kader abgegeben. Unter diesen Umständen bin ich mit dem achten Platz zufrieden, auch wenn drei bis fünf Punkte mehr möglich waren. Man sollte immer alle Aspekte berücksichtigen und bestrebt sein, mehr zu erreichen, aber in dieser Konstellation hat es nicht für mehr gereicht.

Personalfragen spielten bei allen vier heimischen Teams in der Vorrunde eine große Rolle. Ist der Kader gut genug und inwieweit wird er sich in der Winterpause verändern?

Ingo Wassum: Wenn alle 14 KOL-Spieler da gewesen wären, hätte es völlig ausgereicht, denn sie haben die Qualität. Aber das geht eben nicht. Der Kader ist nicht breit genug. Mit vier Spielern mehr wäre für uns ein Mittelfeldplatz Pflicht. Wir wussten vorher, dass einige Spieler studienbedingt nicht voll trainieren werden. In der Vorsaison hatte es gerade noch gereicht. Außer zwei bis drei Perspektivspielern, die erst einmal in der Reserve anfangen, wird es keine Veränderungen geben.

Ben Platt: Am Kader wird sich gar nichts ändern. Er ist gut genug. Wir hatten einfach zu viele langfristige Ausfälle von Stammspielern wie Tim Sczesniok oder Tobias Suchy. Mit den von oben gekommenen Verbandsligaspielern musste sich erst eingespielt werden. Das bringt nur etwas, wenn es richtig passt. Wir hatten in den vergangenen sechs Spielen jedes Mal eine andere Mannschaft.

Gregory Strohmann: Wenn ich einen Wunschzettel schreiben dürfte, ständen vier gestandene Spieler darauf. Aber wir sind der einzige KOL-Vertreter ohne Aufwandsentschädigung. Wir müssen davon ausgehen, dass keiner dazukommt. Wir bauen auf viele junge Spieler aus den eigenen Reihen der „Zweiten“ und der A-Jugend, die ins kalte Wasser geworfen werden, aber ihre Sache toll machen. Ich hoffe, dass es reicht. Der Vorstand steht voll dahinter. Ich würde mich freuen, wenn wir noch eine Schippe drauflegen würden.

Michael Riemann: Unsere Mannschaft hat gute Qualität. Wir sind noch sehr unerfahren, aber jeder Spieler kann sich noch weiterentwickeln. Wir haben auch Spieler aus der A-Liga hochgeholt und die haben auch gezeigt, dass sie das schaffen. Das ist eine runde Sache. Die Qualität ist da, aber wir müssen noch mehr Konstanz auf den Platz bringen.

Gibt es beim Trainer Grund zur Selbstkritik? Was wollen Sie persönlich 2017 besser machen?

Ingo Wassum: Bevor ich zur FSG gekommen bin, habe ich um die prekäre Lage gewusst. Wir haben in drei Jahren eine komplette Mannschaft verloren, die oben mitgespielt hatte. Es war mir egal, dass dies ein Himmelfahrtskommando war, weil ich hier aus dem Ort komme und viele Spieler seit der E-Jugend kenne. Wir müssen den Spielbetrieb am Laufen halten und werden uns nicht kampflos vom Feld machen. So stark ist die Klasse auch nicht.

Ben Platt: Ich stelle mir jeden Sonntag die Frage, was ich besser machen kann. Wir brauchen mehr Kontinuität in der Aufstellung. Es soll bei uns nicht mehr so viele Systembrüche geben. Jeder muss auf seiner Position konstanter werden. Das ständige Durchwechseln war nicht gut, weil Mechanismen nicht griffen und wir nicht eingespielt waren.

Gregory Strohmann: Ich würde gerne im Trainingsalltag noch mehr Konzentration auf die erste Mannschaft legen. Das passt nicht in die Vereinsphilosophie, aber so könnten wir mehr Intensität und Niveau reinbringen, sowie neue Impulse setzen und mit mehr Konkurrenz auf Augenhöhe trainieren. Natürlich hängt das auch von der gesamten Trainingsbeteiligung ab, aber das würde ich gerne mehr einbauen.

Michael Riemann: Man kann nie alles richtig machen und muss sich immer hinterfragen. Ich versuche, mich in die Spieler hineinzuversetzen und mache selbst jeden Tag einen großen Lernprozess. Ich will jeden Spieler am Dienstag und Donnerstag weiterentwickeln und alle sollen Spaß am Fußball haben. Ich muss vor allem lernen, die Dinge nicht so nah an mich herankommen zu lassen. Da bin ich noch zu sehr Spieler.

Wie stufen Sie das Qualitätsniveau der Kreisoberliga Hochtaunus in der aktuellen Saison 2016/2017 ein?

Ingo Wassum: Man sieht es am letzten Meister Oberstedten in der Gruppenliga. Alle haben einen gleichmäßigen Kader, aber keine überragenden Akteure mehr. Spieler wie bei WWS zu Glanzzeiten ein Peter Schüttig fehlen. Da gibt es nur noch ganz wenige wie Martin Ochmann, Robert Scheithauer oder Marcel Biskup. Die anderen rennen und kämpfen. Häufig fehlt Strategie und Matchplan. Deswegen könnten wir an einem guten Tag auch bei SGK oder DJK punkten. Die Konkurrenz ist in der Breite besser aber nicht in der Topqualität.

Ben Platt: Die Liga ist sehr ausgeglichen. Da ragen nur der FSV Friedrichsdorf und Stierstadt heraus. Vielleicht war es anders, als die Reserven nicht in Konkurrenz gespielt haben. Insgesamt sehe ich keinen Unterschied zu den Kreisoberligen anderer Kreise.

Gregory Strohmann: Ich finde, dass bei den meisten Mannschaften die Tagesform entscheidend ist. In der Klasse kann fast jeder jeden schlagen. Nur gegen die beiden Friedrichsdorfer Mannschaften hatten wir keine Chance. Die anderen sind nicht stärker, sondern ausgeglichener.

Michael Riemann: Meiner Meinung nach ist die KOL eine sehr starke Klasse. Mannschaften wie DJK und SGK Bad Homburg, Stierstadt, FSV Friedrichsdorf und Eintracht Oberursel haben hohes Niveau in ihren Reihen. Da sind acht oder neun Mannschaften, die in der Vergangenheit eine enorme Entwicklung gemacht hatten. Gerade für unsere A-Jugendlichen ist die KOL ein sehr guter Lernprozess. Da können sie sich beweisen. Ich freue mich schon auf 2017, wenn es wieder losgeht.

Was zeichnet Ihre Mannschaft aus und was muss das Team künftig anders machen?

Ingo Wassum: Voraussetzung muss eine ordentliche Vorbereitung sein. Mindestens 90 Prozent der Spieler müssen gesund bleiben und die vier oder fünf Leistungsträger sollen es richten. Die Torgefahr eines Louis Presle hat in der Vorrunde gefehlt. Mit einer Verstärkung in der Defensive könnten wir die Angreifer Jochen Schäfer oder Marc Kaul nach vorne ziehen und wären viel besser. Die Trainingsbedingungen ohne Kunstrasen machen die Vorbereitung zum Vabanque-Spiel. Das Team zeichnet sich durch Charakterstärke aus. Daniel Dietrich hält den Laden zusammen. Das sind alles Kumpels, die zu 100 Prozent den Klassenerhalt wollen und nichts abgeschrieben haben.

Ben Platt: Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir diszipliniert bei der Rückwärtsbewegung arbeiten. Das hat zu Saisonbeginn gut geklappt. Die Mannschaft muss ordentlich nach hinten stehen. Nach vorne müssen wir geradliniger agieren und mehr den einfachen Abschluss suchen. Das Team ist wirklich intakt und zeichnet sich besonders aus, die Vorgaben des Trainers umzusetzen.

Gregory Strohmann: Die vergangenen Wochen stimmen mich positiv, denn die Jungs haben Engagement und sehr guten Zusammenhalt gezeigt. Das könnte am Ende den Ausschlag geben. Wir müssen Gas geben und trotz Minusgraden Dreck fressen. Ein bis zwei Neuzugänge zur Qualitätssteigerung wären gut, denn die jungen Spieler brauchen die alten Hasen.







Aufrufe: 014.12.2016, 13:00 Uhr
Usinger AnzeigerAutor