2024-04-25T14:35:39.956Z

Analyse
Fabian Liesenfeld hat zum 1:1 für die Hassia getroffen. Ingelheims Torwart Jascha Eimann ist konsterniert.  Foto: Thomas Schmidt
Fabian Liesenfeld hat zum 1:1 für die Hassia getroffen. Ingelheims Torwart Jascha Eimann ist konsterniert. Foto: Thomas Schmidt

Von Klassenunterschied nichts zu sehen

Ingelheimer 2:2 gegen Topteam Hassia Bingen könnte beim Schlusslicht die Wende einläuten

Ingelheim. Freitagabend, kurz vor 19.30 Uhr: Das gab es in Ingelheim schon lange nicht mehr. An der Kasse des Stadions drängt sich noch eine lange Schlange. Wohl auch deshalb pfeift Schiedsrichter Michael Baumgartl, der übrigens keinerlei Probleme haben wird, die Partie mit ein paar Minuten Verspätung an. Mit viel Applaus begrüßt laufen die Mannschaften ein, begleitet von den Kindern der E-1- und E-2-Kinder, die so etwas wahrscheinlich auch noch nicht erlebt haben.

Mit knapp 400 wurde von Vereinsseite die Zahl der Derby-Besucher offiziell angegeben. Aber es waren deutlich mehr, die an diesem Abend den Weg in den Ingelheimer Blumengarten gefunden hatten, darunter auch sehr viel Fans aus Bingen, die für reichlich Stimmung sorgten. Es waren jedoch auch viele Gesichter aus Ingelheim auszumachen, die man schon lange nicht mehr bei einem Heimspiel gesehen hatte. Ein Aufruf des Vorstandes und des Ältestenrates hatte offensichtlich Wirkung gezeigt: Auf seiner Facebook-Seite und mit einer Anzeige in der AZ hatte der Verein an die Ingelheimer Fußballfans appelliert, dem Team in der jetzigen schwierigen Phase zu Seite zu stehen: ,,Gerade in dieser Situation braucht die Mannschaft die Unterstützung von möglichst vielen Anhängern der Spvgg. Deshalb freuen wir uns, wenn wir Sie beim Derby gegen Hassia Bingen im Blumengarten begrüßen dürfen", hieß es da.

,,So eine Atmosphäre würde ich mir bei jedem Spiel wünschen", sagte Stadionsprecher Alexander Romanowski. ,,Dann macht der Job auch viel mehr Spaß". Spaß gemacht hatte ihm am Freitagabend dann vor allem, als er das 2:2 seiner Ingelheimer durchsagen durfte. Und weil es dabei blieb, durfte Romanowski, der inzwischen auch für die Heimspiele der A-Jugend-Bundesliga-Handballer der JSG Ingelheim / Budenheim angeheuert wurde, wirklich zufrieden sein an diesem Abend.

Dabei waren die Voraussetzungen vor dem Spiel aus Sicht der Gastgeber denkbar ungünstig. ,,Mehr Außenseiter sein geht gar nicht mehr", hatte Vereinspräsident Wolfgang Bärnwick im Vorfeld gesagt: Bei einer Niederlage wäre das ersatzgeschwächte dann weiter punktlose Schlusslicht schon sehr früh einen Schritt weiter in Richtung Landesliga abgerutscht, die Hassia hingegen hätte ihre ohnehin vorhandenen Ansprüche auf Titel und Aufstieg noch einmal bestätigt. Perspektivisch also ein Weg, der zu einem Zwei-Klassen-Unterscheid führen würde. Davon konnte in der Partie dann keine Rede sein. Dabei hatten Optimisten (aus Hassia-Sicht) und Pessimisten (aus Ingelheimer Sicht) den Rotweinstädtern ein Debakel vorausgesagt. Die bessere Mannschaft war unzweifelhaft der da noch aktuelle Tabellenführer. Und es hätte einen klaren Sieg geben können, wenn die Hassia nach dem 2:1-Führungstreffer nachgelegt hätte. Das darf man sich aus Ingelheimer Perspektive nicht schönreden.

Dennoch: ,,Ich bin einfach nur glücklich, ich hoffe, dass jetzt der Wendepunkt erreicht ist", strahlte Wolfgang Bärnwick nach dem Spiel. ,,Der kämpferische Einsatz, den ihr heute abgeliefert habt, das war einfach sensationell, so habt ihr da unten in der Tabelle nichts zu suchen", bestätigte Bingens sportlicher Leiter Uwe Frowein. Beide waren sich auch einig, dass es eine Phase gab, in der Bingen die Ingelheimer vorzeitig in die Knie hätte zwingen können. ,,Am Anfang habt ihr uns schwindlig gespielt. Wir hatten Glück, aber das hatten wir auch mal verdient", sagte Bärnwick, und auch Hassia-Trainer Nelson Rodrigues stimmte zu: ,,Als Tabellenführer konnten wir in diesem Spiel eigentlich nur verlieren, und weil wir die Chancen, die wir ja durchaus hatten, nicht verwertet haben, hat Ingelheim sich den Punkt redlich erarbeitet."

Was bedeutet das für die Zukunft? Bei der Hassia haben die Spieler begreifen müssen, dass die Warnungen ihres Trainers keine leeren Worte sind. ,,Das alles wird kein Selbstläufer, wir müssen in jedem Spiel 100 Prozent abrufen", wird Rodrigues nicht müde zu predigen. In Ingelheim hofft man auf einen Schub nach diesem wichtigen Punktgewinn. Wichtig deshalb, weil es der erste Zähler überhaupt war, aber auch, weil er gegen diesen Gegner erkämpft wurde. Mit der Verpflichtung von Tobias Lautz wurde nun auch in der Trainerfrage eine Lösung gefunden. Damit sollten die Weichen gestellt sein, dass es wieder aufwärts geht. Und das, so hofft man inständig am Blumengarten, mit weiterer Unterstützung zahlreicher Fans.

Aufrufe: 027.9.2015, 19:30 Uhr
Andreas SchererAutor