2024-04-25T14:35:39.956Z

Analyse
Nächtlicher Polizeieinsatz nach einer Massenschlägerei von Frankfurter und Darmstädter Fußballfans in der Darmstädter City am Dienstagabend: In Bessungen nahmen Beamte mehrere Personen aus der Ultra-Szene in Gewahrsam. Foto: Christian Seyfarth
Nächtlicher Polizeieinsatz nach einer Massenschlägerei von Frankfurter und Darmstädter Fußballfans in der Darmstädter City am Dienstagabend: In Bessungen nahmen Beamte mehrere Personen aus der Ultra-Szene in Gewahrsam. Foto: Christian Seyfarth

SVD - SGE: "Eines Rechtsstaats unwürdig"

Vor dem Hessenderby: Vertreter von Eintracht Frankfurt vermissen Absprache / Sperrung für Gästefans in Fürth gescheitert

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Die städtische Verfügung zum Hessenderby am Samstag, die Anhängern von Eintracht Frankfurt den Aufenthalt in Darmstadt verbietet, ist am Mittwoch von vielen Seiten kritisiert worden. Als „klar erkennbar rechtswidrig“ bewertet der Rechtsanwalt Stefan Minden die Verfügung der Stadt Darmstadt.

Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Verbotsverfügung „kann eigentlich nur Erfolg haben“, sagte am Mittwoch auf Anfrage der Frankfurter Rechtsanwalt Stefan Minden, der unter anderem auf Streitfälle rund um die Fußball-Fankultur spezialisiert ist. Minden ist zudem Vizepräsident von Eintracht Frankfurt.
Einen rechtlichen Pferdefuß des Aufenthaltsverbots für Anhänger von Eintracht Frankfurt sieht Minden vor allem in der Unbestimmtheit der städtischen Verfügung. „Der betroffene Personenkreis ist nicht konkret bestimmbar. Der Bürger muss doch wissen, ob er am Samstag in die Stadt darf. Was ist nicht zulässig: Schal, Trikot, Autoaufkleber?“

„Trotzreaktion ist denkbar“

Minden hält zudem eine Trotzreaktion gewaltbereiter Fans für denkbar. „Nach dem Motto: Ich wollte eigentlich nicht nach Darmstadt, lasse es mir aber auch nicht verbieten.“
Der Eintracht-Vizepräsident nannte es zudem „völlig absurd und in höchstem Maße fragwürdig“, dass die Verbotsverfügung ohne Absprache mit dem Gastverein aus Frankfurt erlassen worden sei.

Gerade die Politik und die Polizei forderten von den Fußballvereinen regelmäßig einen konstruktiven Dialog ein, erklärte Eintracht-Frankfurt-Vorstandsmitglied Axel Hellmann nach einer routinemäßig angesetzten Sicherheitsbesprechung am Mittwochnachmittag im Stadion am Böllenfalltor. Die Vereine würden bei den Sicherheitskonzepten in die Verantwortung genommen. „Eine derartige Maßnahme zu treffen, durch die Eintracht Frankfurt schon allein durch die Außenwirkung unmittelbar betroffen ist, ohne uns im Vorfeld mit einzubinden oder auch nur ein Meinungsbild abzufragen, ist mit diesen Forderungen unvereinbar“, kritisierte Hellmann.

Der Eintracht-Vorstand nannte die Verbotsverfügung ungeeignet, um gewaltbereite Personen von friedlichen Fans zu unterscheiden. „Sie richtet sich damit in unverhältnismäßiger Art und Weise gegen die bloße Gesinnung, mit Eintracht Frankfurt zu sympathisieren, und dies kann nach unserer Auffassung nicht Gegenstand staatlichen Handelns sein.“

Auch die Fan- und Förderabteilung von Eintracht Frankfurt sieht die Verbotsverfügung „äußerst kritisch“. Die schwerwiegenden Eingriffe in Persönlichkeitsrechte seien „eines Rechtsstaats unwürdig“.
Rüdiger Fritsch, Präsident des SV98, hat sich zurückhaltend zur Verbotsverfügung geäußert. „Außerhalb des Sportverbandsrechts gibt es keine Kollektivhaftung“, erklärte er im FuPa-Interview.

Einen Präzedenzfall für den Versuch, eine ganze Stadt für gegnerische Fans zu sperren, gibt es bereits: 2012 untersagte die Stadt Fürth vor dem Frankenderby gegen Nürnberg Anhängern des Gastvereins den Zutritt zum Stadtgebiet. Die Anordnung wurde seinerzeit angefochten und vom Verwaltungsgericht gekippt. Ein solcher „sicherheitsrechtlicher Rundumschlag“ sei unverhältnismäßig, entschieden die Richter.

Aufrufe: 028.4.2016, 15:45 Uhr
Daniel BaczykAutor