Unbekannte Wahlheimat

Sonne tankt das schmucke Erbacher Donauwinkel-Stadion seit Wochen satt. Abgesehen von einigen überdachten Reihen auf der Tribüne findet der Schatten keine Ansätze für eine sesshafte Bleibe. Erst recht nicht auf dem Platz, der jetzt für sieben Wochen den Spatzen als Wahlheimat dient. Weil der neu verlegte Rasen im Ulmer Donaustadion noch ausgiebiger Schonung bedarf, versucht der SSV 1846 seine ersten vier Hausaufgaben in Erbach zu lösen. Los geht’s am Samstag, wenn der interessante Talentschuppen des SV Sandhausen um 15.30 Uhr erscheint (Liveticker auf swp.de).

Dann wird Schiedsrichter Johannes Steck aus Nürtingen das bedeutendste Spiel im Donauwinkel-Stadion seit 22 Jahren anpfeifen. Damals, am 26. Juni 1993, hatten die Erbacher im Rahmen ihrer Sportwoche zur offiziellen Eröffnung der Arena die Stuttgarter Kickers zu Gast. Durch Treffer von Dimitrios Moutas und Fredi Bobic behauptete sich der Neu-Bundesligist mit 2:0.

Wenn sich die Spatzen im Donauwinkel einnisten, können maximal 2000 Zuschauer Augenzeugen dieser Premiere sein. So viele werden es mitten in den Sommerferien direkt neben dem Badesee wohl nicht werden - wenngleich die Vorzeichen stimmen. Sowohl die Ulmer (1:0 beim SV Oberachern) als auch die U 23 aus der Kurpfalz sind erfolgreich in die neue Saison gestartet. Wobei sich die Sandhäuser mit einem 8:0-Paukenschlag über Germania Friedrichstal in den höheren Gefilden angesiedelt haben. "Es hat mir imponiert, wie die junge Mannschaft aufgetreten ist", sagt Stephan Baierl schulterklopfend.

Laufstärke und individuelle Fähigkeiten gleichermaßen haben den Trainer der Spatzen beim Kantersieg der Zweitliga-Reserve beeindruckt. "Das 8:0 war ein Fingerzeig mit Aussagekraft. Jetzt laufen meine Spieler wenigstens keine Gefahr, den Gegner zu unterschätzen", betont Stephan Baierl.

Dem Coach passt es deshalb nicht in den Kram, dass er vor diesem Kräftemessen lediglich einmal in Erbach trainieren kann - nämlich am Freitag. Ursprünglich sollte der SSV 46 schon am Donnerstag die Übungseinheit in der vorübergehenden Wahlheimat absolvieren. Aber am Morgen kam per Telefon eine Absage. Baierl: "Weil das Stadion wegen einer Ferien-Freizeit belegt war. Schade - denn mindestens zwei Trainingseinheiten wären zur Eingewöhnung wichtig gewesen."

Neben dem Duell bestreiten die Ulmer noch drei weitere Heimspiele in Erbach - am 26. August gegen den Kehler FV, am 5. September gegen SGV Freiberg und am 3. Oktober gegen die TSG Balingen. Im vertrauten Donaustadion rollt der Ball erstmals am 7. und 10. Oktober wieder - ohne den SSV 46. Dann werden zwei U-20-Länderspiele angepfiffen: Deutschland gegen Türkei und Türkei gegen England. Die Spatzen dürfen den neuen Belag erstmals am 24. Oktober gegen den Karlsruher SC II testen. Nach dann 160 Tagen Abstinenz.

Zunächst müssen sie also ohne Insider-Wissen versuchen, die Senkrechtstarter aus Sandhausen zu bändigen. Neun von elf Positionen für die Startelf hat Baierl vergeben. Einer der beiden vakanten Plätze hängt mit der Gesundheit von Alper Bagceci zusammen. Den Rückkehrer aus Heidenheim plagen Oberschenkel-Probleme, die ihn beim 5:2 am Dienstag im WFV-Pokal in Waldstetten in die Zuschauerrolle auf der Bank drängten. Wenn’s irgendwie geht, spielt Bagceci - wenn nicht, dürfen Olcay Kücük und Marco Hahn hoffen. Hinten links tendiert der Trainer weiter zum jungen Kai Wagner, der Benny Sturm in Oberachern verdrängt hatte.