2024-05-10T08:19:16.237Z

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Ein kühles Blondes gefällig? Der frühere Neumünsteraner Klassefußballer Volker Schneider mit seinem Markenzeichen, einer Baseball-Kappe („Die nehme ich nicht mal für euer Foto ab.“). Er ist Gastronom mit Leib und Seele. Foto: Schmuck
Ein kühles Blondes gefällig? Der frühere Neumünsteraner Klassefußballer Volker Schneider mit seinem Markenzeichen, einer Baseball-Kappe („Die nehme ich nicht mal für euer Foto ab.“). Er ist Gastronom mit Leib und Seele. Foto: Schmuck

Was macht eigentlich Volker Schneider

St.Pauli, Holstein, Tampa Bay? "Die Angebote haben mich nie wirklich interessiert. Für mich zählten immer nur Partys und Frauen. "

Der FC St. Pauli, Holstein Kiel und sogar die Tampa Bay Rowdies aus Florida wollten ihn. Gekriegt hat ihn allerdings ... so manch Neumünsteraner Verein. Denn Volker Schneider hat seine Heimatstadt nie verlassen – jedenfalls nie in Sachen Fußball. Der exzellente Techniker schlug alle Angebote aus, spielte lieber für Clubs in seiner Heimatstadt. Am vergangenen Mittwoch hat er seinen 60. Geburtstag gefeiert. Nord Sport hat Schneider in dessen uriger Kneipe „Zum Fürsthof“ besucht.

Sie galten als einer, der besonders sich selbst nie geschont hat. Wie geht es Ihnen heute?
Ich habe seit zehn, zwölf Jahren Arthrose in beiden Fußgelenken und im rechten Knie. Trost ist, dass das nicht mehr schlimmer werden kann. Ansonsten kann ich mich wirklich nicht beklagen. Mir geht es grundsätzlich hervorragend, und ich arbeite mich nicht tot.

Sie führen seit einem Vierteljahrhundert eine Kneipe. Das ist ein Job, in dem einer wie Sie aufgeht ...
Richtig. Ich bin Gastronom mit Leib und Seele. Außerdem arbeite ich hier mit netten Leuten zusammen.

Ihre Kneipe ist alteingesessen. Was ist prägend für den „Fürsthof“?
Wir bieten Live-Musik, jeden Tag wird hier Dart gespielt. Auch haben wir viele Stammtische, wo zum Beispiel regelmäßig geknobelt wird. Ebenso bekommt man bei uns einen Mittagstisch serviert. Nicht zu vergessen: Natürlich haben wir auch etliche Stammgäste.

Haben Sie denn eigentlich auch einen bürgerlichen Beruf erlernt?
Ich hatte eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen, stand am Fahrkartenschalter. Drei Wochen ist das gut gegangen.

Was war los?
Es erschien ein Vorgesetzter von mir und wies mich an, ich solle mir die Haare schneiden und dürfe keine Botten anziehen. Das war natürlich nichts für mich. Schon war das Thema ad acta gelegt.

Wie ging es weiter?
Ich holte mein Fachabitur nach, studierte Sozialpädagogik und Sport. Auch das habe ich nicht durchgezogen, ich wollte lieber bolzen. Dann ging ich zum Bau und habe als Eisenbieger gearbeitet.

Was unternehmen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich bin seit 52 Jahren auf dem kleinen Campingplatz in Bottsand bei Marina Wendtorf an der Ostsee. Da sind wir glücklich. Sonne, das Wasser, wir haben alles vor der Haustür. Selbst zum Italiener sind’s nur 20 Meter.

Haben Sie noch Bezug zum Fußball?
Ab und zu gehe ich noch mal zum VfR. Ansonsten schaue ich gerne mit Freunden zusammen die Bundesliga-Konferenz bei Sky. Ich bin ein Schönwetter-Zuschauer geworden, habe zu sonstigen früheren Vereinen überhaupt keinen Bezug mehr.

Sie galten als exzellenter Techniker, hatten diverse Angebote von höherklassigen Clubs. Warum haben Sie Neumünster in Sachen Fußball nie verlassen?
Die Angebote haben mich nie wirklich interessiert. Für mich zählten immer nur Partys und Frauen. Außerdem war ich doch überall der King. Ich habe als Mittelfeldspieler in mehreren Jahren immer meine 35 bis 40 Tore pro Saison geschossen. Wenn ich ins Vereinsheim kam, hat man mir erst mal Geld in die Tasche gesteckt. Das war irgendwie meine Welt.

Haben Sie es jemals bereut, alle Angebote ausgeschlagen zu haben?
Natürlich denkt man mal darüber nach, was gewesen wäre, wenn man tatsächlich mal den Sprung gewagt hätte. Aber was soll’s, ich wollte halt nicht weg, weil für mich andere Dinge wichtiger waren. Ich hätte wohl wirklich mal ein Angebot annehmen sollen ...Sie sollen sogar mal vor einem Wechsel in die USA gestanden haben ...
Das stimmt. Bei den Tampa Bay Rowdies habe ich zusammen mit Eusebio trainiert. Zu einem Vertrag langte es aber nicht. Denn mein Freund Hartmut Pollak, der schon ein Jahr länger drüben war, und ich hatten Ärger mit unserer Gastfamilie und mussten ausreisen.

Welche Erinnerungen haben Sie an den Beginn Ihrer Laufbahn?
Ich kam beim VfR aus der A-Jugend und hatte es in den Ligakader geschafft. Da gab es gleich Ärger mit Trainer Edu Preuß.Warum?Ich kam beruflich bedingt oft verspätet zum Training. Dann musste ich immer Extrarunden drehen oder durch den Stadtwald laufen. Die älteren Spieler wie „Willer“ Hansen oder Ortwin Meyer brauchten das nie, wenn sie mal später kamen oder vorher gefehlt hatten. Da habe ich zu Preuß gesagt, dass ich das ungerecht fand. Da hat der mich gleich rausgeschmissen. Prompt bekam ich ein Angebot von St. Pauli. Doch ich hatte keinen Führerschein, und Sie wissen ja schon: Ich habe andere Prioritäten gesetzt.

Bei Ihnen blieb also nie ein Auge trocken, auch wurden Sie mit Ihrer längeren Löwenmähne und dem markanten Vollbart ja zur Protestgeneration gezählt ...
Ja, das stimmt. Ich trug einen Sticker „Atomkraft? Nein danke!“ zur Schau und war auch bei einer Anti-AKW-Demo in Heidelberg.

Welche Anekdoten fallen Ihnen spontan aus Ihrer aktiven Zeit ein?
Der Karneval in Kopenhagen, wo wir mit dem VfR zu Gast waren. Die Hotelzimmer sahen aus, das glaubt keiner ... Mit den Bettlaken hatten wir uns verkleidet, zurückgekehrt sind wir mit einem Sonnenschirm und einer Blechtrommel. Alle Mann rein in den Fahrstuhl. Auch waren wir mal mit mehreren Spielern in Trainingsanzügen beim Ball des Sports. Da standen wir beim VfR vor dem Rausschmiss.

Welche Spieler waren das?
Jörg Kroschinski, Dirk Slominski, Holger Ablass und ich. Die Eintrittskarten hatten wir von unserem damaligen Platzwart bekommen. Slominski saß in der Holstenhalle plötzlich am Schlagzeug einer Band.

Wie ging die Geschichte aus?
Der Vorstand teilte uns mit, unser Auftreten sei unter aller Sau gewesen. Wir sollten rausfliegen, doch die Mannschaft hat sich für uns stark gemacht. Also durften wir bleiben.

Wie viel haben Sie seinerzeit mit dem Fußball verdient?
Pro Zuschauer gab es zehn Pfennig für jeden Spieler. Hinzu kamen 50 Mark für einen Punkt und 100 Mark bei einem Sieg.

Welcher Erfolg war der größte Ihrer Laufbahn?
Platz 3 mit der Jugend-Landesauswahl bei der deutschen Meisterschaft in Hennef. Zu meinen Teamkollegen zählte zum Beispiel Stefan Dietrich von Holstein Kiel.

Welche früheren Gegenspieler sind als besonders stark hängen geblieben?
Tobias Homp, Volker Manz, den ich auch immer beim „Schrägen Funken“ in Kiel zum Partymachen traf, oder „Schlappi“ Bröckler. Schwer war es auch immer gegen Bernd Brexendorf, der war ein Mittelfeldstratege par excellence. Harte Agenten waren auch die Nielsen-Brüder Rolf und Arno von Blau-Weiß Friedrichstadt.

Und die prägendsten Mitspieler?
Norbert Swete, Jörg Kroschinski sowie die drei Youngster Holger Ablass, Thomas Güstrau und Dirk Slominski. Burkhard Sprunk war auch ein treuer Weggefährte.

Später haben Sie die Karriere unterklassig ausklingen lassen ...
In meinem ersten Torpedo-Jahr haben „George“ Bornhöft und ich mit unserem Mitspieler Dr. Gerd Agena gewettet, dass wir in der A-Klasse zusammen 90 Tore schießen. Er sagte, das schaffen wir nie.

Und: Wie viele waren es?
94!
Aufrufe: 022.1.2017, 16:45 Uhr
SHZ / Interview: Arne SchmuckAutor