Markus Vierke: Prinzipiell ist es immer etwas Besonderes gegen Weißenburg zu spielen, egal ob ich nun kommende Saison der neue Trainer bin oder nicht. Ich denke, es ist emotionsgeladen auf beiden Seiten. Meine Entscheidung, in Ornbau aufzuhören, hat dort für einige Enttäuschung gesorgt. Weißenburg steckt voll im Abstiegskampf und will unbedingt drinbleiben, was ich im Hinblick auf die kommende Saison natürlich auch gerne möchte. Das wird man auf beiden Seiten im Hinterkopf haben, ich werde aber versuchen, die Emotionen ein wenig rauszukriegen.
Ornbau ist derzeit Vierter, der TSV 1860 Viertletzter. In dieser Situation käme ihrem künftigen Verein ein Gastgeschenk in Form von drei Punkten ganz recht.
Vierke (lacht): Na ja, letztlich würde uns in Ornbau eine Niederlage auch nicht schaden, aber ich könnte mein Team gar nicht so weit beeinflussen, dass wir freiwillig in Weißenburg verlieren. Im Gegenteil: Meine Mannschaft will unbedingt gewinnen und mir damit letztlich auch signalisieren, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe. Die Punkte in Weißenburg abzuschenken, würde überhaupt nicht passen, und ich selbst werde mein Team so gut wie möglich unterstützen. Der TSV 1860 weiß noch vom Hinspiel (2:0 für Ornbau, Anmerkung der Redaktion), dass wir eine gute Mannschaft haben. In der Rückrunde sind wir allerdings extrem verletzungsgeschwächt. Für uns ist es gerade nicht einfach, wir müssen wirklich die letzten Körner herausholen.
Der SV Ornbau ist derzeit die beste Heimmannschaft der Liga, steht auswärts betrachtet aber nur im Mittelfeld und hat zuletzt auch bei einigen Abstiegskandidaten verloren. Wie erklären sie sich diese Diskrepanz?
Vierke: Seltsamerweise war es letzte Saison genau umgekehrt. Fußball ist doch irgendwie auch Psychologie. Bei uns steckt in den Köpfen, dass wir zu Hause mega-positiv ins Spiel gehen, wenig zulassen und auch über unser Leistungsvermögen hinausgehen. Auswärts dagegen gab es – auch aus personellen Gründen – immer wieder Schwierigkeiten. Dass wir in Heng und Marienstein verloren haben, lag schlichtweg an ganz katastrophalen Leistungen, die wir dort jeweils gezeigt haben.
In den vergangenen Wochen haben sie immer wieder mal selbst als Spieler eingegriffen. Ist das auch eine Option für das Spiel in Weißenburg?
Vierke: Das kann ich für mich ausschließen.
Sie haben in den vergangenen Wochen entschieden, nach nur einer Saison in Ornbau aufzuhören. Warum?
Vierke: Mir ist der zeitliche Aufwand einfach zu groß, es lässt sich mit dem Privatleben nur schwierig vereinbaren und es hätte auf Dauer keinen Sinn gemacht. Der SV Ornbau ist ein relativ kleiner Verein, da hat man als Trainer viele zusätzliche Aufgaben.
Stattdessen haben sie sich zur Rückkehr zum TSV 1860 Weißenburg entschlossen, bei dem sicherlich auch viel zu tun ist.
Vierke: Ja, das stimmt, aber der zeitliche Aufwand ist durch die Nähe schon um einiges geringer.
Was gab den Ausschlag für Weißenburg?
Vierke: Der Verein und ich haben uns wieder aufeinander zubewegt. Es hat in den vergangenen Jahren viele Gespräche gegeben und es hat sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Für mich ist es irgendwo eine Ehre, bei dem Verein zu arbeiten, in dem auch schon mein Vater viele Jahre als Spieler und Trainer aktiv war. Ich bin hier verwurzelt und sehe das Potenzial. Ich möchte dazu beitragen, dass der Name des TSV 1860 wieder mehr Gewicht bekommt und sich die Schlagzeilen wieder ins Positive kehren. Ich denke, dass mit der Trainerbesetzung Vierke und Thomas Schneider eine gute Basis in diese Richtung geschaffen wird. Außerdem würde ich gerne für Kontinuität auf dem Trainerposten sorgen, muss dafür aber auch selbst die nötige Zeit bekommen, denn es wird Rückschläge geben. Generell glaube ich, dass man als einheimischer Trainer durchaus Vorteile hat, weil man ganz andere Verknüpfungspunkte im Verein hat und vielleicht auch anders auf die Jugend schaut.
Nach der Bekanntgabe des Trainerwechsels für den kommenden Sommer kam es beim TSV 1860 zu einigen Turbulenzen. Schließlich hat Martin Bittl aufgehört und für ihn haben Christoph Jäger und Thomas Schneider übernommen. Wie haben sie das Ganze verfolgt und erlebt?
Vierke: Nach einer Trennung ist immer die eine oder andere Seite nicht begeistert. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass man respektvoll miteinander umgeht und Entscheidungen akzeptiert. So ist es letztlich auch bei mir in Ornbau. Dass sich Martin Bittl im Nachgang negativ geäußert hat, ist irgendwo normal. Der Verein hat jedoch ein Zeichen gesetzt, eine verständliche Entscheidung getroffen und aus meiner Sicht nichts viel falsch gemacht.
Sie selbst sind im Mai 2009 im Unfrieden vom TSV 1860 gegangen. Im Zuge eines sogenannten Spieleraufstands nach der Entlassung des damaligen Trainers Joachim Müller kehrten sie mit vielen anderen gestandenen TSV-Fußballern dem Verein den Rücken. Ihr Comeback darf man durchaus als Zeichen sehen, dass die Probleme von einst abgehakt sind, oder?
Vierke: Ja, das ist alles ausgestanden. Alle Unstimmigkeiten von damals sind aus dem Weg geräumt, Dinge aus der Welt geschafft. Fehler wurden auf beiden Seiten gemacht, inzwischen aber auch eingestanden und verziehen. Intern ist alles geregelt. Man hätte das damals allerdings viel besser regulieren können.
Welche Erkenntnisse ziehen sie aus den Vorkommnissen von einst für Ihre künftige Arbeit in Weißenburg?
Vierke: Wir müssen auf bessere Strukturen hinarbeiten, dass so etwas nicht mehr passieren kann. Es darf keine Parteien A und B geben, so etwas darf man durch Kompromisse gar nicht erst entstehen lassen. Wichtig ist, dass wir wieder Ruhe einkehren lassen und den schwierigen Weg nicht gegeneinander, sondern miteinander gehen.