2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nur im Eishockey unterschiedlicher Meinung: Saigs Coach Ignazio Curia (links) und Vorstand Marc Winterhalter. | Foto: Matthias Konzok
Nur im Eishockey unterschiedlicher Meinung: Saigs Coach Ignazio Curia (links) und Vorstand Marc Winterhalter. | Foto: Matthias Konzok

SV Saig: Ein Umbruch als Chance

Saigs Vorstand und Trainer verbindet nicht nur der Fußball +++ Derby in Lenzkirch steht bevor

Eine schwierige Saison wurde dem SV Saig prophezeit. Vor dem großen Derby in Lenzkirch hat sich der A-Ligist aber zurechtgefunden. Vorstand Marc Winterhalter und Trainer Ignazio Curia verbindet dabei nicht nur die Leidenschaft Fußball.
Es ist noch dunkel auf dem Saiger Hartplatz. Der Schnee legt sich an diesem Abend allmählich über das Feld, bald aber wird das Training beginnen. Drinnen im Clubheim sitzen Marc Winterhalter und Ignazio Curia. "Sind ja auch drei Ligen dazwischen. Oder vier, fünf?!" sagt Trainer Curia mit verschmitztem Lächeln zu seinem Vorstand und lacht. Denn Marc Winterhalter ist Fan des EHC Freiburg, Drittligist. Curia hingegen fiebert mit den Schwenninger Wild Wings in der DEL mit. Im Eishockey könnte sie kaum mehr trennen als die Liebe zu zwei Erzrivalen. Doch zugleich verbindet sie diese Leidenschaft - und man neckt sich gerne mal.

Derzeit hat allerdings Marc Winterhalter mehr zu lachen. "Die letzten fünf Spiele...", sagt Curia und will gar nicht erst weiterreden über die Schwenninger Bilanz. Sein Vorstand dürfte hingegen ein perfektes Wochenende hinter sich haben. Zwei EHC-Siege und ein Dreier für den SV Saig. "Fast perfekt", schränkt Winterhalter sofort ein, "unsere Zweite hat verloren." Die Reserve spielt bei den Schwarz-Weißen keine untergeordnete Rolle. "Es ist alles sehr eng zusammen", betont Winterhalter. Wie auch Curia. "Ohne eine zweite Mannschaft hätten wir heute in der Ersten nicht diesen Kader", weiß der Trainer, der im Sommer aus dem Neustädter Nachwuchsbereich zum SVS gestoßen ist.

Umbruch als Chance

Denn hinter dem Klub liegt ein Umbruch, tragende Stützen sind gewechselt. Allen voran die Brüder Ali und Nico Winter. Der SV ohne seine Torgaranten? Natürlich ein schmerzlicher Verlust. Doch sei das Thema im Sommer letztlich zu sehr im Fokus gestanden. "Es wurde immer nur über die Abgänge gesprochen, aber nicht, wer geblieben oder zurückgekehrt ist", meint Winterhalter. Er und Curia sehen im Umbruch nämlich zugleich eine Chance. Andere Spieler müssen nun voranschreiten, Verantwortung übernehmen. Es habe allerdings auch seine Zeit gebraucht, bis die Spieler mit der neuen Situation klar gekommen sind, sagt Saigs Vorstand. Nun sei die Last auf mehreren Schultern verteilt. Mit Max Gutmann und Fabio Teixeria haben zwei Nachwuchsspieler den Sprung geschafft, auch Akteure aus der zweiten Mannschaft konnten profitieren. Für Winterhalter schließt sich damit der Kreis. "Unter anderen Umständen hätten wir diese Spieler gar nicht mehr", zeigt er die wichtige Bedeutung der Reserve auf.

Dreizehn Spiele hat der SV absolviert, zwölf Punkte stehen auf dem Konto. "Mit der Mannschaft und der Einstellung sind wir zufrieden", sagt Winterhalter. Die Ausbeute könnte jedoch besser sein. "Im Team steckt mehr drin", pflichtet Curia bei. Der Saiger Coach sieht stetige Fortschritte. "Die Unsicherheiten werden weniger, die Mannschaft wächst von Spiel zu Spiel." Dass kein einfaches Jahr bevorsteht, sei klar gewesen. Aber mit Ehrgeiz und vollem Einsatz werde man die nötigen Punkte holen, ist sich Curia sicher.

Beendet Saig seine Derby-Durststrecke?

Manchmal werde seine Mannschaft auch unterschätzt - das dürfte ihnen am Wochenende allerdings nicht passieren. Dann steht das Derby in Lenzkirch an. Besondere Würze erhält das Duell durch die tabellarische Situation. Punktgleich rangieren Saig und der FCL im Tabellenkeller. Dass die Curia-Truppe zuletzt den Dritten Immendingen schlagen konnte, stärkt das Saiger Selbstbewusstsein. Und natürlich sehnt sich Marc Winterhalter nach dem Ende der Durststrecke im Derby, der letzte Sieg datiert aus dem Jahr 2009, als Saig in Lenzkirch mit 3:1 triumphierte. Die drei Zähler würde Winterhalter gerne mitnehmen, doch hofft er darauf, dass am Ende keines der beiden Teams etwas mit dem Abstieg zu tun hat. Die Derbys sind zweifelsohne ein Highlight. "Auf dem Platz geht es 90 Minuten zur Sache, aber nach der Partie sitzen beide Teams, Spieler und Zuschauer, zusammen", hebt Winterhalter den fairen Charakter hervor.

Sicher verzichten muss Curia in Lenzkirch auf Manuel Meise, der weiterhin verletzt ausfällt. Zwar sei noch der ein oder andere Spieler angeschlagen. "Aber vor dem Derby sind dann wieder alle geheilt", sagt der Coach mit einem Lächeln. Auf die Einstellung lassen Curia und Winterhalter nichts kommen. Ihre Jungs stellen sich immer wieder in den Dienst der Mannschaft, keine Wege sind zu weit. "Sie kommen aus Frankfurt, dem Kinzigtal, Nürnberg, Schwäbisch Gmünd oder München", berichtet Saigs Trainer, dessen Akteure aufgrund des Studiums oder beruflich zum Teil weit verstreut sind. "Sie hängen am Verein und kommen jedes Wochenende." Selbst wenn es am Freitag nicht zum Training reichen sollte, sind sie bei den Spielen auf jeden Fall dabei. "Und danach setzen sie sich wieder ins Auto und fahren zurück", sagt Curia mit vollem Respekt. Diese gelebte Leidenschaft war für ihn mit ein Grund, die Aufgabe in Saig zu übernehmen.

Investition in die Zukunft

In wenigen Minuten geht es wieder raus auf den Platz, das Training naht. Max Gutmann ist schon da und schaut geschwind im Clubheim vorbei. "Es ist Training?", vergewissert sich der Youngster und blickt nach draußen. "Oder wohl eher Schneeballschlacht." Eine weiße Decke hat sich mittlerweile über den roten Hartplatz gelegt. Für sein Feld ist der SV Saig berühmt und berüchtigt. Mitunter ein Vorteil für den Klub, erzählt Curia. "Das ist reine Kopfsache." Manch ein Gast rollt schon die Augen, wenn er Rot statt Grün sieht. Setzt sich das im Unterbewusstsein fest, ist das nicht unbedingt förderlich. "Aber vor dem Spiel ist das ein Teppich", lobt Winterhalter. Zuhause hat Saig in dieser Saison immer überzeugt, nur zweimal knapp verloren. Mit der Neustädter Reserve und Immendingen konnten vielmehr zwei Teams aus dem oberen Drittel geschlagen werden.

Doch der Saiger Hartplatz ist nicht für die Ewigkeit. Ein Kunstrasen soll kommen. Monetär sei es bisher wohl das größte Projekt für den Verein. Ein Antrag bei der Gemeinde wird gestellt, auch beim Badischen Sportbund. Dann gilt abzuwarten, ob Zuschüsse bewilligt werden. Marc Winterhalter will auch Gespräche mit anderen Vereinen suchen, wie beispielsweise den SV Eisenbach, der kürzlich seinen neuen Kunstrasenplatz einweihen konnte. Für den SV Saig könnte das eine kleine Zeitenwende werden, wenn der legendäre Hartplatz weicht. "Die Saison 2016/17 wäre ein Ziel", so Winterhalter. Zugleich ein Schritt in die Zukunft. Nicht nur bei einem Wetter wie an diesem Abend hat ein Kunstrasen seine Vorteile. "Auch wenn man mit Spielern spricht", erläutert Curia. "Das Umfeld beim SV Saig ist super, aber die Trainingsbedingungen sind halt das andere." Zudem schreckt der Hartplatz vielleicht auch potenzielle Torhüter ab. Denn Saig hat nur einen Keeper - für beide Teams. Bei der Zweiten stehen deshalb normalerweise immer Feldspieler zwischen den Pfosten. Für die Ruckrunde wollen Winterhalter und Curia versuchen, allgemein die Spielerdecke zu verbreitern. Mit Nico Binder, der seit Mai mit einem Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzt ist, wird ohnehin ein gefühlter Neuzugang wieder zum Kader stoßen.

Die Liebe zum Eishockey

Bis zur Winterpause hat der SV Saig noch vier Spiele vor der Brust. Die fußballfreie Zeit werden Winterhalter und Curia zu nutzen wissen. Denn beide leiden unter Entzugserscheinungen. Bisher waren sie immer regelmäßig beim Eishockey. Doch die Fahrten nach Freiburg bzw. Schwenningen haben sich heuer reduziert, für den SVS entbehren sie der Jagd nach dem Puck. Curia will wieder öfters zu den Wild Wings, zudem das DEL-Winter Game in Düsseldorf besuchen. Mit seinem Coach hat Winterhalter schon abgemacht, mal gemeinsam zum EHC zu gehen. Dass der just dem Erzrivalen die Daumen drückt? "Sein Glück war, dass der Vertrag schon gemacht war, bevor ich Vorstand wurde", lacht er. Curia und Winterhalter geben ein harmonisches Gespann ab, das sich ganz und gar mit dem SV Saig identifiziert.

Nun aber muss der Coach raus. Auf den Platz. Mittlerweile ist er erhellt, eine Handvoll Spieler läuft sich warm. Am Wochenende werden wieder alle da sein und auch aus entfernten Gegenden zu ihrem SVS stoßen. Und während man Saig verlässt und nach oben blickt, da wirkt der Platz im Flutlicht wie er ist: Ehrfürchtig und legendär.
Aufrufe: 06.11.2014, 18:10 Uhr
Matthias Konzok (BZ)Autor