2024-05-02T16:12:49.858Z

WM 2014
"Die Top-Ausbildung der Spieler in der Bundesliga wird sich bezahlt machen", sagt Ingelheims Trainer Jürgen Collet.    Archivfoto: hbz / Jörg Henkel
"Die Top-Ausbildung der Spieler in der Bundesliga wird sich bezahlt machen", sagt Ingelheims Trainer Jürgen Collet. Archivfoto: hbz / Jörg Henkel

Trainer einig: Deutschland erreicht das Finale

Collet, Weingärtner, Rodrigues und Reichenberger sehen Löw-Team gegen Brasilien in der Favoritenrolle

REGION. Zum vorletzten Mal ist die Einschätzung regionaler Fußballexperten gefragt. Die von der AZ im Vorfeld der WM und nach dem Viertelfinale befragten Fußballtrainer aus der Region sind sich weitgehend einig: Der bisherige Verlauf und die spezifischen Bedingungen nach dem Viertelfinale (der Ausfall von Neymar und Thiago Silva bei Brasilien und die enorme physische und psychische Belastung der Niederländer, die gegen Costa Rica über 120 Minuten und das Elfmeterschießen gehen mussten) machen Deutschland und Argentinien zu den Favoriten für die Halbfinalspiele der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien.

Jürgen Collet (Spvgg. Ingelheim), André Weingärtner (SV Alemannia Waldalgesheim) und Max Reichenberger (SV Gau-Algesheim) sehen diese zwei Teams im Endspiel. Nelson Rodrigues (Hassia Bingen) erwartet Deutschland und Holland im Finale.

„Bester Torwart der Welt“

Jürgen Collet hatte vor der WM nicht unbedingt auf der Rechnung, dass die deutsche Mannschaft unter die letzten vier kommen würde. Aber Glück im Achtelfinale und ein überragender Manuel Neuer – Collet: „der beste Torwart der Welt“ – haben der Elf von Jogi Löw in seinen Augen den Einzug in das Halbfinale beschert. In Anspielung auf das berühmte Zitat zu Maradonas irregulärem Tor gegen England bei der WM 1986 in Mexiko bewertet Collet Neuers unglaublichen Reflex in der Schlussminute des Viertelfinalspiels gegen Frankreich als „die Hand Gottes“. Der Ingelheimer Trainer ist indessen nicht überzeugt davon, dass Neymars Verletzung für Deutschland die Aufgabe leichter macht. „Bisher war das Spiel von Brasilien leicht auszurechnen, was jetzt kommt, weiß keiner“, sagt der 51-Jährige. Dennoch setzt er auf einen deutschen Sieg gegen den Gastgeber. Deutschland agiere in allen Mannschaftsteilen auf ausgeglichenem hohen Niveau. Hier mache sich die Entwicklung der vergangenen Jahre bezahlt. „Die Spieler sind top ausgebildet“, sagt Collet. Im zweiten Halbfinale sieht der Ingelheimer Coach Argentinien im Vorteil. „Holland trifft erstmals auf einen wirklich starken Gegner und wird und muss mitspielen, Argentinien hat aber die besseren Individualisten trotz eines Arjen Robben, der sich zweifellos im Zenit seiner Karriere befindet.“

„Erfahrung setzt sich durch“

„Die Angst vor der eigenen Courage“ war für Max Reichenberger die Ursache für das Ausscheiden seines Favoriten Kolumbien gegen Brasilien. Der Trainer der in die A-Klasse aufgestiegenen Sportvereinigung (SV) Gau-Algesheim hat eine im Verlauf des Turniers zunehmende Tendenz ausgemacht: „In drei von vier Viertelfinalspielen hat den Favoriten ein früher Führungstreffer gereicht, um die Partie über die Bühne zu bringen. Offensichtlich setzt sich doch die Erfahrung durch.“ Der Ex-Profi erwartet nun Argentinien und Deutschland im Finale. „Gastgeber Brasilien werde den Ausfall von Neymar nicht kompensieren können. „Sie haben in der Offensive nicht viel zu bieten“, glaubt der 66-Jährige. Viel Respekt zollt Reichenberger dem holländischen Trainer Louis van Gaal wegen dessen Auswechseltaktik. „Hut ab vor so viel Mut“, kommentiert er van Gaals Entscheidung, Sekunden vor Schluss seinen zweiten Torwart für das Elfmeterschießen einzuwechseln. „Als Trainer muss man auch mal etwas riskieren und die vorher beschlossene Linie konsequent durchziehen.“ Dennoch glaubt Reichenberger, dass für die Niederländer im Halbfinale Schluss ist. Argentinien werde sich weiter durchmogeln.

„Neuer der große Rückhalt“

André Weingärtner tippt exakt dieselben Ergebnisse wie sein Kollege aus Gau-Algesheim: Mit Blick auf Halbfinale und Finale sieht der Waldalgesheimer Trainer Deutschland auch deshalb entscheidend im Vorteil, „weil die Mannschaft mit Manuel Neuer einen Riesenrückhalt in ihren Reihen hat“. Überhaupt hätten die Torhüter im Verlauf des Turniers eine immer wichtigere Rolle gespielt. Den Ausfall von Innenvereidiger und Kapitän Thiago Silva und Superstar Neymar bewertet der SVA-Coach als „extreme Schwächung“. Das komplette Offensivspiel der Brasilianer sei auf den Ausnahmespieler des FC Barcelona zugeschnitten gewesen. „Ich weiß nicht, wie die Brasilianer dafür eine Lösung finden wollen“, sagt Weingärtner. Thiago wiederum sei nicht nur ein sehr starker Verteidiger, sondern auch ein ganz wichtiger Führungsspieler für die Seleção.

„Spieler besser schützen“

Nelson Rodrigues macht sich Sorgen um die Attraktivität des Fußballs. „Wenn ich sehe, wie manche Spieler mit ausgefahrenem Ellenbogen oder ausgestrecktem Knie auf die großen Individualisten wie Neymar, Messi, Robben oder Ronaldo draufgehen, hat das mit Fußball nicht mehr viel zu tun. Hier ist die Fifa gefragt, die Spieler besser zu schützen“, meint der Trainer von Fußballlandesligist Hassia Bingen. „Szenen wie das Foul an Neymar tun mir in der Seele weh“, sagt der 36-Jährige und wünscht sich Schiedsrichter, die dazu angehalten sind, schon sehr früh in einem Spiel deutliche Signale zu setzen, dass eine solche Spielweise nicht geduldet wird. „Vor einer Woche hätte ich noch eher auf Brasilien gesetzte“, sagt Rodrigues, aber nach dem Ausfall von Neymar sieht er die deutsche Mannschaft in der Favoritenrolle. Voll des Lobes ist Rodrigues für die sportlich Verantwortlichen des DFB: „Jogi Löw und sein Team wissen, was sie machen und werden auch für die Partie gegen Brasilien die richtige Lösung finden. Anders als seine Trainerkollegen sieht er im zweiten Halbfinale die Holländer vorne. „Sie haben die größere Anzahl an herausragenden Individualisten (Arjen Robben, Wesley Sneijder und andere). Aber Rodrigues sagt auch: Alle vier Mannschaften, die jetzt im Halbfinale stehen, hätten den Titel verdient.“

DIE TIPPS ZUM HALBFINALE
Brasilien – Deutschland (Dienstag, 22 Uhr):
André Weingärtner: 0:2, Jürgen Collet: 1:2, Max Reichenberger: 0:2, Nelson Rodrigues 1:2.
Niederlande – Argentinien (Mittwoch, 22 Uhr). André Weingärtner: 0:1, Jürgen Collet: 0:1, Max Reichenberger: 0:1, Nelson Rodrigues 1:0.

Aufrufe: 07.7.2014, 10:49 Uhr
FupaAutor