2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
Die Herrschinger Helden von 1972: (stehend v.l.) Hubert Herbinger, Helmut Pestinger, Ingo Strasser, Hermann Pöltl, Dieter Harpke, Rudi Fuchs, Werner Hager, Willi Welte, (knieend v.l.) Carlo Kelch, Hans-Peter Haberkorn, Hacky Köhler, Dieter Obermeier und Franz Sterl. FOTO: EBG
Die Herrschinger Helden von 1972: (stehend v.l.) Hubert Herbinger, Helmut Pestinger, Ingo Strasser, Hermann Pöltl, Dieter Harpke, Rudi Fuchs, Werner Hager, Willi Welte, (knieend v.l.) Carlo Kelch, Hans-Peter Haberkorn, Hacky Köhler, Dieter Obermeier und Franz Sterl. FOTO: EBG

Die Himmelsstürmer aus Herrsching

In fünf Jahren viermal aufgestiegen

Es muss schon etwas ganz Besonderes passiert sein, wenn es ein kleiner Amateur-Verein aus dem Fünfseenland in eine Münchener Boulevard-Zeitung schafft. Wie vor 45 Jahren der TSV Herrsching.

Herrsching – Ende Juni 1972 lautete eine Schlagzeile in der „tz“: „Himmelsstürmer haben nur Angst vor Kloster-Bier“. Die Unterzeile verrät, was diese Himmelsstürmer geschafft hatten: „Herrschinger in fünf Jahren viermal aufgestiegen.“

Das Fußball-Wunder vom Ammersee: Unter Trainer Ernst Herrmann schaffte die Mannschaft um Kapitän Franz Sterl 1972 erstmals den Sprung in die Landesliga. Es war der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Dabei spielte der TSV 1965 noch in der C-Klasse. Doch dann ging’s steil bergauf für die „Rakete vom Ammersee“, wie der Starnberger Merkur damals schrieb. 1966 Aufstieg in die B-Klasse, 1968 Aufstieg in die A-Klasse. 1971 Bezirksliga-Aufstieg und als Neuling gleich Meister. Damit hatten auch die kühnsten Optimisten nicht gerechnet. Willi Welte, damals Spieler und heute noch immer Fußball-Chef des TSV, erinnert sich: „Der Grundstein dieses Erfolgs war die A-Jugend, die 1966 das Endspiel um die Oberbayerische Meisterschaft gegen 1860 4:6 nach Verlängerung verloren hat. Diese Mannschaft ist dann durchgestartet.“

Doch Meisterschaft hieß nicht automatisch Aufstieg. Für die vierthöchste deutsche Spielklasse mussten sich die Herrschinger erst über zwei Aufstiegsspiele gegen den SV Untermenzing qualifizieren. Es war Dramatik pur, bis der Aufstieg feststand. Erstes Spiel vor 4000 (!) Zuschauern in Unterpfaffenhofen: Die Partie endet 4:4 nach Verlängerung. Nach dem schnellen 1:0 durch Dieter Harpke lag Untermenzing dreimal vorne – auch 4:3 in der Verlängerung. In der 100. Spielminute dann der erneute Ausgleich durch Hubert Herbingers dritten Treffer.

Die entscheidende Partie vor 2500 Zuschauern in Fürstenfeldbruck, im strömenden Regen der zweite Teil eines Fußball-Krimis: Schnelles 0:1, Ausgleich durch Herbinger. 54. Minute: 2:1 durch Rudi Fuchs nach Flanke von Hermann Pöltl, der trotz gebrochenen Handgelenks spielte. Nur drei Minuten später das 2:2. Wieder Verlängerung? Nein! Carlo Kelch erlöste die Herrschinger nach einem Traumpass von Fuchs in der 90. Spielminute mit dem Treffer zum 3:2. Die „Himmelsstürmer“ im siebten Himmel, der Landesliga. „Wir haben aufgrund der besseren Tormöglichkeiten verdient gewonnen. Ich bin so froh, dass die Nervenanspannung jetzt vorbei ist“, atmete Erfolgstrainer Herrmann ganz tief durch. Und Bürgermeister Jürgen Schulz stiftete den Aufsteigern gleich mal ein Fass Bier.

Herrsching in der damals zweithöchsten Amateur-Liga und damit beste Mannschaft im Landkreis Starnberg – das war eine Sensation. Welte: „Für uns war das alles eigentlich unfassbar. Ganz Herrsching, ja der ganze Landkreis war aus dem Häuschen. Wir hatten auf dem alten Platz am See einen Zuschauerschnitt von 800.“

Drei Jahre hielt sich der TSV in der Landesliga, startete in der ersten Saison sogar mit 10:2 Punkten. Trotzden wurde in der Winterpause Trainer Herrmann entlassen. Welte: „Das war unser größter Fehler, er war der Vater des Erfolgs. Da hätten wir uns als Mannschaft dagegenstemmen müssen. Das tut mir heute noch leid.“ 1975 dann der Abstieg in die Bezirksliga. Welte: „Nach der Saison 1973/74 holte uns Starnberg Leistungsträger wie Helmut Pestinger, Fuchs und Herbinger weg. Das war der Anfang vom Ende. Diese Spieler waren einfach nicht zu ersetzen.“

Heute spielt Herrsching in der Kreisklassse Zugspitze, beendete die Saison 2016/17 auf Platz sechs.

Aufrufe: 028.6.2017, 08:28 Uhr
Starnberger Merkur: Thomas ErnstbergerAutor