Nach ihrer Schilderung gerieten sich auf der Bundesstraße 56 zwischen Jülich und Düren die männlichen Insassen von zwei Autos kurz nach 21 Uhr an einer Fahrbahnverengung in die Haare. Männer aus Düren, kurdischer Herkunft, warfen Jülichern, libanesischer Herkunft, vor, sie geschnitten und damit behindert zu haben. Nach einer verbalen Auseinandersetzung flogen die Fäuste. Die vermeintlich unterlegenen Dürener sollen blutend zurückgekehrt sein, um kurz darauf mit gut 50 Männern Verstärkung im Schlepptau in einer Jülicher Shishabar aufzutauchen. Dort sollten wohl die Gegner der Rauferei oder Angehörige „gestellt“ werden. Die Polizei bestätigte auf Anfrage der Redaktion, dass sie gegen eine größere Gruppe von Männern kurz nach Mitternacht am Samstag in Jülich „Platzverweise“ ausgesprochen hat. Gleiches soll sich am Samstagabend wiederholt haben: Wieder tauchte eine große Gruppe kurdischer Männer vor der Jülicher Bar auf, erneut passierte nichts, und die Männer verschwanden. Danach soll es Telefonate zwischen den Gruppen gegeben haben, um zu schlichten. Sie verliefen wohl erfolglos, der Angriff auf den Sportplatz belegt die weitere Eskalation.
Die Brutalität – auch vor den Augen von Kindern – hat viele Menschen fassungslos gemacht. Der Vorsitzende des SV Grün-Weiß, Karl-Heinz Albersmeier, nahm gestern mit Vorstandskollegen auf dem Platz vor zahlreichen Medienvertretern Stellung. Er schilderte, dass sich die Angreifer nach dem Ende der Aktion kaum bemüht hätten, unerkannt zu bleiben. Sie seien sehr ruhig, manche lächelnd, zu ihren Autos gegangen und losgefahren.
Mehrere Augenzeugen haben gestern übereinstimmend berichtet, dass auch ein Angegriffener plötzlich eine Schusswaffe in der Hand gehalten habe. Er hat sie nicht betätigt. Auch einer der Angreifer soll eine Pistole gezückt haben, er wurde von einem Mann entwaffnet, der Schlimmeres verhindern wollte. Allerdings bezogen auch einige Unbeteiligte, die schlichten wollten, Prügel. Wesentlich könnte zur Aufklärung der brutalen Attacke eine technische Hilfe beitragen, die nicht auf jedem Sportplatz selbstverständlich ist: eine Videokamera.
Eine Polizeisprecherin bestätigte auf Nachfrage, dass den Ermittlern viele Beweise vorliegen. Dabei handelt es sich um Fotos und Videos, die Zuschauer gemacht haben. Auch die Aufzeichnung der Kamera, die am Sportplatz installiert ist, um Analysevideos der Fußballspiele zu erstellen, wertet die Polizei aus. Die Bilder seien hochauflösend. Ob es möglich ist, einzelne Täter zu identifizieren, ließ die Sprecherin offen. „Die Auswertung läuft. Wir haben die Hoffnung, dass die Beweismittel aufschlussreich sind.“ Festnahmen habe es bisher keine gegeben, erste Fahndungserfolge dagegen schon. So habe die Polizei in Düren nach der Tat vier Personen aufgegriffen und vernommen. Dabei hätten die Polizisten in einem Auto einen Baseballschläger gefunden. „Weil es aber nicht möglich war, einen direkten Zusammenhang zu der Tat herzustellen, wurden die Personen nicht festgenommen“, erklärte die Sprecherin. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen die 30 Täter wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Das Strafmaß (je nach Schwere): zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft.
„Wir haben die Hoffnung, dass die Beweismittel aufschlussreich sind.“
- Eine Sprecherin der Polizei Düren