2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Verband knebelt die Vereine

Erstmals Zulassungsverfahren für Bayern- und Landesligisten / Kritik am Vorgehen des BFV

Der Bayerische Fußballverband (BFV) geht neue Wege: Für die kommende Saison hat er ein Zulassungsverfahren für die Bayern- und Landesligen eingeführt. Bis zum 30. April müssen die Vereine die Unterlagen unterschrieben zurückschicken, sonst gibt es keine Lizenz. Mit ihrer Zustimmung übernehmen die Vereine auch Pflichten. Und das sorgt für Zündstoff. Hauptkritikpunkt: Der BFV handelt nur zu seinem Vorteil.
„Dieses Lizenzierungsverfahren ist der blanke Hohn“, sagt Martin Scholti. „Mit Amateurfußball hat das nur noch wenig zu tun.“ Der Vorsitzende des Landesligisten BSC Bayreuth-Saas kann die Reglementierungswut des Verbands nicht nachvollziehen. So müssen die Vereine unter anderem einer Medienvereinbarung und einer Regelung zur Ausübung des Hausrechts zustimmen sowie einen Medienverantwortlichen und einen Live-Tickerer stellen. Alles unter der Vorgabe, den „nächsten Schritt in der Entwicklung und Qualitätsverbesserung unseres Amateurfußballs in Bayern“zu machen. So steht es im Anschreiben an die Vereine.

„Fußball ist ein Wirtschaftsfaktor, und es ist auch in Ordnung, Geld verdienen zu wollen“, sagt Scholti. „Aber der BFV melkt die falsche Kuh. Er sollte eigentlich die Vereine unterstützten, stattdessen werden ihnen immer mehr Pflichten auferlegt, um den Reichtum des Verbands zu fördern.“ Der BSC-Vorsitzende glaubt, dass die Verbandsspitze die Realitäten an der Basis verkennt. Viele Vereine hätten Probleme, Ehrenamtliche zu finden, die Aufgaben rund um den Spieltag erfüllen. Wenn dann noch mehrere Helfer für Aufgaben abgestellt werden müssen, die vom Verband vorgegeben werden, komme ein kleinerer Verein an seine Grenzen. „Diese Ehrenamtlichen fehlen uns dann an der Kasse, am Bratwurststand, beim Getränkeverkauf – also da, wo wir Geld für den Verein einnehmen können“, erklärt Scholti. „Man kann einem Amateurverein keine Profistrukturen überstülpen.“

Ähnlich argumentiert Gerald Weinrich. „Es ist schon grenzwertig, wenn bei einem Heimspiel gegen den SC Eltersdorf von 120 Zuschauern 20 mit irgendwelchen Aufgaben beschäftigt sind“, sagt der Vorsitzende des Bayernligisten TSV Neudrossenfeld. „Die Vereine müssen immer mehr leisten, ohne davon merklich zu profitieren. Für den Verband ist es eben bequemer, die Vereine in die Pflicht zu nehmen und von oben herab zu regieren.“ Belegen lässt sich das durch die Formulierungen der Lizenzunterlagen: Der Befehlston lässt keine eigenen Entscheidungen der Vereine zu. „Das ist eine Gängelung und vor allem eine stückweite Entmündigung der Vereine“, gibt Weinrich zu bedenken.

Viele der neuen Pflichten beziehen sich auf den Internetauftritt des BFV. Hierfür müssen die Vereine Inhalte wie Porträtfotos, Mannschaftsbilder oder Liveticker liefern, die Grafiken und Links (Widgets) des Verbands müssen auf die Vereinsseite eingebunden werden. Der Sinn dieser Maßnahme ist Scholti klar: „Der BFV will seine eigene Homepage voranbringen, denn auch im Internet lässt sich Geld verdienen.“ Warum aber die Vereine gezwungen werden, Inhalte zu liefern, kann der Bayreuther nicht nachvollziehen.

Dagegen hält Günter Bauer die Förderung der BFV-Homepage für richtig. „Hier finde ich Informationen zum Spielbetrieb von maßgeblicher Seite“, sagt der Vorsitzende des Landesligisten ASV Pegnitz. „Deswegen ist es doch super, wenn ich hier möglichst viele Infos finde.“ Andere Fußball-Portale wie fupa.net nutzt er dann als Ergänzung. „Eine gute BFV-Homepage und andere Fußballseiten müssen sich ja nicht ausschließen, sondern können ergänzend wirken.“ Viele der Paragrafen des Zulassungsverfahrens sind deshalb für Bauer sinnvoll. Ein Problem hat er allerdings mit der Passage über Videobeiträge. Mit Unterschrift der Zulassungsunterlagen erkennt der Verein an, dass das Recht über Fernseh-, Video-, Rundfunk- und Audioübertragungen beim Verband liege. Der BFV erteilt dann zu seinen Bedingungen Akkreditierungen für Videoteams. Die Vereine sind ebenso verpflichtet, Teams ohne entsprechende BFV-Genehmigung den Zutritt zum Sportgelände zu verweigern. Die Vereine müssen also ihr Hausrecht im Sinn des Verbands ausüben. „Den Vereinen werden hier Bestimmungen diktiert“, sagt Bauer. „Aber diese Methoden kennt man ja aus dem Fußball. Ich sage nur Fifa. Diese Zulassungspassage unterschreibe ich nur widerwillig.“ Bei Bauers letztem Satz klingt schon ein Punkt an, den er mit Scholti und Weinrich gemeinsam hat. Alle drei Vorsitzenden werden den Zulassungsbedingungen zustimmen.

„Wir haben ja keine Wahl“, sagt Weinrich. „Entweder unterschreiben oder nicht am Spielbetrieb teilnehmen.“ Man könne zwar die Missstände ansprechen, aber es mache keinen Sinn sich länger darüber aufzuregen. „Ich ärgere mich ja auch nicht darüber, dass es nachts dunkel wird“, sagt Weinrich. „Ich weiß nämlich, dass ich das nicht ändern kann.“ Auch Martin Scholti akzeptiert, dass der Verband am längeren Hebel sitzt, aber: „Diese Umstände verderben mir den Spaß an der ehrenamtlichen Vereinsarbeit. Wir verwalten uns zu Tode.“

Das sagt der bayerische Fussballverband

Der Bayerische Fußballverband (BFV) sieht im neuen Lizenzverfahren den logischen Schritt zur Weiterentwicklung des Amateurfußballs auf Verbandsebene. „In den Zulassungsunterlagen für die Bayern- und Landesligen sind vorrangig Kriterien schriftlich fixiert, die sich schon in den vergangenen Jahren als sinnvoll erwiesen haben und von nahezu allen Vereinen bereits erfüllt sind oder ohne großen Aufwand erfüllt werden können“, sagt BFV-Pressesprecher Thomas Müther. „Mit dem Zulassungsverfahren schaffen wir lediglich Verbindlichkeit, die für einen reibungslosen Spielbetrieb auf Verbandsebene nötig ist.“

Es gehe nicht darum, dem Verband zuzuarbeiten, sondern gemeinsam den Amateurfußball möglichst optimal darzustellen. Das sei auch im Sinn und Interesse der Vereine. So bedienen die Vereine zum Beispiel den Live-Ticker nicht für den BFV, sondern sie erkennen „in überragender Mehrheit“ die Vorteile für sich selbst. Zudem ist es nach Aussagen Müthers nicht das Ziel, Mitbewerber im Onlinebereich auszuschalten: „Der BFV will kein Monopol in der Amateurfußball-Berichterstattung. Im Gegenteil: Je mehr über Amateurfußball in Bayern berichtet wird, umso besser.“

So verfolge der Verband zum Beispiel bei der Video-Berichterstattung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen. Er investiere in Video-Berichterstattung im Sinne und zum Vorteil der Vereine. Der Verband tue das, weil es für die nachhaltige Imagepflege des Amateurfußballs sehr förderlich ist. „Verlagshäuser oder Portale können völlig unentgeltlich filmen sowie ihren Beitrag ohne Sperrfrist direkt bei sich veröffentlichen, wenn sie dem Verband das Bildmaterial für das BFV-Videoportal zur Verfügung stellen“, sagt Müther. „Alternativ zur Bereitstellung des Berichts können sie das Videorecht gegen Entgelt erwerben, das dann vom BFV zu 90 Prozent an die Vereine verteilt wird.“

Zudem erklärt Müther, dass alle Einnahmen des BFV aus Sponsoring, Werbung und Vermarktung des Amateurfußballs dazu bei tragen, dass der BFV den Vereinen weiterhin zahlreiche Angebote machen und Leistungen erbringen kann – ohne sie finanziell stärker zu belasten. So investiere der Verband zum Beispiel in seine zahlreichen Informationsangebote und Online-Services, umfangreiche Schulungsmaßnahmen und attraktive Wettbewerbe. „Die Vereine tragen aktuell nicht einmal ein Drittel der Kosten, die sie beim Verband auslösen“, verdeutlicht Müther. Sollte ein Verein Schwierigkeiten mit dem Zulassungsverfahren haben, leiste der BFV in persönlichen Gesprächen Aufklärungsarbeit. Gemeinsam soll nach Lösungen gesucht werden.

Außerdem machte Müther klar, dass das Lizenzierungssystem nur für Regional, Bayern- und Landesligen gilt. Eine Ausweitung auf die Bezirksligen und auf Kreisebene ist nicht geplant.


Aufrufe: 019.4.2015, 15:27 Uhr
Torsten Ernstberger / NKAutor