2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
Gibt beim VfB Lübeck die Richtung vor: Trainer Denny Skwierczynski. Foto: objectivo/Kugel
Gibt beim VfB Lübeck die Richtung vor: Trainer Denny Skwierczynski. Foto: objectivo/Kugel

,,Verstecken müssen wir uns nicht"

VfB Lübecks Trainer Denny Skwierczynski im Interview

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In seine vierte Saison als Cheftrainer beim VfB Lübeck geht Denny Skwierczynski. Der 41-Jährige, der mit den Grün-Weißen nach der Insolvenz vor zweieinhalb Jahren den Wiederaufstieg in die Regionalliga schaffte und dort in der vergangenen Spielzeit den siebten Rang erreichte, peilt in der neuen Saison eine erneute Verbesserung an. Im Interview spricht er über Erwartungen und Ziele, über die Neuzugänge und hinzu gewonnenen Flexibilität.

Denny Skwierczynski, wie läuft die Vorbereitung bisher? Sind Sie zufrieden?
Es läuft normal. Wir müssen uns gut vorbereiten, um eine ordentliche Rolle zu spielen. Wir haben im letzten Jahr gesehen, wie eng diese Regionalliga ist. Viel Zeit ist nicht. Schließlich stehen uns schon vor dem ersten Punktspiel noch zwei wichtige Spiele gegen Holstein und in Löwenstedt bevor. Aber es macht Spaß. Das ist wichtig.

Es wurde zuletzt betont, der Kader sei noch nicht komplett. Nachdem die Verpflichtung von Julian Dudda nicht geklappt hat, wie weit ist der VfB auf der Suche nach der erhofften Verstärkung für die Defensive?
Auch mit dem jetzigen Kader sind wir schon sehr zufrieden. Aber wir haben die Möglichkeit, noch eine Position zu besetzen. Aber es muss zu 100 Prozent zu unserem Weg passen. Wir werden nicht auf Gedeih und Verderb einen Spieler dazu holen. Wir haben einige Kontakte, an denen wir arbeiten. Aber es ist noch nicht so, dass es derzeit schon konkret einen Wunschkandidaten gibt. Wir beobachten aber auf jeden Fall den Markt.

Es geht ausschließlich um einen Spieler, der die zentralen Defensivpositionen ausfüllen kann?
Es wäre schön, wenn wir einen Spieler bekommen könnten, der auf mehreren Positionen einsetzbar ist, am besten aber hinten oder im zentralen Mittelfeld. Da haben wir Sven Theißen als Spieler verloren, der ja auch beide Positionen spielen konnte. Diese Art von Spieler, der auch mit körperlichen Vorzügen punktet, haben wir bislang noch nicht dazu bekommen.

Reden wir über die Neuen, die schon da sind. Im Tor ist Kennet Kostmann gleich gefordert, weil Jonas Toboll in den ersten Punktspielen noch gesperrt ist.
Ihn hatten wir im letzten Jahr schon als Gast bei uns im Training gesehen. Als sich Briant Alberti, mit dem wir sehr zufrieden waren, für eine neue Herausforderung entschieden hat, mussten wir handeln. Kennet ist noch jung, bringt aber sehr gute Anlagen mit. Er kommt sehr gut an in der Mannschaft. Ich habe keine Bedenken, dass er sofort spielen kann. Er ist natürlich noch kein fertiger Torwart, aber daran arbeiten wir.

Aber grundsätzlich bleibt Jonas Toboll die Nummer eins?
Jonny hat sich durch seine guten Leistungen auf jeden Fall einen Bonus erarbeitet. Er hat viele gute Spiele für uns gemacht. Es besteht noch keine Notwendigkeit, etwas festzulegen. Es soll aber schon nach Leistung gehen.

In der Abwehr ist mit Jan Sievers eine richtige Verstärkung gekommen. Was macht ihn für den VfB wertvoll?
Er ist ein belebendes Element, weil er auch ein witziger Typ ist. Er ist geradlinig und bringt fußballerisch Qualität mit. Er ist schnell, sehr robust und wird uns sicher weiterhelfen. Es gibt auf der rechten Abwehrseite einen Zweikampf mit Patrick Bohnsack, der auch wieder gut in Schuss ist. Stand heute hat Jan aber schon die Nase vorn.

Für das zentrale Mittelfeld ist Yannick Bremser dazu gekommen, der bislang in Eutin nur SH-Liga gespielt hat. Wie weit ist er schon?
Man merkt, dass er noch ein kleines bisschen Zeit braucht, um sich zu 100 Prozent ans Tempo und die körperliche Intensität zu gewöhnen. Aber er hat Spielintelligenz und ist sehr willig. Er wird sich bei uns wohlfühlen.

Mit Maurice Maletzki ist ein Spieler hinzu gekommen, der trotz seiner erst 23 Jahre schon ein paar Regionalliga auf dem Buckel hat.
Trotzdem ist das auch für ihn momentan noch eine Umstellung, was die Intensität angeht. Aber er ist fußballerisch schon sehr reif, kann gute Pässe spielen und wird auch selbst torgefährlich. Ich erhoffe da schon, dass er einige Tore für uns macht. Ich glaube, es kann großen Spaß machen, ihn spielen zu sehen.

Könnte das eine ,,Zwergen-Flügelzange" mit dem 1,66 Meter großen Senger und dem nur wenig größeren Maletzki werden?
Beide wohnen ja auch zusammen. Beide spielen das inzwischen intelligent, rücken auch mal in die Mitte, ohne dafür als Zehner aufgestellt werden zu müssen. Das ist auf jeden Fall eine Möglichkeit mit den beiden.

Im Sturm werden die Varianten deutlich größer. Im letzten Jahr war Stefan Richter oft Alleinunterhalter. Ein etwas erfahrenerer Stürmer mit Christopher Kramer, ein junger Angreifer mit Timo Barendt sind jetzt dabei. Was erwarten Sie?
Barendt muss sich noch ein wenig an den Herrenfußball gewöhnen. Aber er hat Qualitäten, ist technisch stark und torgefährlich, spielt im Strafraum aber auch intelligent. Er ist ein ruhiger Typ, der aber in der Mannschaft gut ankommt. Mit ihm haben wir mehr Möglichkeiten, er wird seinen Weg gehen. Kramer ist ein Vollblutstürmer, der für viel Betrieb sorgt und für jede Abwehr unangenehm ist. Das haben wir in Spielen gegen ihn schon immer gesehen. Ich hoffe, dass er auch körperlich noch auf ein höheres Niveau kommt. Das sieht momentan gut aus.

Dagli, Sezer, Büyükdemir und Szymczak sind aus der A-Jugend aufgerückt. Haben diese vier schon Möglichkeiten, auch Spielanteile zu bekommen?
Ich bin bei allen sehr angetan. Das soll nicht heißen, dass sie gleich in der ersten Elf spielen. Aber sie sorgen für Druck im Kader und man sieht, dass sie gute Spieler für uns werden können. Ich möchte derzeit noch keinen hervorheben. Vorstellbar ist aber, dass sie auch schon zum Einsatz kommen könnten. Man muss aber auch bedenken, dass diese Spieler keine Sommerpause hatten. Dass der eine oder andere noch in ein körperliches Tief kommt, müssen wir einkalkulieren.

Haben Sie auch den Eindruck, dass die Hierarchien da schon passen?
Ja, das gefällt mir gut. Da gibt es klare Ansagen innerhalb der Mannschaft. Als beispielsweise im Spiel gegen Schneverdingen Cemal Sezer noch mit dem Schiedsrichter diskutieren wollte, wurde einmal klar gesagt, dass das nicht unsere Art ist. Und dann war Ruhe. Da muss ich als Trainer gar nicht so viel tun. In der Offensive auf dem Platz dürfen sich die Jungen aber unbekümmert einbringen.

In welchem Bereich erhoffen Sie sich die größte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr?
Ich hoffe, dass wir uns genauso viele Torchancen erarbeiten wie im letzten Jahr. Ich glaube einfach, dass wir dann einige Tore mehr machen werden dank der Verbesserungen, die wir in der Mannschaft im Offensivbereich vorgenommen haben. Da haben wir einfach Qualität dazu gewonnen. Ich hoffe, dass sich das auszahlt.

Auch vom System sind jetzt verschiedene Varianten denkbar. Bevorzugen Sie weiter das 4-2-3-1 oder doch das 4-4-2, das Sie jetzt einige Male probiert haben?
Ich lege mich da nicht auf ein System fest. Wir haben jetzt die Möglichkeiten, variabler zu sein, vielleicht auch im Spiel mal zu wechseln. Richter kann außen spielen, Kramer hat das in Neumünster ja auch gezeigt. Sezer wollen wir auch dahin bringen. Wie wir spielen, hängt davon ab, was am besten zu den Typen oder vielleicht auch zum Gegner passt.

Wird sich an der taktischen Ausrichtung etwas ändern?
Wir wollen schon weiterhin offensiv verteidigen, und damit auch offensiv spielen. Aber wir wollen uns weiterentwickeln und mal die Variante erarbeiten, auch etwas tiefer zu verteidigen. Vorne ist weiterhin gewünscht, schnell mit Risiko nach vorne zu spielen. Aber wenn das nicht möglich ist, wollen wir schon dahin kommen, mehr Ruhe ins Spiel zu bekommen und den Ball laufen lassen. Aber grundsätzlich soll die Ausrichtung bleiben. Es ist schon das Ziel, dass die Zuschauer auch ohne Trikots sehen können: So wie die spielen, das ist der VfB Lübeck.

Welche Zielsetzung ist realistisch? Welche Möglichkeiten hat dieser Kader?
Wir gehen natürlich davon aus, dass wir uns verbessert haben. Aber ob das so ist, sieht man erst, wenn es auch wirklich losgeht. Man hat auch im Vorjahr gesehen, dass Mannschaften mit besseren Möglichkeiten als wir plötzlich unten reingerutscht sind. Deswegen ist nicht angebracht, im Vorwege darüber zu reden, was man erreichen kann. Wir wollen möglichst besser als im letzten Jahr abschneiden und ein paar Spiele mehr gewinnen und nicht wieder 14 Mal unentschieden spielen. Es wird wieder sehr eng zugehen.

Wer sind denn die Favoriten?
Es sind mindestens zehn Mannschaften auf jeden Fall dabei, wo es sehr schwierig wird zu gewinnen. Am besten aufgestellt sein müsste eigentlich Wolfsburg. Ich rechne aber auch mit dem HSV mit Joe Zinnbauer. Meppen hat eine gute Mannschaft zusammengestellt. Wenn ich Rehden sehe, wie die in der Rückrunde gespielt haben - und die sind nicht schlechter geworden. Hannover und Oldenburg werden besser sein als letztes Jahr. Weiche, Havelse, Norderstedt - das sind alles gute Mannschaften. Aber ich hoffe natürlich auch, dass man dort genauso über uns denkt. Verstecken müssen wir uns in der Liga auch nicht.

Der eine oder andere in Lübeck träumt schon wieder vom Aufstieg...
Die Erwartungshaltung in Lübeck ist immer groß. Das ist auch in Ordnung, damit müssen wir umgehen. Wir wollen den Weg so weitergehen und das Schritt für Schritt hinbekommen. Aber man muss eben auch sehen, dass einige andere Mannschaften professionell aufgestellt sind. Bei uns sind auch zukünftig die Spieler und Trainer nicht hauptberuflich tätig, sondern arbeiten tagsüber.

Bekommt man die Zuschauerresonanz noch einmal gesteigert?
Auch das muss ein Ziel sein. Wir wollen die Zuschauer begeistern, gerade in den Heimspielen. Das haben wir in der letzten Rückserie nicht immer geschafft, obwohl wir eine ordentliche Punktzahl geholt haben. Wir müssen die Leute überzeugen. Die sollen sagen: Die Jungs hauen rein, da gehe ich gerne hin. Es wäre schön, wenn ein paar Zuschauer mehr kommen. Der Vorstand hat ja entsprechend geplant. Und wenn es um etwas geht, kommen die Leute ja in Lübeck auch.

Im Pokal geht es am Mittwoch noch gegen Holstein. Ein besonderes Spiel?
Klar. Es ist zwar nicht mehr das Finale, in dem es um alles geht. Aber es steht viel Prestige auf dem Spiel, es geht um eine Prämie. Holstein ist der klare Favorit, aber wir wollen zeigen, dass wir dagegen halten können.

Im DFB-Pokal kommt der SC Paderborn. Richten sich da schon einige Blicke voraus?
Nein. Das wollen wir gerne verhindern. Das ist einfacher, als wenn wir gegen Bayern München spielen würden. Ich erwarte von meinen Jungs, dass sie sich auf den Saisonstart konzentrieren. Gegen Hannover 96 II und in Havelse kann man auch schnell mal mit null Punkten dastehen, wenn es schlecht läuft. Das wollen wir natürlich vermeiden. Wir wollen auch die Zuschauer gleich mitnehmen. Dann kommen auch gegen Paderborn gleich ein paar mehr. Derzeit zählt für uns nur ein guter Start.

Aufrufe: 014.7.2015, 12:00 Uhr
SHZ / Interview: Christian JessenAutor