2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Lea Spittka wird den Abensberger Dress bald gegen ein FC Bayern-Trikot tauschen. Foto: Rengstl
Lea Spittka wird den Abensberger Dress bald gegen ein FC Bayern-Trikot tauschen. Foto: Rengstl

Abensberger Mädel (14) geht zu FC Bayern

Lea Spittka, Tochter des Judo-Olympiadritten, will als Fußballerin nach oben +++ Trotz Kreuzbandriss darf sie zum Lieblingsklub

Dieses talentierte Mädel wollte sich der FC Bayern nicht entgehen lassen. Der 1. FC Nürnberg hatte Lea Spittka bereits eine Zusage gegeben, inklusive Internatsplatz. Da traten die Münchner auf den Plan. „Wir wollen dich!“ Für die 14-jährige Fußballerin vom TSV Abensberg war es keine Frage, wohin der Weg gehen soll – zu ihrem Lieblingsverein nach München. Ab Sommer gehört Lea zu den U17-Bundesliga-Juniorinnen des FCB.

Der Name Spittka klingt vertraut. Wer nur ein wenig die Historie der Abensberger TSV-Judoka kennt, weiß ihn einzuordnen: Marko Spittka war Teil der Babonen-Truppe, die in Bundesliga und Europapokal Ende der 1990er-Jahre große Erfolge feierte. Und der Athlet aus der früheren DDR war 1996 in Atlanta Olympiadritter und ein Jahr später Vizeweltmeister. Der mittlerweile 46-jährige Dresdner ist in Abensberg heimisch geworden und arbeitet als Bundestrainer der österreichischen Judoka. Seine Tochter Lea hat mit Judo nichts am Hut. Ihr Vorbild war keineswegs der Papa, sondern ein Kumpel, den sie seit Kindesbeinen an „wie einen Bruder“ erlebt. Tobias Listl heißt der Junge. „Von Klein auf haben sich die beiden gegenseitig hoch geschaukelt: Konnte der eine Radfahren, wollte es der andere auch, konnte der eine schwimmen, wollte es der andere auch“, schildert Mama Tina Spittka die Freundschaft.


Der Papa ist „Fahrer und Berater“

Zusammen fanden sie über ihre Mütter, die in etwa zur selben Zeit ihren Nachwuchs erwarteten. „Ich hatte damals im Krankenhaus das Gefühl, es kämen nur Jungs auf die Welt. Kein Wunder, dass Lea bald auf einen Buben abfuhr“, schmunzelt die 51-Jährige. Als Tobi vor zehn Jahren beim TSV das Kicken begann, gab es für Lea auch nichts anderes. „Ich war immer verrückt nach Fußball“, sagt die 14-Jährige. Nach Judo hatte sie kein Verlangen. Der Vater wollte das nicht ändern – im Gegenteil. „Hätte sie Judo gemacht, wäre sie immer die Tochter von Marko Spittka gewesen. Im Fußball macht sie ihr Ding und ich bin glücklich, dass sie zielstrebig ihren Weg geht.“ Der Papa sieht sich als „Berater, Fahrer und Taper“. In die Wiege gelegt scheinen die sportlichen Gene. „Lea ist eine sportliche Allrounderin, auch in der Leichtathletik bringt sie gute Leistungen.“

„Ich wollte nicht zum Club, da hätte ich mir Bayern verbaut.“ Lea Spittka

Wie selbstverständlich wuchs Lea fußballerisch bei den Buben auf. „Ich weiß, dass mal jemand gesagt hat: Du spielst ja nur mit Jungs. Da habe ich erst bemerkt, dass mir das gar nicht auffällt“, sagt die Realschülerin. Beim TSV durchlief sie unter den Trainern Günther Wintersberger und Erich Baumer die verschiedenen Altersklassen. „Anfangs habe ich am Flügel gespielt, mittlerweile bin ich in der Innenverteidigung oder auf der Sechser-Position“, erklärt sie. Ab den E-Junioren zeichnete sich ab, „dass aus dem Mädel etwas werden könnte“, so die Spittkas. Eine zusätzliche Ausbildung am DFB-Standort Schierling rückte ins Blickfeld. „Stützpunktcoach Josef Brunner hat Lea immer wieder gelenkt und geführt. Ihm hat sie neben dem Verein und ihren Abensberger Trainern viel zu verdanken. Eine Entwicklung ist nur möglich, wenn das Umfeld passt“, sagt der frühere Spitzensportler Spittka.

Über ihre Leistungen im Verein und am Stützpunkt spielte sich Lea in die Regional- und die Bayernauswahl, mit der sie vor gut einem Jahr ein Trainingslager in der Türkei absolvierte. Etwa zur selben Zeit fragte der erste namhafte Verein an: der FC Ingolstadt. „Ich war dort beim Probetraining und hätte sofort wechseln können“, berichtet die junge Fußballerin. Aber DFB-Coach Brunner riet ihr, noch länger in einem Burschenteam zu bleiben. „Da lernst du in dieser Phase mehr.“


Verletzt – sagt Bayern jetzt ab?

Lea blieb gerne bei ihren Abensberger Jungs, mit denen sie in der vergangenen Saison unter Trainer Christian Rengstl in der U15-Kreisliga auflief. Im Februar 2017 überschlugen sich die Ereignisse. Der 1.FC Nürnberg meldete. „Wir sind zu einer Sichtung und unmittelbar darauf kam die Zusage, verbunden mit einem Platz im Internat“, erzählt Tina Spittka. Es war ein riesen Angebot, zumal das Internat meist nur Jungs offensteht.

Der Weg schien bereitet, aber Lea hatte Bedenken. „Wenn ich nach Nürnberg gehe, verbaue ich mir einen möglichen Wechsel zum FC Bayern“, meinte der glühende Fan der Münchner („Nur Bayern und Omschberg“). Der Rekordmeister hatte sich bis dahin aber nicht gemeldet. Stützpunkttrainer Brunner kontaktierte die U17-Juniorinnen-Trainerin Carmen Roth. Nur wenige Tage später durfte die Abensbergerin zu einem Probetraining kommen. Und überzeugte derart, dass Bayern sofort zugriff.

„Es fällt mir schwer, meine Abensberger Jungs zu verlassen.“ Lea Spittka

„Da ging für mich ein Traum in Erfüllung“, Als sie ihren TSV-Mitspielern davon berichtete, war die Reaktion ein einziges Staunen: „Was? Die Bayern?!“ Alles war auf den Weg gebracht – bis zum 13. Mai 2017: In einem Auswärtsspiel riss sich die 14-Jährige das vordere Kreuzband im linken Knie. „Ein Gegenspieler stieg auf meinem Fuß und das Knie hat sich komisch verdreht.“ Die Folgen waren klar: Operation und mindestens ein halbes Jahr Pause. „Unsere Frage war natürlich: Nimmt der FC Bayern eine verletzte Spielerin als Neuzugang auf?“, so die Familie. Es folgten viele Telefonate mit Trainerin Roth, die sich im Verein kundig machen musste, wie ein solcher Fall gehandhabt wird. „In den ersten Tagen nach der Verletzung war ich richtig niedergeschlagen“, gesteht Lea. Der Frust wich riesen Erleichterung, als die Bayern signalisierten: „Wir setzen auf dich, du darfst wechseln.“

Die guten Drähte des Papa ermöglichten eine OP beim Kniespezialisten Dr. Heinz-Jürgen Eichhorn. „Er hat mir vor genau 20 Jahren auch das Kreuzband operiert“, erinnert sich der frühere Judoka. „Ich will so schnell wie möglich fit werden, um bei Bayern angreifen zu können“, sagt Lea. Tränen verdrückte Lea Spittka bei ihrem letzten Heimspiel mit der Abensberger C-Jugend. Beim 3:2-Erfolg über den TV Schierling erzielte sie zwei Tore. Anschließend verabschiedete sie Trainer Rengstl vor der versammelten Truppe. „Wir vom TSV sind sehr stolz auf sie und darauf, dass wir wieder ein Talent entwickeln konnten“, sagt ihr Coach. Ihr Kumpel aus Kindertagen, Tobias Listl, kickt auch noch, ist wie sie aber verletzt. „Es fällt mir sehr schwer, die Jungs zu verlassen. Ich werde versuchen, immer wieder vorbei zu schauen.“


„Ich will Profi-Fußballerin werden“

Dahinter steckt auch ein konkreter Plan. Damit Lea nicht viermal in der Woche nach München fahren müssen, soll sie einmal bei den Babonen, einmal im Stützpunkt und nur zweimal in der Landeshauptstadt trainieren. Ihr Können will Lea Spittka beim FC Bayern unbedingt unter Beweis stellen. „Ich würde es gerne bis zu den Profi-Fußballerinnen und in die Nationalmannschaft schaffen“, so die 1,70 Meter große Verteidigerin.

„Wenn’s zu viel wird, bremse ich sie. Dafür bin ich da.“ Marko Spittka

Dass alle Träume rasch zu Ende sein können, macht die Verletzung deutlich. „Deshalb werden wir auf eine gute berufliche Ausbildung schauen“, sagt Papa Spittka, der eigene Charakterzüge in seiner Tochter entdeckt. „Sie ist fokussiert, selbstbewusst und geht gerne voran. Wenn’s zu viel wird, bin ich da, um sie zu bremsen“, lächelt er. Mit ihrer Zielstrebigkeit hat Lea Spittka ihren Berufswunsch klar abgesteckt: „Ich will Fußballerin werden.“

Aufrufe: 010.6.2017, 11:00 Uhr
Von Martin RutrechtAutor