2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Seit 21 Jahren ist Jürgen Warnck Schiedsrichter. Das wird er sicherlich auch noch ein paar Jahre bleiben. Doch den Posten des Obmanns will er abgeben.  Foto: Reinhold Radloff
Seit 21 Jahren ist Jürgen Warnck Schiedsrichter. Das wird er sicherlich auch noch ein paar Jahre bleiben. Doch den Posten des Obmanns will er abgeben. Foto: Reinhold Radloff

Warnck ist etwas verschnupft

Der Schiedsrichterobmann erzählt von den Problemen mit seinem Amt und den Folgen

Es ist ein Dilemma, das einfach nicht aufhört, im Gegenteil: Es wird immer schlimmer und zieht unabsehbare Folgen nach sich. Wir sprachen mit dem Obmann der Schiedsrichtergruppe Südschwaben, Jürgen Warnck, über seine Probleme und mehr.

Wie viele Schiedsrichter hat denn derzeit die Schiedsrichtergruppe Südschwaben?

Warnck: Wir haben momentan 207 Schiris mit einem Altersdurchschnitt von 43 Jahren. 40 davon sind zwischen 60 und 70 Jahre alt. Insgesamt haben wir viel zu wenige Schiedsrichter.

Was bedeutet das?

Warnck: Wir können bei Weitem nicht alle Spiele besetzen, bei denen ein Schiedsrichter notwendig wäre. Wir pfeifen nur noch Spiele von der C-Jugend-Gruppe aufwärts. Wie lange wir das noch durchhalten können, weiß ich nicht. Im Allgäu werden schon jetzt viel weniger Jugendspiele mit einem Schiedsrichter besetzt. Und auch wir müssen, so traurig es ist, ab der kommenden Saison mit weiteren Einschnitten rechnen.

Woran liegt das?

Warnck: Es scheiden immer mehr Ältere aus, und wir erhalten viel zu wenig Nachwuchs dazu. Wir müssten für jeden ausscheidenden Senior vier Neue dazubekommen.

Wie sind denn die Neulingskurse besucht?

Warnck: Viel zu schlecht. Wir müssten mindestens 20 Neulinge haben, es kommt aber nur etwa die Hälfte. Und von denen bleibt uns wiederum nur die Hälfte erhalten. Wir machen viel Werbung. Der Effekt ist gering.

Woran liegt das?

Warnck: Der Nachwuchs hat keine Lust mehr, Samstag und Sonntag und vielleicht sogar mehrmals am Tag zu pfeifen. Das Taschengeld, das es damit zu verdienen gibt, lockt nicht mehr. Außerdem springen viele ab, auch auf den Rat ihrer Eltern hin. Denn die jungen Schiris halten öfters dem Druck von Spielern und Zuschauern auf dem Platz nicht stand. Wer will sich auch ständig schimpfen lassen? Schiedsrichter sollen vom ersten Spiel an eine Leistung wie ein Dr. Merk bringen, ohne Pardon. Das geht aber nicht.

Was lässt sich gegen dieses Dilemma tun?

Warnck: Einerseits kann ich nur an Zuschauer und Spieler appellieren, Augenmaß und Vernunft walten zu lassen. Andererseits gibt es jetzt die Möglichkeit, bei Vorbereitungsspielen die Schiedsrichter als Tandem auftreten zu lassen. Jeder pfeift eine Halbzeit, der andere läuft nur mit. Das kommt gut an und hilft, Anfangsprobleme zu überwinden.

Müssen Vereine denn nicht eine bestimmte Anzahl von Schiedsrichtern stellen?

Warnck: Das schon. Pro aufstiegsberechtigter Mannschaft ist ein Schiedsrichter Plicht. Wer zu wenige stellt, muss sogar Strafe bezahlen. Doch die interessiert viele Vereine nicht. 50 Euro ist viel zu wenig. In anderen Bundesländern werden schon mehrere Hundert Euro verlangt.

Sie sind ja auch Schiedsrichterbeobachter im Bezirk. Welche Tendenz stellen Sie fest?

Warnck: Die Qualität bei den Schiedsrichtern lässt seit einigen Jahren nach, weil die Konkurrenz fehlt. Wir müssen beinahe jeden pfeifen lassen, der sich zur Verfügung stellt.

Wie lange sind Sie schon Schiri?

Warnck: Ich bin jetzt 21 Jahre dabei und pfeife noch bis zur Kreisliga, bei den Frauen bis zur Bezirksoberliga. Bei den Damen macht es mir am meisten Spaß. Die sind einfach ehrlicher. Da gibt es keine Schwalben oder Ähnliches.

Wie lange machen Sie noch weiter?

Warnck: Ich bin jetzt 57 Jahre alt und spiele seit über 50 Jahren begeistert Fußball und pfeife auch gerne. Das Schiedsrichtergeschäft als Obmann ist aber eine schwierige Sache. Die Rahmenbedingungen sind schlecht und die Unterstützung vom Verband gleich null. Er wiegelt die Arbeit nur immer auf uns ab. Ich arbeite jede Woche rund 20 Stunden, ohne etwas dafür zu bekommen. Im Januar trete ich nicht mehr zur Wahl an. Einen Nachfolger habe ich noch nicht gefunden. Es laufen aber Gespräche. Pfeifen werde ich anschließend auch noch.

Wer ist denn ihr ältester aktiver Schiedsrichter, wer der talentierteste, wer der höchstklassigste in Ihrer Gruppe?

Warnck: Norbert Schimetschek vom TSV Straßberg pfeift mit 73 Jahren noch immer die A-Klasse. Ein großes Talent ist beispielsweise Tobias Jehle aus Königsbrunn. Er pfeift Landesliga. Unser höchstklassigster Schiri ist derzeit Florian Wernz. Er pfeift derzeit Bayernliga. Ihm traue ich sogar die Bundesliga zu. Seine Referenzen sind erstklassig. Er ist für die SpVgg Langerringen im Einsatz, die in Sachen Schiedsrichter am vorbildlichsten ist. Prozentual am wenigsten Schiris hat der TSV Schwabmünchen.

Aufrufe: 01.3.2017, 17:03 Uhr
Schwabmünchner Zeitung / Reinhold RadloffAutor