2024-04-24T13:20:38.835Z

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Energisch: Jonas Schwabe stürmt künftig für die Mainzer C-Junioren.
Energisch: Jonas Schwabe stürmt künftig für die Mainzer C-Junioren.

Von Wieseck in die Bundesliga

TALENTE: +++ Diana Mahn wechselt in das Nachwuchsleistungszentrum der TSG Hoffenheim +++ Jonas Schwabe vom VfB 1900 Gießen zum FSV Mainz +++

giessen . Der Schritt, den die Junioren-Fußballer Diana Mahn und Jonas Schwabe in diesem Sommer wagen, ist enorm. Das elterliche Haus verlassen, wegziehen, eigenständig werden, einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Alles vollkommen normal für einen 18- oder auch 20-Jährigen. Nur, dass Mahn gerade einmal 14 Jahre alt ist und Schwabe dieses Alter erst in wenigen Tagen erreicht. Beide waren Kicker der TSG Wieseck-C-Jugend, wurden in der abgelaufenen Saison Dritter in der Verbandsliga Nord. Nun zieht beide der Traum vom Fußball-Profitum in benachbarte Bundesländer.

Im Februar klingelte im Hause Mahn das Telefon. Am Apparat war Marco Göckel, Juniorinnen-Koordinator bei Bundesligist TSG Hoffenheim. Er unterbreitete Diana und ihrer Familie ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten. Einen Platz im Nachwuchsleistungszentrum der TSG, den Besuch des Gymnasiums in Sinsheim und die Unterkunft bei Gasteltern. An der Offerte änderte auch Mahns hartnäckige Prellung nichts mehr, die sie sich bei einem DFB-Torwartlehrgang auf vereistem Borden zugezogen hatte und die Einsätze in der Rückrunde verhinderten. Denn dieHoffenheim-Scouts hatten sie schon länger auf dem Schirm. „Der Club hat nur gewartet, bis sie das entsprechende Alter erreicht hat. Dann wollte Hoffenheim sie unbedingt.“ Angebote des USV Jena und FFC Frankfurt schlug Diana aus. Wechselgedanken hatte sie aber schon länger, da sich ihr ursprünglicher Plan, noch ein Jahr bei der TSG zu kicken, zerschlug. „Die Trainer hatten ihr erklärt, dass sie wenig Einsatzzeit bekommen wird. Denn vor allem bei der Physis legen die Jungs in diesem Alter ordentlich zu“, begründet Vater Thorsten Mahn den Wechsel.

Ein reines Mädchenteam, noch dazu der Sprung in die B-Juniorinnen-Bundesliga, ist für die 14-Jährige zusätzliches Neuland. „Da hat sie gar keine Probleme mit, im Gegenteil. Von ihrem Leistungsniveau her kann sie dort spielen und freut sich darauf, akzeptiert und gefördert zu werden.“ Zudem wird sie weiterhin als Torhüterin und Feldspielerin gefördert, weshalb sie auch weiterhin sowohl Sichtungs- als auch Torwart-Stützpunkt-Lehrgänge des DFB besuchen wird.

Ganz unverbindlich machten sich die Familie vor Ort über mehrere Tage einen Eindruck vom Leistungszentrum und den Gasteltern. „Sie konnte ein paar Tage bei der Gastfamilie ‚probewohnen‘ und hat sich direkt wohlgefühlt. Die Familie wurde uns auch nicht vorgesetzt, sondern vorgeschlagen und steht in engem Kontakt mit der TSG. Auch das Gymnasium arbeitet eng mit dem Verein zusammen. Dieser achtet darauf, dass die Schule stets Vorrang hat“, so Thorsten Mahn, der sich keine Illusionen macht. „Selbst wenn es zu einer Profikarriere kommen sollte, ist es bei den Mädchen nicht so, dass sie davon dauerhaft leben können. Umso wichtiger ist eine gute schulische Ausbildung.“

Das Rundum-sorglos-Paket überzeugte Diana und ihre Eltern. „Es gibt für jede Woche einen Plan von morgens bis abends. Jeder Termin und Fahrdienst ist organisiert. Es gibt ein großes Trainerteam samt Physiotherapeuten. Die Spielerinnen profitieren zudem von der engen Zusammenarbeit mit dem Profibereich“, so Thorsten Mahn.

Wehmut verspüren vor allem Dianas vier Geschwister und die Eltern, weniger sie selbst. Die Befürchtung der Familie, dass irgendwann die Pubertät zuschlägt und der Fußball in den Hintergrund treten wird, hat sich noch nicht bestätigt. Dafür bestätigte sich ein anderer Gedanke der Familie: „Wir wussten, dass sie eines Tages den nächsten Karriere-Schritt gehen will, aber es ist dennoch nicht so einfach für uns. Für Diana aber gibt es nichts anderes. Sie will diesen Weg ganz klar weiter gehen. Deshalb stecken wir zurück und unterstützen sie.“ Zumal Hoffenheim keine Weltreise sei, wie Mahn betont. Regelmäßigen elterlichen Besuch schob die Tochter aber einen Riegel vor. Stattdessen: „Muss ich wirklich jedes Wochenende nach Hause und euch sehen?“ Vorfreude und dann doch einen Anflug pubertierenden Trotzes nimmt Mahn mit nach Sinsheim. Derzeit genießt sie aber noch einen letzten gemeinsamen Familienurlaub, bevor sie am 20. Juli in neuer Umgebung mit neuer (Gast-)Familie und neuen sportlichen Herausforderungen in einen neuen Lebensabschnitt startet.

Im Urlaub weilt derzeit auch Jonas Schwabe mit seinen Eltern und Bruder Yannick, der bei den A-Junioren des VfB 1900 Gießen spielt. Auch er hat das Profi-Ziel fest im Visier und wechselt zu einem Bundesligisten. Sein Weg führt zum FSV Mainz, wo er sich bei der U15 in der Regionalliga Südwest durchsetzen will. Vater Thomas berichtet nicht ohne Stolz: „Es war ein tolles letztes Jahr für ihn. Unter Trainer Martin Selmo gab es noch einmal einen entscheidenden Schub.“ Einsätze in Regional- und Hessenauswahl waren die Folge und so klopften irgendwann der FSV, die Eintracht und Köln an die Tür. „Wichtig war uns, dass Jonas diesen Schritt gehen möchte, dann unterstützen wir ihn auch“, so der Vater. Die Entscheidung wurde im engen Familienkreis allerdings lange diskutiert. „Er fühlte sich an der Liebigschule und im tollen Wiesecker Jahrgang wohl. Auch unser Familienzusammenhalt ist groß. Aber wir wollen ihm seinen Wunsch erfüllen und es ist ja in der Nähe.“ Statt eines Leistungszentrums samt Gasteltern sieht das Mainzer-Modell ein Internat, samt Sozialpädagogen vor, die die Junioren rund um die Uhr betreuen. Das für Familie Schwalb überzeugendste Argument hatte aber weder mit Schule noch mit Sport zu tun. „Das Leben ist nicht nur Fußball. Es ist auch wichtig, dass die Kinder Abstand vom Sportplatz gewinnen. Diese Möglichkeit gibt es in Mainz.“ Denn auch Thomas Schwalbe ist Realist. „Von 1 000 Jugendlichen packt es einer in den Profibereich. Aber sein Traum ist da.“ Und währt mindestens drei Jahre mit einem Vertrag, der jederzeit auflösbar ist, sollte das Heimweh Jonas Schwabe doch wieder zurück ins elterliche Haus ziehen.



Aufrufe: 010.7.2017, 08:00 Uhr
Tim Georg (Gießener Anzeiger)Autor