2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Alles erlebt hat Thomas Brunner beim 1. FC Nürnberg, holte sich 2003 mit Cheftrainer Klaus Augenthaler dabei auch schon die ?Tapferkeitsmedaille für drei Jahre Nürnberg? ab.
Alles erlebt hat Thomas Brunner beim 1. FC Nürnberg, holte sich 2003 mit Cheftrainer Klaus Augenthaler dabei auch schon die ?Tapferkeitsmedaille für drei Jahre Nürnberg? ab.

Was macht eigentlich - Thomas Brunner?

Der Wimbacher minimiert den Stress wieder und coacht künftig "nur" den Bezirksligisten SV Pölling in seiner Nachbarschaft

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Irgendwie lässt der ,,Club" Thomas Brunner nicht los. Soll er vielleicht auch gar nicht, denn noch immer ist der langjährige Abwehrrecke mit seinen 328 Bundesliga-Einsätzen unerreicht, hat sich so seinen festen Platz in der (fiktiven) Ruhmeshalle am Nürnberger Valznerweiher gesichert. In den letzten beiden Jahren stand der 52-Jährige, der aus Wimbach (Gemeinde Blaibach) stammt und einst von der Jugend des ASV Cham den Sprung zum ruhmreichen 1. FC Nürnberg wagte und schaffte, beim Altmeister aus der Noris wieder am Trainingsplatz. Als Co-Trainer der U15-Junioren in der Regionalliga. ,,Das war allerdings sehr zeitaufwendig, deshalb habe ich meinen Vertrag nicht mehr verlängert", erzählt Thomas Brunner. ,,Viermal Training, am Wochenende dann nach Frankfurt, Freiburg oder Stuttgart. Meine Frau hat gesagt, du bist genauso viel unterwegs wie früher als Profi. Und da hat sie auch Recht."

Künftig ist Brunner, der in Postbauer-Heng (Landkreis Neumarkt) wohnt, wieder deutlich mehr zu Hause. ,,Wie es der Zufall so will: Vor ein paar Wochen ruft mich ein Nachbarverein an, drei Kilometer von mir entfernt. Da kann ich mit dem Radl hinfahren." SV Pölling heißt Brunners neuer Klub, ein Neumarkter Stadtteilverein, sportlich daheim in der Bezirksliga Mittelfranken. ,,Einige Spieler kenne ich noch aus meiner Zeit am Stützpunkt in Neumarkt, als sie noch kleine Zwerge waren. Eine schöne Aufgabe." Sportliche Ziele? - Hier müsse er sich erstmal rantasten, was möglich sei, sagt Thomas Brunner. ,,Wir wollen anständig Fußball spielen und mit dem Abstieg wenig zu tun haben." Weniger als vorige Saison, als es bis zum Schluss eng war mit Platz zwölf am Ende. ,,Die Bezirksliga ist für den Verein die ideale Liga", sagt Brunner, dem die Bodenständigkeit der Pöllinger gefällt, denen er im hart umkämpften Großraum Nürnberg beinahe schon ein Exotendasein bescheinigt. ,,Die Spieler kommen alle aus einem Umkreis von fünf Kilometern, das findest du hier in der Gegend fast nicht mehr." Wo das muntere Verein-wechsle-dich-Spiel quasi zum guten Ton gehört angesichts mannigfaltiger Möglichkeiten.

Die Exoten in der Nachbarschaft

Auch jenseits des Vereinstrainings spielen der Sport und vor allem der Fußball die Hauptrolle bei Thomas Brunner. Seit acht Jahren bietet der neunmalige U21-Nationalspieler und Weltmeister von 1981 an Schulen im Landkreis Neumarkt differenzierten Sportunterricht an, teils eingebunden in Projekte etwa der Lebenshilfe oder der Regierung der Oberpfalz, größtenteils aber auf selbstständiger Basis. Derzeit arbeitet der 52-Jährige an zehn Schulen, was ihm einen unschätzbaren Vorteil biete, schmunzelt Brunner: ,,Ich bin zwei, drei Stunden an der Schule und gehe dann wieder, meist bin ich an zwei bis drei Schulen am Tag. So habe ich den alltäglichen Stress der anderen Lehrer nicht." Den Aha-Effekt des ehemaligen Bundesliga-Spielers merke er kaum, lacht Thomas Brunner: ,,Das wissen die Kinder wahrscheinlich gar nicht, eher kennen mich deren Eltern oder vielleicht sogar die Großeltern noch ..."

In seinem Beruf findet Brunner seine Erfüllung, was man ihm gerne abnimmt, wenn er etwa von einem Inklusionsprojekt mit Kindern mit Autismus oder Down-Syndrom erzählt: ,,Was die Kinder innerhalb eines Jahres für Fortschritte machen, ist toll zu sehen. Das macht eine Riesenfreude."

Lässt denn der Ex-Fußballer im Sportunterricht auch Fußball spielen? - Was für eine Frage: ,,Im ersten Teil der Einheit machen wir meist allgemeine Bewegung und Koordination und andere Spielformen, wenn das gut gelaufen ist, steht im zweiten Teil der Fußball im Vordergrund. Aber nicht nur Fußball spielen, sondern zum Beispiel auch Techniktraining." Ein gewaltiger Kontrast zum leistungsorientierten Fußball bei den Club-Junioren, wo Brunner den Schalter völlig umlegen musste.

Der Kontrast zum Leistungsfußball

Ein Spagat freilich, den der langjährige Co-Trainer des neunmaligen deutschen Meisters (1997 war Thomas Brunner sogar drei Spiele lang Chefcoach, als er einem gewissen ,,Tobi" Zellner zu seinem einzigen Bundesliga-Einsatz verhalf) problemlos meisterte. Neben dem Zeitaufwand gab es aber auch andere Faktoren, die Thomas Brunner ,,nicht so gefallen haben", deutet er an - etwa das Anspruchsdenken mancher Eltern, die ihre Sprösslinge bisweilen überschätzten, oder ,,dass die Spieler schon von Spielerberatern gejagt werden".

Längst vergessen sind indes die Scharmützel von 2003, als der ,,Club" seinen damaligen Coach Klaus Augenthaler feuerte und seinen treuen ,,Co" Thomas Brunner gleich mit. Der ironische Kommentar von ,,Auge", er hole sich noch die ,,Tapferkeitsmedaille für drei Jahre Nürnberg" ab, sagt übers chronisch unruhige Umfeld am Valznerweiher wohl alles aus. Doch während seitdem viele Trainer gekommen und wieder gegangen sind, hat Thomas Brunner (,,Da ist damals so viel Mist erzählt worden ...") wieder einen guten Draht zum ,,Club". ,,Das ist Schnee von gestern, da braucht man nicht mehr nachkarten. Die Beteiligten von damals sind ja gar nicht mehr am Werk."

Zuvorderst der einst allmächtige Präsident Michael A. Roth. Wenn Thomas Brunner zurückblickt, erinnert er sich lieber an die angenehmen Dinge: ,,Erst vor drei Wochen hat sich die Mannschaft getroffen, die vor 30 Jahren in die Bundesliga aufgestiegen ist." Die Dorfners, Reuters, Grahammers, Ecksteins - klingende Namen, die so manchen Club-Fan wehmütig werden lassen. Thomas Brunners Treffer zum 2:0 im Aufstiegsspiel gegen Hessen Kassel, Torjäger Dieter Eckstein hatte für die Nürnberger Führung gesorgt, ebnete übrigens damals den sofortigen Weg zurück in die Eliteliga.

Ob Thomas Brunner denn dem 1. FC Nürnberg von heute den Aufstieg wieder zutraut? -,,Da bin ich vorsichtig, ich kann mir da kein Bild machen, weil ich die Spieler teilweise gar nicht kenne. Der Trainer muss erst einmal wieder eine anständige Zweitliga-Mannschaft auf die Beine stellen, aber er macht einen ordentlichen Job, er hat die Mannschaft ja zügig aus der Abstiegszone herausgeholt. Ich denke, er hat das Zeug dazu, schnell eine gute Mannschaft zusammenzustellen." Ein großer Fehler sei es seiner Ansicht nach gewesen, ,,nach dem Abstieg und 18 neuen Spielern seitens der Verantwortlichen den sofortigen Wiederaufstieg auszurufen".

Wenngleich der altgediente Club-Recke Thomas Brunner nur zu gut weiß, dass Geduld in Nürnberg ein Fremdwort ist: ,,Beim Club kannst du nicht fünf Jahre lang sagen, wir schauen, wie es kommende Saison läuft. Ein Jahr kannst du vielleicht noch verkraften, aber nächstes Jahr musst du den Aufstieg angreifen- und zwar mit Vorgabe".

Aufrufe: 028.6.2015, 23:00 Uhr
Jürgen ZiereisAutor