2024-05-14T11:23:26.213Z

Allgemeines
Die Bauwagen-Crew von links nach rechts: Marcel Seipp, Michael Wulff, Benjamin Christ und Christian Eibach. Foto: Bellof
Die Bauwagen-Crew von links nach rechts: Marcel Seipp, Michael Wulff, Benjamin Christ und Christian Eibach. Foto: Bellof

Transfer-Coup zu Weihnachten

KLA ALSFELD: +++ Verbandsliga-Stürmer Marcel Seipp wechselt vom FSV Braunfels zur FSG Mücke/Merlau +++ Doppelfunktion als spielender Co-Trainer +++ Bauwagen-Romantik +++

Während in den letzten Tagen des Jahres bei den meisten Vereinen das Neuigkeiten-Karussell leicht vereist still steht und sich das Geschehen maximal um die Ausrichtung von Hallenturnieren dreht, haut die FSG Mücke/Merlau personell einen raus: Schon zur Rückrunde gibt es eine prominente Verstärkung für das A-Liga Team und zwar sowohl auf als auch neben dem Platz.

Was genau sich hinter den Planungen der Merlauer verbirgt, erfährt der FuPa-Reporter erst nach einem 25-minütigen Autotrip über die A5 und ein paar ruckeligen Streckenabschnitten von Gießen bis in den Hinterhof der Gaststätte „Zur alten Mücke“. Dort findet sich ein kleiner Bauwagen, der den Vereinsmitgliedern häufig als Rückzugsort für Besprechungen oder spaßige Abende dient. Und in eben diesem Sperrholz-Paradies sitzen bei Fleischwurst und Laugenkastanien vier der sechs Männer (es fehlen Thorsten Herbst und Benjamin Schön aus dem Vorstand), die sich über den Transfercoup besonders freuen. Spielausschuss Benjamin Christ, Spielertrainer Christian Eibach, Vorstand Michael Wulff – und Verbandsligastürmer Marcel Seipp vom FSV Braunfels.

Seipp? Dem ein oder anderen Verteidiger vom Vogelsberg dürfte es eiskalt den Rücken herunterlaufen. „Marcel ist hier in der Ecke sehr bekannt, unter anderem hat er mit 67 Toren in der B-Klasse vor einigen Jahren alle Rekorde geknackt“, gibt Wulff einen ersten Einblick in das, was als Nachricht folgt. Denn tatsächlich: Seipp wird zum Januar seine Zelte in Braunfels abbrechen und gleich drei Etagen tiefer wieder bei Mücke/Merlau wieder aufschlagen.

Wie es zu diesem für die Region spektakulären Wechsel kam? Christ beginnt mit der Vorgeschichte: „Marcels Freundin arbeitet seit einigen Jahren bei uns und über sie habe ich irgendwann mitbekommen, dass er beim FSV nicht ganz so glücklich ist“, sagt der Spielausschuss und Gastronom. Wobei alle Parteien betonen, dass das Unwohlsein in Braunfels nichts mit dortigen Verantwortlichen oder Mitspielern zu tun habe. „Da gab es nichts Negatives, alle konnten meine Gedanken nachvollziehen“, bekräftigt Seipp. Vielmehr ist sein Transfer eine Kombination aus Sehnsucht nach der Heimat und außerdem Schonung des Benzintanks. Hinzu kommt nun ganz aktuell, dass der Co-Trainer der Mücke/Merlauer nach "nicht hinnehmbaren Unstimmigkeiten" (Facebook-Seite der FSG) zurückgetreten ist - ansonsten wäre Seipp erst im Sommer gekommen.

„Ich bin gebürtig aus Höckersdorf. Nach meinem Sprung von Homberg in die Verbandsliga zu Braunfels wollte ich unbedingt wieder in die Region zurück. Weil ich mich hier einfach wohl fühle, Freundin und Hund habe und an Spieltagen angesichts der Fahrten sonst der ganze Tag draufgeht“, zählt Seipp auf und fasst zusammen: „Der Zeitaufwand ist einfach enorm“. Es kommt jedoch noch ein weiterer gewichtiger Grund für den Wechsel hinzu, der die FSG doppelt glücklich macht: Seipp will nicht nur spielen, der 26-Jährige will demnächst auch die Trainer-B-Lizenz erwerben, und steht deshalb Kumpel Christian Eibach künftig nicht nur als Führungsspieler, sondern auch als Co-Trainer assistierend zur Seite. „So kann ich spielen und gleichzeitig Erfahrungen im Trainergeschäft machen“, freut sich Seipp über die Win-Win-Situation für beide Beteiligten. Denn Seipps Tore kann das junge, aber vor dem Tor noch zu inkonsequente Team gut brauchen. „Marcel spielt eine Position, die uns aktuell quasi fehlt, nämlich Mittelstürmer“, lacht Wulff.

Auf die Rückrunde blickt Seipp voller Respekt. Überheblichkeit ist dem Bayern-Fan fremd. „Unterforderung gefällt mit als Ausdruck allein schon nicht, das hat so etwas Erniedrigendes“, sagt Seipp entschieden. Von der Hand zu weisen ist die heftige Angriffs-Verstärkung jedoch auch nicht. Mit Seipp im Sturm schraubt die FSG die Vereinsziele vorsichtig nach oben. „Nimmt man die Tabelle nach dem 8. Spieltag, stehen wir auf Rang zwei. Die Basis ist toll, wir schießen nur zu wenig Tore. In der neuen Saison sollte das dann für die Top 5 reichen“, prognostiziert Eibach, der nichtsdestotrotz noch 3-4 Leute dazuholen möchte. Vorstand Wulff hört genau hin und bremst die Euphorie ein wenig aus: „Mir ist wichtig, dass wir hier von punktuellen Verstärkungen sprechen, und von Spielern aus der Region. Wie Marcel – er ist einer von uns. Klar, wenn der nächste Schritt kommt, nehmen wir das mit.“ Und vielleicht locke Seipps Verpflichtung ja sogar noch mehr Zuschauer an.

Außerdem ist da ja noch die starke Gruppenliga-Jugend, die in den Startlöchern steht und der Region momentan „auf dem Silbertablett“ (Wulff) vorspielt. Die FSG will die Jugendlichen unbedingt halten. Und zwar ohne den Geldbeutel zücken zu müssen. „Mit Transfers wie dem von Marcel zeigen wir dem Nachwuchs auch, dass hier zielorientiert und professionell gearbeitet wird“, bringt Wulff einen weiteren positiven Nebenaspekt der Vereinbarung auf den Punkt, „mit Christian und Marcel sind wir prädestiniert für gute Jugendarbeit.“ Und mittelfristig für den Aufstieg in die Kreisoberliga.

Spielertrainer Eibach freut sich bereits auf eine weitere Festigung der für einen A-Ligisten, der frisch aus einer gelösten Spielgemeinschaft (mit Weickartshain) geschlüpft ist, überraschend guten Strukturen. „Wir haben Trainergespanne für erste und zweite Mannschaft, dazu mehrere Betreuer – da sind wir brutal gut aufgestellt“, so der 29-jährige Übungsleiter, während das Laugengebäck zur Neige geht.

Und wie will der am Arbeitsgericht Gießen als Rechtspfleger berufstätige Seipp im Duo mit Eibach trainieren lassen? „Ich will ein Fußballverständnis aufbauen, es soll nicht nach dem Motto laufen ‚Losrennen und vorne hilft der liebe Gott‘“. Ursprünglich wollte Seipp („Ich habe da richtig Bock drauf“), mit voller Konzentration für den FSV die Verbandsliga-Saison zu Ende spielen. „Vielleicht schaue ich mir privat mal ein Spiel von Mücke/Merlau an, aber ansonsten werde ich bis zum Sommer völlig außen vor bleiben“, sagte er bescheiden, noch bevor klar war, dass nun doch alles schneller geht als angedacht und er schon früher im Jahr 2017 die Schuhe für Mücke/Merlau schnüren wird. Nun ist er also doch schon mittendrin. Und der Ball bestimmt auch bald.

Aufrufe: 023.12.2016, 12:00 Uhr
Dennis BellofAutor