2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
Mit einem gemeinsamen Essen nach dem Pokalspiel gehen beide Mannschaften mit gutem Beispiel voran. Foto: Mehmet Dedeoglu
Mit einem gemeinsamen Essen nach dem Pokalspiel gehen beide Mannschaften mit gutem Beispiel voran. Foto: Mehmet Dedeoglu

Türkyurt und Makkabi setzen Zeichen gegen Gewalt

Nach dem Pokalspiel zwischen Türkyurt und Makkabi zeigen beide Mannschaften, wie es im Fußball auch laufen kann.

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Beleidigungen, Rassismus und Gewalt sind im Amateurfußball leider keine Seltenheit. Immer wieder fliegen regelmäßig die Fäuste und es scheint dabei völlig unerheblich, in welcher Liga sich die Kicker bewegen. Neuerdings sind nicht mal die eigenen Mitspieler vor körperlicher Gewalt sicher. Dass es auch anders geht, zeigten die beiden Pokalgegner SK Türkyurt und TuS Makkabi im Anschluss an ihre Partie.

Bei der Ankunft auf dem Sportgelände rund um das in die Jahre gekommene Poststadion in Moabit schallte türkische Musik aus riesigen Lautsprechern, hunderte Familien wuselten herum und an den Imbissständen mit Sucuk-Kebab versammelten sich die Hungrigen. Nachdem ich die - gefühlt - 26. Erinnerung an die Facebookveranstaltung des Pokalspiels weggewischt hatte (danke Burak!) und ich von den Verantwortlichen freundlich empfangen wurde, ging's dann auch mit Fußball los.

Es duellierten sich die beiden frischgebackenen Aufsteiger SK Türkyurt (Landesliga) und TuS Makkabi (Berlin-Liga). Das Spiel lebte von der Spannung und energiegeladenen Zweikämpfen. Auch das Schiedsrichtergespann brauchte ein dickes Fell, da die Entscheidungen nicht immer im Sinne der Beteiligten waren. Die eine oder andere Diskussion wurde schon mal wild gestikulierend geführt.

Geprägt von gegenseitigem Respekt wollten beide Mannschaften nicht zu viel riskieren und die Häufigkeit der gefährlichen Torraumszenen kann man getrost als "gelegentlich" bezeichnen. So musste auch eine Ecke her, um den Ball das erste Mal ins Tor zu befördern. Burak Salantur - ganz im Stile eines Torjägers - fiel der Ball nach einer Flipper-Einlage vor die Füße und rums...1:0 für die Gastgeber.
In der Halbzeit wurden wir von Mehmet ("Jungs, ihr schon ganze Tag unterwegs") mit Kebab versorgt. Wir waren wirklich gerührt und mussten etwas schmunzeln, wie unser Fotograf die drei Snacks in einer Zellophantüte transportierte - vielen Dank. Übrigens wurden wir auf allen Plätzen - wir hatten schon zwei Pokalspiele in brennender Hitze hinter uns - erstklassig mit Getränken versorgt (Danke BFC Meteor und Hilalspor!).
Kurz nach Wiederanpfiff der Ausgleich. Wieder ein Standard - wieder Pingpong und am Ende köpft Steven Dei-Kwarteng das 1:1. Laut Sparta-Kenner Sebastian Schmelzer übrigens das erste Kopfballtor überhaupt in der Karriere von Kwarteng (@Steven: falls das eine große Lüge ist, beschwer dich bei Sebastian). Anschließend wieder viel Lärm um Nichts, hin und her, rauf und runter, links und rechts, Beschwerde hier, Beschwerde da, Auswechslungen und ein paar Kärtchen. Und dann...92. Minute...der Schiri hatte schon Luft zum Abpfiff geholt...Tor für Türkyurt. 2:1 für den Landesligisten. Wieder Salantur. Abwurf Keeper - langer Ball die Linie runter - Eingabe - kurze Mitnahme und ab zum Jubel. Spiel zu Ende! Türkyurt jubelte und die Makkabi-Spieler schauten sich an, als würde ihnen jemand die Relativitätstheorie auf türkisch erklären.

Jetzt aber zur eigentlichen Geschicht. Denn die hat sich erst nach dem Abpfiff abgespielt. Türkyurt lud Makkabi und die Schiedsrichter zum gemeinsamen Grillen ein. Burak Isikdaglioglu: "Wir möchten bei so vielen negativen Vorfällen im Amateurfußball auch mal ein Zeichen setzen. Wir haben uns bewusst für Makkabi (Türkiyemspor und Internationale) entschieden, da sich diese Vereine gesellschaftlichen Problemen entgegenstellen. Es war ein toller Abend und alle haben sich ausgetauscht und blieben bis lange nach dem Abpfiff. Die Aktion kam super an und wir haben Lob von vielen Seiten bekommen. Ich hoffe, dass sich einige Vereine das als Vorbild nehmen." Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Dieser kleine Bericht wird leider nicht mal annähernd so oft gelesen werden, wie Nachrichten über Schlägereien und Polizeieinsätze auf Fußballplätzen. Das sollte er aber! Denn bei allem Ehrgeiz, sollte der gesunde Menschenverstand nicht auf der Strecke bleiben. Es ist und bleibt AMATEURFUSSBALL.

Aufrufe: 013.9.2016, 11:30 Uhr
Alexander RabeAutor