2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Ralf Engelstätter hatte früher als Stuntman einen harten Job. Da musste er sich auch schon mal mit einem feuerfesten Anzug auf dem Boden wälzen.  Foto: Steve Klier
Ralf Engelstätter hatte früher als Stuntman einen harten Job. Da musste er sich auch schon mal mit einem feuerfesten Anzug auf dem Boden wälzen. Foto: Steve Klier

Ein Leben voller Action

Der neue Trainer des Kreisligisten TSV Göggingen war früher Stuntman und spielte beim „Tatort“ und bei „Soko 5113“ mit +++ Außerdem singt Ralf Engelstätter in einer irren Musik-Combo

Ralf Engelstätter ist ein „irrer Typ“. Doch das sieht man ihm nicht an. Der 50-Jährige wirkt relativ unspektakulär. Engelstätter würde durchaus auch als Beamter durchgehen, der in einem Büro dicke Ordner und Vorschriften wälzt. Doch das wäre wohl zu langweilig für ihn. Der neue Trainer des Fußball-Kreisligisten TSV Göggingen braucht zum Leben vor allem eines: Action. Angst ist dabei für ihn ein Fremdwort.

Den Beweis dazu trat der Vater zweier Söhne schon frühzeitig an. Als er Mitte der 1990er Jahre als Sozialarbeiter in einem Jugendzentrum tätig war, glaubten ihm auch seine „Kids“ nicht, dass er angstfrei durchs Leben geht. Die wollten ihn etwas ärgern und schenkten ihm einen zweiwöchigen Stuntman-Kurs in der Reese-Kaserne. „Das war brutal. Meine Knochen taten abartig weh.“

Doch Engelstätter machte eine ausgezeichnete Figur, wurde für den Film entdeckt und auch tatsächlich gebucht. Als Double für den „Tatort“, für „Soko 5113“, für den „Bullen von Tölz“ oder die Serie „Gegen den Wind“. Engelstätter rannte als lebende Fackel durchs Bild oder wurde im Tatort von rabiaten Fußball-Fans in einer Tonne zu Tode geprügelt. Als er allerdings einmal eine Nonne doubeln musste, stieß er etwas an seine Grenzen. Engelstätter lacht: „Der Regisseur hat gesagt, ich habe zwei Möglichkeiten. Entweder ich rasiere meine Beine oder ich muss zwei Paar Strumpfhosen tragen.“ Engelstätter entschied sich letztlich für die Strumpfhosen. Beim Film hat es ihm richtig gut gefallen. „Da ging es immer ganz schön zu am Set. Ich habe viele Schauspieler kennengelernt. Das war einmalig. Wie Ruth Drexel. Die spielte ja die Mama von Ottfried Fischer in ‚Der Bulle von Tölz‘ oder Ralf Bauer.“ Von Verletzungen blieb er weitestgehend verschont. „Bis auf ein Mal. Bei Soko bin ich einmal aus 18 Metern rückwärts von einem Haus gesprungen. Da ist meine Schultersehne gerissen“, erzählt Engelstätter.

Doch irgendwie wurde dann doch alles zu viel. „Meine Frau wurde schwanger und da dachte ich, komm, such dir wieder einen richtigen Job.“ Engelstätter ging wieder zurück in seinen Beruf als Sozialarbeiter. So übernahm Engelstätter, der im Augsburger Stadtteil Pfersee wohnt, die Leitung des Königsbrunner Jugendzentrums MatriX. Auch eine Arbeit, in der er aufgeht. Engelstätter hat es zu tun mit Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 27 Jahren. „Wir haben eine Werkstatt, Billard oder auch einen Kicker und machen dort viele Workshops. Ich habe es da mit Jugendlichen aus allen sozialen Schichten zu tun und das macht riesig Spaß.“ Täglich fährt er von Pfersee nach Königsbrunn mit dem Fahrrad. Engelstätter grinst: „Ich fahre aber nicht den direkten, sondern einen Umweg. Das sind 34 Kilometer jeden Tag, da komme ich dann immer ein bisschen runter.“ Runterkommen ist wichtig, schließlich hat er noch ein zeitaufwendiges Hobby – die Musik. Engelstätter spielt in der in Augsburg relativ gut bekannten Rockband „The Mannish Boys“. Eine ziemlich irre Combo. Engelstätter singt und spielt Bassgitarre. Bekannt ist die Formation auch für ihre Bühnenshows, bei denen die Mitglieder in kurzen Tigerhosen auftreten. „Wir ticken ziemlich aus auf der Bühne“, gibt Engelstätter zu. Am 1. Juli treten die „Mannish Boys“ in Erolzheim (Landkreis Biberbach) auf. Das Vorprogramm bestreitet „Helter Skelter“.

Man sollte es eigentlich nicht glauben, aber auch die Ehe von Engelstätter funktioniert. „Ob Fußball oder Musik, meine Frau Birgit begleitet mich fast immer zu den Terminen. Ihr bleibt auch nichts anderes übrig, wenn wir uns sehen wollen. Sie weiß ja, dass ich verrückt und umtriebig bin.“ Dann sind da ja noch die beiden Söhne Leon und Henry.

Henry spielt beim FC Königsbrunn in der Junioren-Landesliga. Leon spielte dort bisher auch, aber er wird nun seinem Vater zum TSV Göggingen folgen. „Bei den Spielen unserer Kinder waren wir natürlich auch immer da“, verrät Engelstätter. Der 19-jährige Leon wird jetzt auch wie einst sein Vater noch ins Filmgeschäft einsteigen. Der bekannte Regisseur Marcus H. Rosenmüller dreht in Kürze einen Film über den ehemaligen, legendären deutschen Torwart Bernd Trautmann, der nach dem 2. Weltkrieg für Manchester City spielte – und dafür hat Leon eine Rolle bekommen. Der Vater ist natürlich stolz auf seine Söhne und die auch auf ihn.

Engelstätter hat früher in der Jugend-Bayernliga für die TSG Augsburg gespielt. „Damals spielte ich noch gegen Karl-Heinz Riedle oder Ludwig Kögl, aber aufgrund vieler Verletzungen musste ich mit 19 Jahren aufhören.“ Zuletzt trainierte Engelstätter den Nachwuchs des FC Königsbrunn. Jetzt ab der kommenden Saison trainiert er mit dem TSV Göggingen erstmals eine Herrenmannschaft. Er übernimmt den Job von Josef Lindner, der zuvor die Gögginger trainiert hat. „Das war immer mein Ziel. Darum habe ich die B-Lizenz erworben. Außerdem habe ich in Göggingen früher schon die E-, C- und die D-Junioren trainiert.“

Pläne hat Engelstätter für die kommende Saison: „Mein Ziel ist es, viele A-Junioren in die Mannschaft einzubauen und ein bisschen träume ich schon vom Aufstieg in die Bezirksliga.“ Als er vom Gögginger Vorstand Karl-Heinz Fischaleck angerufen wurde, ob er beim TSV Göggingen Trainer werden will, hatte er nur kurzfristig Bedenken: „Es ist schon ein großer Unterschied, ob man eine Jugend- oder eine Männermannschaft trainiert.“ Die Bedenken sind weggewischt. Engelstätter greift auch das an. Wie immer ohne Angst und wie alles andere in seinem bisher turbulenten Leben.

Aufrufe: 028.6.2017, 07:55 Uhr
Augsburger Allgemeine / Wolfgang LangnerAutor