2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
Voller Einsatz für Germania Windeck: Jan-Frederick Göhsl (rechts) Foto: Bröhl
Voller Einsatz für Germania Windeck: Jan-Frederick Göhsl (rechts) Foto: Bröhl

"Uns darf man nicht abschreiben"

Der Windecker Kapitän Jan-Frederick Göhsl über die Chancen im Abstiegskampf und das Derby gegen Siegburg 04

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Jan-Frederick Göhsl (23) trat im September sein Masterstudium in London an und pendelt seitdem zwischen der englischen Hauptstadt und Dattenfeld, wo er den Fußball-Mittelrheinligisten Germania Windeck zum Klassenerhalt führen soll. Tim Miebach hat vor dem Derby am Sonntag (14.30 Uhr) gegen Siegburg 04 mit dem Kapitän gesprochen.

Herr Göhsl, für Germania Windeck scheint Ihnen kein Weg zu weit zu sein. Auch für das Derby gegen Siegburg fliegen Sie extra wieder aus London ein – Stress oder willkommene Abwechslung vom Jura-Studium?

Ich freue mich jedes Mal, die Jungs am Freitag im Training wiederzusehen. Als Kapitän versuche ich, Verantwortung vorzuleben und so gut es geht zu helfen.

Sie zahlen Ihre Flugtickets sogar größtenteils selbst.

Auch als Amateurfußballer darf man eben nicht immer nur nehmen. Ich fühle mich in Windeck sehr wohl und will dem Verein so auch etwas zurückgeben.

Was zeichnet den Klub aus?

Die Glanzzeiten sind vorbei, dafür ist man heute ein Klub mit familiärem Flair. Unser Vorsitzender „Schocki“ Willmeroth und Trainer Marcus Voike leben diesen Verein. Was das Wichtigste ist: Wenn sie ein Versprechen geben, stehen sie auch dazu. Das habe ich schon anders erlebt.

Wo?

Ich habe Alemannia Aachen meinen einzigen Drittliga-Einsatz zu verdanken. Aber man hat mir damals auch Steine in den Weg gelegt, als ich wechseln wollte. Von dem Zeitpunkt an habe ich aufgehört, vom Profi-Fußball zu träumen und mich für eine akademische Laufbahn entschieden.

In diesem Sommer haben Sie ein Angebot aus der Regionalliga abgelehnt – warum?

Ich habe zwei Stunden überlegt, aber dann stand fest: Ich bleibe! Hier lassen sich mein Studium in London und Fußball am besten vereinbaren. Sollte ich Windeck eines Tages verlassen, hänge ich meine Schuhe ganz an den Nagel.

Wie halten Sie sich in London fit?

Bei einer College-Mannschaft. Ich bin ja auch kein Kind von Traurigkeit, aber von der harten Gangart dort war selbst ich überrascht.

Weniger überrascht dürften Sie von der Tatsache sein, dass Ihnen auch in Ihrer vierten Saison für Windeck ein langer Überlebenskampf bevorsteht.

Neu ist diesmal nur, dass wir das Feld von hinten aufrollen müssen. Acht Punkte Rückstand auf das rettende Ufer sind eine große Hypothek.

Eine zu große?

Uns darf man nicht abschreiben. Die Liga ist aber stärker denn je – das liegt vor allem an den ambitionierten Aufsteigern wie Siegburg.

Was macht Ihnen Mut?

Wir waren in keinem Spiel hoffnungslos unterlegen. In den entscheidenden Momenten haben uns einfach Qualität und auch das nötige Quäntchen Glück gefehlt.

Wie oft mussten Sie zuletzt an Patrick Siebert denken?

Es tat weh, einen Torjäger wie ihn zu verlieren. Aber auch ohne ihn haben wir das Zeug zum Klassenerhalt. Das A und O ist, als Kollektiv aufzutreten und immer alles zu geben.

Letzteres haben David Jakobs und Castello de Sousa Barroso offenbar nicht beherzigt. Sie wurden von Marcus Voike aus dem Kader gestrichen.

Er fährt eine klare Linie, die ich zu einhundert Prozent teile. Wir sitzen alle in einem Boot und wenn jemand nicht mitzieht, muss er von Bord. Unpünktlichkeit und Nullachtfünfzehn-Einstellung werden nicht toleriert. Gerade als junger Spieler sollte man dankbar dafür sein, in der Fünften Liga auflaufen zu dürfen.

Eigengewächse wie Adrian Müller haben ihre Chance indes genutzt.

Er hat eine wahnsinnig tolle Entwicklung genommen – das gilt aber auch für Linus Zakrzewski oder Jan-Luca Hillmann. Für den Verein ist es wichtig, Talente hervorzubringen, denn wir können nicht ewig jedes Jahr 15 Spieler austauschen.

Was kann eine solch junge Mannschaft gegen einen Rivalen wie Siegburg ausrichten?

Vor Siegburg muss man den Hut ziehen. Sie machen uns vor, wie es geht: Kompakt stehen und wenige Gegentore kassieren. Wir sind dennoch nicht chancenlos.

Wie lautet Ihr Tipp?

Im August 2015 haben wir im Kreispokal auswärts mit 3:2 nach Verlängerung gewonnen. Einen Sieg traue ich uns auch diesmal zu. Dann könnte ich am Montag um 6.45 Uhr mit einem guten Gefühl in den Flieger steigen.

Zur Person:

Jan-Frederick Göhsl (23) wechselte als C-Junior von seinem Heimatverein FV Wiehl zu Bayer 04 Leverkusen. Anschließend spielte er für die SF Troisdorf 05 in der B-Junioren-Bundesliga, ehe er zu Alemannia Aachen wechselte. Dort lief er 46 Mal in der Nachwuchs-Bundesliga auf und kam sogar zu einem Drittligaeinsatz. Es folgten eine viermonatige Pause und im Januar 2014 der Wechsel zu Germania Windeck. Der angehende Jurist trat Mitte September sein Masterstudium am University College London an.

Aufrufe: 025.11.2016, 07:30 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Tim MiebachAutor