2024-04-25T14:35:39.956Z

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Der Trainerstuhl ist ein wackliges Ding: Francisco Copado frohen Mutes im September 2016. Gestern traf er sich mit seinem Ex-Arbeitgeber vor Gericht.	Foto: Weis
Der Trainerstuhl ist ein wackliges Ding: Francisco Copado frohen Mutes im September 2016. Gestern traf er sich mit seinem Ex-Arbeitgeber vor Gericht. Foto: Weis

Warum Francisco Copado Teutonen die Daumen drückt

RL SÜDWEST: +++ Ex-Trainer bekäme bei Klassenerhalt 30 000 Euro zusätzlich +++

Giessen. Am Ende des einstündigen Güte-Termins vor dem Gießener Arbeitsgericht stand nicht nur eine kurze Umarmung von Watzenborns Geschäftsführer Jörg Fischer und dem Ex-Trainer der Teutonen, Francisco Copado, sondern auch eine Einigung, die ein Schmankerl bereit hält: Denn der SC Teutonia Watzenborn-Steinberg muss seinem am 13. Dezember zum 31. Dezember 2016 gekündigten Coach nicht nur sofort 30 000 Euro Abfindung zahlen, sondern wird auch am 1. Juli noch einmal mit 30 000 Euro zur Kasse gebeten. Allerdings nur, wenn die Watzenborner den Klassenerhalt in der Regionalliga Südwest schaffen. Die 30 000 Euro entsprechen im Übrigen dem über sechs Monate zu zahlenden Bruttogehalt Copados.

Eine dann doch etwas groteske Situation für Jörg Fischer, dessen erklärtes Ziel es selbstverständlich ist, auch in der kommenden Saison in der vierten Liga zu spielen, was aber aufgrund des bis 30. Juni 2018 laufenden Vertrages von Copado eben auch jene als Kompromiss ausgehandelte Zahlung nach sich zieht. Sollte der Ex-Profi andererseits seinem Ex-Verein aus Groll für die Entlassung den Abstieg wünschen, so schnitte er sich folglich auch ins eigene Fleisch. Für Copados Konto wäre es besser, wenn er seinen Nachfolgern Stefan Hassler/Gino Parson die Daumen drückt.

Grundlage für diesen Vergleich war allerdings der von Copados Frankfurter Anwälten Bernd Boucher und Klaus-Peter Larisch so bezeichnete „komprimierte Vertrag“, in dem keine Nichabstiegsklausel als auflösende Bedingung vermerkt war. Und noch viel mehr, dass eine „fristlose Kündigung im Vertrag gar nicht vorgesehen“ gewesen sei.

Nach der gut einstündigen Verhandlung war das zuvor von Watzenborn-Steinbergs Anwalt Gerhard Hauk (Gießen) vorgebrachte Argument kein Thema mehr. Er hatte nämlich zu Beginn der Verhandlung des Vorsitzenden Thomas Merkel angemerkt, dass „der Vertrag mit Herrn Copado nicht zustande gekommen wäre“, weil dieser keinen Führerschein hat, er das aber bei Vertragsabschluss nicht geäußert habe. Dies aber sei essentiell wichtig für einen Fußball-Trainer, bei dem der Verein beispielsweise für Spiel-Beobachtungen Mobilität voraussetze. Zumal der Vertrag des Ex-Profis neben den 5000 Euro Grundverdienst und den Siegprämien insbesondere noch die Bereitstellung eines Wagens und einer Tankkarte beinhaltete.

Den Zahn zog Klaus-Peter Larisch seinem Gegenüber: „Ich denke nicht, dass das trägt, verstehe es aber. Ich hätte an Ihrer Stelle auch Probleme, Argumente zu finden.“ Und stellte fest: „70 000 Euro würden wir nehmen, dann sind wir im Geschäft.“ Davon aber hielt Jörg Fischer in seiner Gegenrede nichts: „70 000 Euro würde ich definitiv bezahlen wollen.“ Am Ende, zudem nach kurzer Sondierung der Sachlage auf dem Flur, einigten sich, auch weil Francisco Copado zustimmte, beide Seiten auf den eingangs beschriebenen Kompromiss, der dem ehemaligen Bundesliga-Profi sofort 30 000 Euro garantiert – ehe er warten muss, wo die Reise des SC Teutonia Watzenborn-Steinberg hingeht. Damit haben Jörg Fischer und Francisco Copado, der seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Unterhaching verlegt hat, demnächst seine Trainer-Lizenz in Hennef in Angriff nehmen will, dann doch wieder ein gemeinsames Ziel: den Klassenerhalt. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Jörg Fischer jedenfalls brachte das, nach dem von Thomas Merkel aufgenommenen Urteil, auch noch einmal zum Ausdruck: „Ich denke, damit können beide Seiten leben, und wir nach doch holpriger Trennung uns noch vernünftig begegnen.“



Aufrufe: 08.2.2017, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor