2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche
Trainer Thomas Eberhardt (oben) und Manager Mirko Vorih sprechen über die bevorstehende Saison in der Verbandsliga Südwest.
Trainer Thomas Eberhardt (oben) und Manager Mirko Vorih sprechen über die bevorstehende Saison in der Verbandsliga Südwest.

"Verlange immer 100 Prozent"

Mombachs Trainer Thomas Eberhardt und Manager Mirko Vorih im Gespräch über die bevorstehende Saison +++ Zwei grundverschiedene Spielzeiten hinter sich lassen

Im Vereinsheim des FC Fortuna Mombach brummt neuerdings ein Ventilator an der Decke. Kein Wunder, denn in der vergangenen Saison brannte häufiger die Luft beim Verbandsligisten, der nur durch den Last-Minute-Rückzug des TDSV Mutterstadt die Klasse gehalten hat – und das, nachdem man mit Oberliga-Ambitionen in die Saison gestartet war. Lange Zeit hüllte sich Trainer Thomas Eberhardt in Schweigen, nun spricht er gemeinsam mit Manager Mirko Vorih Klartext – über eigene Schwächen, ehemalige Spieler, persönliche Genugtuung und neue Ziele.

Thomas, Ihr habt vor zwölf Monaten bei einer Top-Truppe, die um ein Tor die Oberliga verpasst hatte, zur neuen Saison die halbe Startelf umgekrempelt. Was das schon der Anfang allen Übels?

Eberhardt: Du brauchst immer neue Leute und frischen Wind. Bei den Profis ist Fußball der Job, bei uns ist es Hobby und Freizeit. Daher gibt es viele, die sagen: Ich habe gespielt, als der Erfolg da war, also spiele ich weiter. Dann rufen sie ihre Leistung nicht mehr ab. Das war mir klar. Ich halte nichts davon, dass man jedes Jahr dieselbe Mannschaft hat, denn es lutscht sich aus. Ich bin auch anstrengend, bin erfolgsgeil, verlange immer 100 Prozent. Um Erfolg zu haben, muss Du immer mehr machen als andere Mannschaften. Da ist es normal, dass Spieler sagen: Das gebe ich mir nicht mehr, das ist zu anstrengend. Aber schau Dir die Bilanz an: Mit Bodenheim haben wir unter mir im ersten Jahr Vollgas gegeben, sind Erster geworden. Dann bin ich auf einem sicheren Tabellenplatz in der Verbandsliga gegangen. In Mombach sind wir erst knapp Dritter in der Landesliga geworden, dann Zweiter und aufgestiegen, dann in der Verbandsliga Zweiter und wieder fast aufgestiegen. Jetzt in der Hinrunde war es okay, zumindest in den Heimspielen. Der ganz große Verlust war in der Winterpause unter Top-Stürmer Szymanek. Wenn wir ihn gehabt hätten, hätten wir locker zehn Punkte mehr geholt.

Das war ja aber beileibe nicht der einzige Winter-Transfer, und einige Neuverpflichtungen haben ja auch eher gefloppt...

Eberhardt: Nach wie vor sage ich: Der Umbruch im Winter war richtig, wir hätten nur den ein oder anderen mehr abgeben sollen. Mit dem Bonus, dass wir jetzt in der Verbandsliga spielen, war es unterm Strich alles optimal. Es ist ähnlich wie bei Louis van Gaal bei Manchester United: Es gibt eine klare Philosophie, und wer der nicht folgt, kann gern gehen. Jetzt haben wir eine fast komplett neue Truppe, da ist Harmonie drin. Jeder ist ersetzbar.

Vorih: Im Profibereich ist es ja auch so, dass nach einiger Zeit entweder die Mannschaft oder der Trainer ausgewechselt werden...

aber so gründlich, wie Ihr das gemacht habt, dass binnen 14 Monaten von einer Vizemeister-Mannschaft nur noch zwei Spieler übrig bleiben, hat das wohl kaum jemand bisher durchgezogen.

Vorih: Dass es so extrem gekommen ist – klar. Aber es steckt eine Philosophie dahinter, und es gibt interne Gründe, dass Entscheidungen getroffen werden mussten. Der Vorstand steht klar hinter dem Trainer, das ist das Signal.

Eberhardt: Hut ab auch vor Bernd Stengel und dem Verein, denn das wurde auch intern gegenüber der Mannschaft immer glasklar so kommuniziert. Im Übrigen zwinge ich niemanden, unter mir Fußball zu spielen, und binde hier niemanden fest. Wenn ich irgendwann nicht mehr will, bin ich auch weg.

Gab es diesen Punkt irgendwann einmal in der vergangenen Saison?

Eberhardt: Nein, überhaupt nicht. Ich bin so ehrgeizig, dass ich bei so einer Entwicklung, wie wir sie hatten, dagegen halten will. Die letzte Saison hat mich extrem gefuchst, ich war sehr selbstkritisch und habe mich hinterfragt. Ich liege dann häufig nachts wach und frage mich: Was hast Du falsch gemacht, hast Du die falsche Aufstellung gewählt?

Was kam dabei heraus? Hast Du manchmal dem ein oder anderen Spieler öffentlich zu sehr auf die Füße getreten?

Eberhardt: Nein, denn intern wurde das zehnmal besprochen. Manche haben es nach dem fünften Mal kapiert, andere nach dem zehnten immer noch nicht. Da musste man andere Wege wählen, damit es jeder kapiert, dass der, der da vorne steht, es ernst meint. Durch den Egoismus vieler Spieler wären wir fast abgestiegen.

Der Nichtabstieg muss dann eine große Genugtuung gewesen sein.

Eberhardt: Man musste ja ganz viel Scheißdreck lesen, bis zu dem Tag, auf den ich immer gehofft habe. Mir war klar, wenn das wirklich so klappt, wie die alle kotzen würden.

Es gab nach dem vermeintlichen Abstieg den ein oder anderen benachbarten Verein, der mit Spott nicht gespart hat...

Eberhardt: Genau. Ich kann gar nicht wiedergeben, wie geil ich mich gefühlt habe, dass wir es gewissen Leuten gezeigt haben, die sich in Portalen und Zeitungen geäußert oder auf Festen „Absteiger“ gegrölt haben. Ich bin beim Fußball sehr emotional dabei, meistens zu sehr. Es war eine große innerliche Befriedigung. Deshalb habe ich damals auch um Zeit für mich gebeten.

Bist Du auch ein Stück weit in die innere Immigration gegangen, um Dir nicht den Mund zu verbrennen?

Eberhardt: Auch, ja. Ein inneres Gefühl hat mir gesagt: Halt erst mal Abstand. Ich bin zwar erst 33, aber sicher einer der erfolgreichsten, wenn nicht der erfolgreichste Trainer hier in der Gegend im Amateurfußball. Wenn ich damals etwas gesagt hätte, hätte es mir, dem Verein und auch den Spielern, die es betroffen hätte, nicht gut getan. Aber ich bleibe dabei: Hätte jeder Spieler das gespielt, was er kann, hätten wir eine überragende Saison gespielt. Es hat einfach nicht gepasst, weil die Spieler mehr auf sich selbst geachtet haben als auf die Mannschaft. Das Thema, das ich normalerweise gar nicht ansprechen will: Angeblich wusste jeder Spieler, was der andere verdient, was aber dann gar nicht gestimmt hat. So haben sie sich gegenseitig hochgeschaukelt. Die hocken da und saufen eins. Beim ersten Bier halten sie noch das Maul, beim zweiten und dritten auch, dann kommt Jacky Cola dazu, und auf einmal reden sie über Geld. Ich habe gelernt: Über Geld spricht man nicht. Aber was dadurch für Unstimmigkeiten reingekommen sind, das ist Wahnsinn.

Es gab auch viel öffentliche Kritik von Spielerseite.

Eberhardt: Bei mir gibt es einen Kodex. Wer von den Jungs hat denn was Negatives über mich gesagt? Keiner außer einem. Über diese Jungs würde ich auch nichts Negatives sagen, egal was hier passiert ist. Aber um auf diesen einen anderen zu kommen, der im dreistelligen Bereich Oberligaspiele hat (Dennis Kirn, d.Red.) und der ja laut Interview lauter super Trainer hatte, bei denen er angeblich überall was gelernt hat. Da frage ich mich: Warum hat er es denn nicht gezeigt? Er war oft mit Schuld daran, dass wir in Rückstand geraten sind, auch bei dem Spiel, wo er den Abgang gemacht hat. Er ist zwei Spiele hintereinander vom Platz geflogen. Wo ich den Scheißdreck gelesen habe, den er erzählt hat, habe ich gedacht: So was macht man nicht. Die Jungs wussten, wie ich bin. An den Kodex hat sich jeder gehalten, bis auf Dennis Kirn. Menschlich kann ich den auch super leiden, ich würde mit ihm auch einen saufen. Da ist er sicher auch besser als ich.

Vorih: Und er hat vergessen zu sagen, wie er zu uns gekommen ist. Wir sind nicht hinter ihm her gejagt, sondern er hinter uns. Und vor einem Jahr in Gonsenheim hat er zum Abschied dasselbe Interview gegeben. Zwei Tage, bevor er seinen Abgang gemacht hat, kam er noch an und hat Geld abkassiert.

Jetzt, nach dem sehr späten Klassenerhalt: Thomas, wie siehst Du die Perspektiven in der neuen Saison?

Eberhardt: Nachdem ich mir in der Zeitung angeschaut hat, wer wohin wechselt, habe ich mir überlegt: Welche vier können denn hinter uns bleiben? Dann habe ich überlegt: Wer kann denn vor uns landen? Das sind deutlich mehr. Diese Liga wird brutal stark sein. So ehrgeizig ich bin: Wir müssen uns mit 15 neuen Leuten, von denen man ja viele hier auch nicht kennt, erst einmal finden.

Du sprichst es an: In den vergangenen Jahren war bekannt, dass die Fortuna sich bei der Crème de la Crème des hiesigen Amateurfußballs bedient. Jetzt habt Ihr lauter Neue, die kaum jemand kennt...

Eberhardt: Man muss ja aus Fehlern lernen. Es hat nicht gut getan, 20 Top-Elf-Spieler im Kader zu haben, weil es einfach nur Stress gemacht hat. Von den Namen her hatten wir letztes Jahr mit Sicherheit die stärkste Truppe, die Fortuna Mombach jemals hatte. Aber wir haben es nicht hinbekommen, eine Mannschaft zu werden. Da ziehe ich mir ganz klar den Schuh an. Ich arbeite ehrlich, arbeite hart, mir muss keiner Honig ums Maul schmieren. Aber das erwarte ich dann eben auch von den Spielern.

Du hast mit Deiner Art aber einen gewissen Spieler-Verschleiß, das kann man nicht leugnen.

Eberhardt: Man muss aber auch sehen: Sowohl Bodenheim, als auch Fortuna Mombach waren, als ich sie übernommen habe, knapp vor dem Abstieg aus der Landesliga, und ich habe sie in die Verbandsliga geführt. Vor mir waren auch etliche gute Trainer da, die das nicht geschafft haben. Da kann man sich doch fragen, warum. Die Spieler verlangen ja immer nach anderen guten Spielern, aber wenn sie sich dann dem Konkurrenzkampf stellen sollen, sind sie beleidigt.

Apropos beleidigt: Deine Aussage, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt im Kader nicht, hat einigen übel aufgestoßen.

Eberhardt: Dann sollen sie das mal richtig kapieren. Es geht dabei ja nicht nur ums Geld. Ich habe den Spielern gesagt: Schaut euch an, was hier geboten wird. Wir haben einen Physiotherapeuten bei jedem Training, sie bekommen die Trainingsklamotten gestellt und gewaschen...

Warum das denn?

Eberhardt: Weil ich das geil finde. Es ist nix anderes als bei den Profis. Die kommen mit dem Kulturbeutel und fertig.

Vorih: Sie können zwischen Shirt, Pulli und Hosen in unterschiedlichen Größen wählen, Ausgehsachen gibt es auch. Das wird oft gar nicht beachtet, denn es kostet Geld und viel Zeit. Wenn Du dann ein Danke bekommst, hat sich der Aufwand gelohnt. Aber wenn jemand das selbstverständlich nimmt, ist das traurig.

Eberhardt: Mir ging es nicht nur um das Geld, sondern das ganze Drumherum. Ich, Daniel Kittl, Mirko, unser Betreuer Uwe Köth, wir sind immer da. So wie bei uns, das hat niemand. Das Einzige, was ich dafür will, ist Leistung. Wenn das nur ausgenutzt wird und ich dann sage, dass mir das nicht passt, finde ich das in Ordnung. Du wirst keinen Trainer finden, der mehr an Zeit investiert als ich. Es ist einfach ein enormer Aufwand, auch so einen Kader zu planen. Dann sagen Spieler Dir erst, dass sie bleiben, und auf einmal heißt es: Ich gehe. Und andere Spieler kommen nicht, weil irgendjemand Scheiße über Dich erzählt. Da musst Du als Trainer auch Mensch bleiben dürfen. Der Einzige, der von vornherein ehrlich war, war Igor Heizmann. Hut ab, der Kerl hat Anstand. Und Ivan Idzan auch. Er hat eine eigene Firma, ich verstehe ihn. Preis-Leistung, das ist auch das Geld, aber nur zu einem Drittel oder einem Viertel.

Welches Ziel gebt Ihr für die neue Saison aus?

Vorih: Wir wollen unsere Punkte holen, damit wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Wir schauen von Sonntag zu Sonntag und sammeln unsere Punkte wie die Eichhörnchen.

Eberhardt: Es gibt dieses Mal kein Ziel von uns als Verein oder von mir. Dafür ist es nach dem Umbruch einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Es wäre vermessen zu sagen, wir wollen jetzt einen einstelligen Tabellenplatz. Es sind viele Spieler mit Potenzial da, die wir nicht verheizen wollen. Wir gucken von Spiel zu Spiel und probieren, jedes mal zu punkten. Eins ist aber klar: Wir haben alles richtig gemacht seit dem Winter, und obwohl Schott und Gonsenheim in der Oberliga spielen, reden alle nur über Fortuna Mombach.

INFORMATION

  • Am Sonntag, 15.30 Uhr, startet Fortuna Mombach bei der SG Rieschweiler in die Saison. Als Abgang steht Stürmer Lukasz Beyl fest, der sich zurück in seine polnische Heimat verabschiedet hat.
  • Die Fupa-Prognose: Der mit neun abgewanderten Hochkarätern und insgesamt 15 Neuzugängen komplett entkernte Kader muss sich erst finden. Mit Spielern wie Ex-Profi Stefan Kühne, den George-Brüdern, Benjamin Vladic und Imanol Chiappa Gutierrez ist einiges an Qualität und Potenzial dazu gekommen, doch die Fortuna bleibt eine Wundertüte. Anders als in der vergangenen Saison, ist jedem klar, dass es erst einmal gegen den Abstieg geht. Den zu vermeiden wird kein Selbstläufer.
Aufrufe: 031.7.2015, 06:30 Uhr
Torben SchröderAutor