2024-04-25T10:27:22.981Z

Interview der Woche
In dieser Woche bei Nachspielzeit: Trainerfuchs Jürgen Collet. Foto: Markus Schröder
In dieser Woche bei Nachspielzeit: Trainerfuchs Jürgen Collet. Foto: Markus Schröder

Nachspielzeit mit Jürgen Collet

Was der „demokratischer Diktator“ am Guckenberg vor hat: Jürgen Collet vom Fußball-Landesligisten VfB Bodenheim im FuPa- „Interview der Woche“

Bodenheim. Zur neuen Saison übernimmt Jürgen Collet den Fußball-Landesligisten VfB Bodenheim. Im „Interview der Woche“ bei FuPa.net gibt der 54-Jährige Auskunft über seine ambitionierten Ziele, seinen Ruf als „demokratischer Diktator“ und erläutert, was man am Guckenberg noch vom SV Gonsenheim lernen kann.

Jürgen, wann trittst Du eigentlich genau den Dienst beim VfB an?

Der hat im Prinzip am 1. Februar begonnen, seitdem haben Günter Loos und ich viele Gespräche geführt und uns viele Spiele angeschaut. Trainingsstart ist am 1. Juli, wobei die Jungs von mir einen Plan bekommen haben, den sie schon ab Ende Mai abarbeiten müssen.

Ihr habt den Kader kräftig verstärkt. Was hast Du Dir für Ziele gesetzt?

Ich will immer das Maximum. Nur oben mitspielen, das reicht mir nicht. Ich will versuchen aufzusteigen. Dafür müssen sehr viele Dinge passen, Du brauchst gesunde Spieler und Glück.

Kennt die Mannschaft Dich schon?

Ja, sie kennt mich bestens. Zum einen wurde ich vorgestellt, zum anderen habe ich mit fast jedem ein Einzelgespräch geführt, das zwischen einer und zwei Stunden gegangen ist. Jeder sollte sich ein eigenes Bild machen, und ich wollte mir auch ein Bild machen, warum die vergangene Saison nicht so erfolgreich zu Ende gegangen ist.

Woran lag es?

Der Kader war relativ klein, und sie haben gemerkt, dass eine gewisse Disziplin an den Tag gelegt werden muss. Es sind einige Jungs dabei, die sicher nicht einfach sind. Ich stehe für bestimmte Werte, die befolgt werden müssen. Es geht um Respekt, Disziplin, Ehrlichkeit, Leidenschaft und Spaß. Das sind die Punkte, die ich vorlebe und von den Jungs gern sehen würde.

Ist der VfB ein besonderes Pflaster, wie es oft heißt, oder doch eher ein Verein wie jeder andere?

Es ist ein Verein wie viele andere. Sie sind dort sehr bemüht, haben eine tolle Anlage. Was nach außen geschildert wird – untrainierbar und ähnliches –, das glaube ich nicht.

Manche sagen, dass der Klub viel von seinem Flair verliert, auch weil kaum noch Bodenheimer dort spielen. Siehst Du das auch so?

Wie viele Spieler aus Gonsenheim spielen in Gonsenheim? Wo gibt es das in den höheren Ligen noch? Das ist heutzutage so. Das Geschäft ist weitläufig, jeder hat ein Auto, man kann schnell überall hinkommen. Ich habe drei Bodenheimer aus der Jugend geholt. Faßnachts Opa hat schon in Bodenheim gespielt. Norman Loos ist ein Bodenheimer, Dennis Bingenheimer, der die Zweite macht, ist Bodenheimer. Ich glaube nicht, dass das ein Argument sein kann.

Du hattest eigentlich schon mit der Trainerlaufbahn abgeschlossen, nach Deiner Zeit in Ingelheim länger nichts gemacht. Was hat jetzt den Kitzel ausgemacht?

Im November und Dezember hatten fünf Vereine angefragt. Ich kam auf den Geschmack, doch wieder etwas zu machen. Günter Loos hat nicht nachgelassen und war sehr akribisch dabei, mich an Land zu ziehen. Er hat ein, zwei Mal die Woche angerufen oder eine WhatsApp geschickt. Ich habe es mir bei allen Vereinen angehört. In Bodenheim war es sehr überzeugend. Ich habe meine Rahmenbedingungen genannt – Ludwig Anspach beispielsweise hatte zum Training einen halben Platz, das geht einfach nicht –, die Voraussetzung dafür sind, dass ich optimal arbeiten kann. Günter hat fast alles hinbekommen. Er macht einen richtig tollen Job. Und ich habe immer gesagt: Wenn etwas kommt, das mich reizt, dann mache ich es.

Wie wird Dein Führungsstil aussehen?

Ich bin kein demokratischer Diktator. Ich kommt auch mal entgegen, habe aber eine klare Linie, die ich durchziehe. Wer mitgeht, geht mit, wer nicht mitgeht, der geht. Ich habe dem Vorstand klar gesagt, dass Namen bei mir keine Rolle spielen. Wie lang er im Verein spielt, ob alt und jung, das interessiert mich alles nicht. Die Jungs wollen und haben ein Ziel. Sie geben sich zurzeit sehr wissbegierig.

Du warst bei Frank Spechts Abschied bei Deinem alten Verein SV Gonsenheim. Was fehlt dem VfB gegenüber dem SVG?

Ich glaube, den SV Gonsenheim kann man nicht kopieren. Da ist ein Vorstand da, der wirklich Tag und Nacht für den Verein unterwegs ist. Die Leute dort leben den SV Gonsenheim. Dort ist auch die Jugendarbeit über Jahre von Wolfgang Horst aufgebaut worden. Es ist ein roter Faden zu erkennen, der auch gnadenlos durchgezogen wird. In Gonsenheim wird nicht jeder genommen, auch wenn er ein sehr guter Spieler ist. Dass Schott so erfolgreich ist, liegt daran, dass sie durch die finanzielle Unterstützung durch das Werk hochgekommen sind. Ansonsten kann man den SV Gonsenheim nicht kopieren.

Wen hast Du Dir nach Bodenheim mitgebracht, abgesehen von den Spielern?

Das war alles Günter Loos' Arbeit. Betreuer wird Uwe Köth, der bei Fortuna Mombach war, Harald Loos wird wieder Torwarttrainer. Ich habe Alexandra Hofmann, unsere Physiotherapeutin, mitgebracht. Der Mannschaft fehlt es an nichts. Co-Trainer wird Oliver Hoch. Er ist auch noch Spieler. Man muss schauen, wie das nach seiner langen Verletzung klappt. Wenn es ihm zu viel wird, kann es sein, dass wir noch einen Co-Trainer holen. Harald Hegemann hört von sich aus als Betreuer auf. Tobias Mohr ist ja auch noch Torwarttrainer in Kastel, auch bei ihm war klar, dass er aufhört.

Wie lange bleibst Du in Bodenheim?

Das wissen die Götter (lacht). Ich habe erst mal, und das mache ich prinzipiell, für ein Jahr unterschrieben. Aber bis auf Ingelheim war ich in jedem Verein mindestens drei Jahre.

Wo siehst Du den VfB Bodenheim in drei Jahren?

Zumindest mal in der Verbandsliga.

VfB-Personalien

- Außer Torwart Torsten Bochinsky (35) bleiben alle Mann an Bord.

- Idris Hourle (27) und Rückkehrer Manuel Wein (20) kommen vom VfB Ginsheim, Michael Widera (22) und Adem Kaya (32) vom SVW Mainz, Marco Bergmann (23) von Fortuna Mombach.

- Aus der U19 rücken die Stürmer Calvin Faßnacht und Nuno Tiefenbach sowie Mittelfeldspieler Luca Hieronymus hoch. Gesucht wird noch ein Keeper.

Aufrufe: 026.5.2017, 19:05 Uhr
Torben SchröderAutor