2024-05-02T16:12:49.858Z

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Die FuPa-Cam im Einsatz: In Fockbek zeichnete sie eine Szene auf, die ein Fall für das Kreis- und Verbandsgericht wurde.ez
Die FuPa-Cam im Einsatz: In Fockbek zeichnete sie eine Szene auf, die ein Fall für das Kreis- und Verbandsgericht wurde.ez

Viel Wirbel um den Videobeweis

Eine Szene aus FuPa.tv sorgte für eine Sperre durch das Kreisgericht für Osterbys Thomas Fröhlinger, die das Verbandsgericht aber aufhob

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Nahezu jeder Amateurfußballer hat sich sicherlich schon einmal geärgert, als der Seitfallzieher, der so nur einmal im Leben gelingt, oder das gekonnte Hacken-Tor nicht für die Nachwelt festgehalten wurde. Diese Zeit ist dank FuPa.tv mittlerweile auf vielen Sportplätzen in der gesamten Bundesrepublik vorbei. Aber es werden eben nicht immer nur die Traumtore oder feinen Kunststücke festgehalten. Auch Tätlichkeiten, Unsportlichkeiten oder versteckte Fouls werden nun plötzlich sichtbar. Für die sportliche Rechtsprechung ergeben sich neue Möglichkeiten – aber auch Probleme. Der erste Fall aus dem Kreisgebiet Rendsburg-Eckernförde hat für einige Verwirrung gesorgt, ist nun aber abgeschlossen.

Osterbys Torwart Thomas Fröhlinger wurde wegen einer Tätlichkeit gegen Fockbeks Timo Hilbert aufgrund eines FuPa.tv-Videos vom Kreisgericht für fünf Spiele gesperrt. Osterby legte Berufung ein, und bekam vom Verbandsgericht recht. Die Sperre wurde wieder aufgehoben. Ein abgeschlossener Fall, der dennoch Fragen offen lässt.

Am 5. Kreisliga-Spieltag empfing der starke Aufsteiger FC Fockbek den Osterbyer SV. Nach 90 Minuten führten die Gastgeber mit 4:1. Eine Wende war nicht mehr zu erwarten, und dennoch sah Fockbeks Timo Hilbert noch die Rote Karte nach einer Tätlichkeit an Osterbys Torwart Thomas Fröhlinger. Dass sich der Fockbeker bei so einem Spielstand noch zu so einer Dummheit hinreißen lässt, ist zwar unsinnig, aber nicht unmöglich. Drei Spiele Sperre – Fall abgeschlossen.


Osterbys Torwart Thomas Frölinger wurde erst wegen eines Videos für fünf Spiele gesperrt, dann aber freigesprochen.dve

So wäre es wohl gekommen, wenn der FC Fockbek seit Dezember 2015 nicht bei nahezu allen Heim- und Auswärtsspielen die vereinseigene FuPa-Cam dabei hätte. Dort war zu sehen, dass vor der Tätlichkeit von Hilbert, auch zwei unnatürliche Armbewegungen von Fröhlinger ausgingen, die in Richtung Bauch des Fockbekers zielten. Nachdem das Kreisgericht von diesem Video erfuhr, wurde auch gegen Fröhlinger eine Strafe von fünf Spielen verhängt, ohne das das Kreisgericht schriftliche oder mündliche Stellungnahmen der Betroffenen anforderte.



„Wir mussten erst einmal beraten, wie wir damit umgehen“, sagt Osterbys Fußballobmann Wolfgang Fleck. Der Verein entschied sich gegen das Urteil Berufung einzulegen. So landete der Fall auf dem Tisch des Verbandsgerichts, wo sich unter anderem der Vorsitzende Hans-Carsten Todt damit befasste. Für das Berufungsverfahren wurde dann zur mündlichen Verhandlung geladen.

Während Osterbys Torwart erschien und eine Aussage machte, mit der das Gericht arbeiten konnte, blieb der Fockbeker Timo Hilbert der Befragung fern. So musste das Verbandsgericht sich bei der Überzeugungsbildung auf das Video und die Aussage Fröhlingers verlassen. Was am Ende zur Aufhebung der Sperre des Kreisgerichts führte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Keeper bereits drei der fünf Spiele abgesessen.

Dieser Fall zeigt, dass ein Video zu einem heiklen Beweismittel werden kann, denn die Wahrnehmung, was auf der Filmsequenz zu sehen ist, ist eben unterschiedlich. Während Detlef Lüling vom Kreisgericht eine Tätlichkeit ausgemacht hatte, folgte das Verbandsgericht dieser Ansicht nicht. Hans-Carsten Todt sagt: „Wir konnten keine Schlagbewegung in der Sicherheit wahrnehmen, wie es für eine Verurteilung notwendig gewesen wäre. So mussten wir andere Erkenntnismöglichkeiten heranziehen. Und Basis einer solchen Urteilsfindung muss die mündliche Verhandlung sein.“

Etwas vereinfacht ausgedrückt heißt das: Da es von Timo Hilbert keine Aussage gab, die eine Tätlichkeit Fröhlingers bestätigte, folgte das Gericht der Darstellung des Osterbyers, der erklärte, den Fockbeker nicht geschlagen zu haben. Wer sich das Video anschaut, wird zumindest Zweifel haben. „Natürlich sieht der eine das Video anders als der andere. Für uns hat es aber nicht in der Deutlichkeit ausgereicht, um eine Tätlichkeit sicher zu erkennen“, so Todt.

Da immer mehr Vereine deutschlandweit, aber eben auch in Schleswig-Holstein zur FuPa-Cam greifen, und ihre Spiele aufnehmen, könnte es in Zukunft häufiger vorkommen, dass die Gerichte sich mit dem Videobeweis auseinandersetzen müssen. Todt und auch Lüling stellen klar, dass ein Hinzuziehen der Filmsequenzen nicht verboten ist und auch in Zukunft davon Gebrauch gemacht werden kann, auch wenn der DFB noch keine allgemein gültige Regel zum Thema Videobeweis im Amateurfußball verfasst hat. „Wenn sich die Vorfälle zukünftig häufen, würde ich es begrüßen, wenn der DFB dazu etwas vorgibt“, so Lüling.

In Osterby sind sie zwar froh über den Freispruch, doch es bleibt der Ärger darüber, dass ihr Spieler nun als erstes aufgrund eines Videobeweises gesperrt wurde. So war auch die Entstehung der Sperre, also das nachträgliche hinzuziehen des Videos aus Fockbek, der Grund für die Berufung. Nicht etwa die Tätlichkeit an sich, die in Osterby intern mit dem Torwart besprochen wurde. Diesen Ärger musste wenige Wochen später der TSV Groß Vollstedt erfahren. Als die Gäste in Osterby ihre FuPa-Cam aufbauten, erklärte OSV-Trainer Daniel Seibert, dass der Verein als Hausherr dies nicht wolle.

„Dieses Verbot ist nicht in Stein gemeißelt, aber ein gebranntes Kind scheut das Feuer“, sagt Obmann Wolfgang Fleck, der immer noch über das Verhältnis der Sperren von drei Spielen für Fockbeks Hilbert zu fünf Spielen von Osterbys Fröhlinger verärgert ist.

Aufrufe: 026.10.2016, 13:10 Uhr
SHZ / Stefan GerkenAutor