2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
F: Foede
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Schläge und Wortgefechte beim Spiel Bosporus - Ravensberg

Kreisliga B: Nach dem Spiel zwischen SC Bosporus und Solbad Ravensberg II kommt es zu üblen Zwischenfällen und einem Polizeieinsatz

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Längere Zeit war es ziemlich ruhig im Fußballkreis, doch der Zwischenfall, der sich am Sonntag nach dem B-Ligaspiel zwischen dem SC Bosporus und Solbad Ravensberg II ereignete, zeigt wieder einmal das hässliche Gesicht des Fußballs. Schiedsrichter Peter Pöhlker hat Strafanzeige wegen schwerer Körperverletzung erstattet:

Bosporus-Akteur Baris Yilmaz soll ihn am Hals gewürgt haben, und das so stark, dass mindestens ein Äderchen im Kehlkopfbereich platzte. Der Unparteiische erklärt, anschließend sogar Blut gespuckt zu haben. Außerdem gab Pöhlker an, in der Kabine des SC Bosporus von Trainer Abdullah Yilmaz und mehreren Spielern bedrängt und geschlagen worden zu sein. Zur Beweissicherung ließ er sich im Krankenhaus mehrere blaue Flecken und Hämatome an Brust und Armen attestieren. Was war geschehen nach einem Spiel, das Gästetrainer Robin Escher als „normalen Abstiegskampf ohne übertriebene Härten“, Schiedsrichter Pöhlker dagegen als „äußerst hektische Auseinandersetzung“ beschreibt?

Zunächst einmal verwies der Referee in der zweiten Halbzeit beide Trainer im Abstand von fünf Minuten von der Seitenlinie. „Abdullah Yilmaz und ich standen dann in der letzten Viertelstunde gemeinsam am Spielfeldrand und haben uns gefragt, warum es in einem fairen Spiel ohne größere Provokationen zu diesen Bestrafungen kommen musste“, erzählt Escher. Er habe zu diesem Zeitpunkt nicht den Eindruck gehabt, dass „Yilmaz so geladen war, dass er gleich auf den Schiedsrichter losgehen würde“.

Mit dem Abpfiff des Unparteiischen eskalierte die Situation. Pöhlker ließ sich in Wortgefechte mit Spielern des SC Bosporus, der übrigens 1:0 gewonnen hatte, verwickeln, die offenbar in wüste gegenseitige Beschimpfungen ausarteten. Außerdem sei er auch bedroht worden, gibt Pöhlker an. Daraufhin klaubte der Schiedsrichter die Rote Karte aus seiner Hosentasche, um sie Baris Yilmaz zu zeigen. Da der sich aber mittlerweile in Richtung Umkleide getrollt hatte, eilte Pöhlker hinter ihm her, um ihm in der Kabine den „roten Karton“ vor die Nase zu halten. Diese Örtlichkeit hätte der Schiedsrichter übrigens ohnehin aufsuchen müssen, da er sich aufgrund fehlender Alternativen in der Bosporus-Kabine umgezogen hatte und noch seine Tasche holen musste.

Was dann passierte – darüber gibt es höchst unterschiedliche Schilderungen. Abdullah Yilmaz hält der Darstellung von Peter Pöhlker entgegen, „dass der Schiedsrichter von niemandem geschlagen oder gewürgt worden ist“ – darauf gebe er sein Ehrenwort. Pöhlker sei vielmehr, als er von Yilmaz darauf aufmerksam gemacht wurde, dass er in der Kabine keine Rote Karte mehr zeigen dürfe, „ausgerastet“ und habe Trainer und Mannschaft auf übelstem Niveau beschimpft. „Er hat mich weggestoßen und mir mit beiden Fäusten auf die Brust geboxt. Um Schlimmeres zu verhindern, habe ich einige meiner besonnensten Spieler gebeten, ihn aus der Kabine zu geleiten“, berichtet Yilmaz. Geschlagen worden sei Pöhlker auch bei dieser Aktion nicht.

»Ich bin doch nicht lebensmüde und lege mich mit 15 Leuten an«

Der Referee erklärt dagegen, dass er sich in der Umkleide weder Tätlichkeiten noch verbale Attacken erlaubt habe: „Ich bin doch nicht lebensmüde und lege mich in einem geschlossenen Raum mit 15 Leuten an“, sagte Pöhlker. Er bleibt mithin bei seiner Version, handgreiflich angegangen und unter Drohgebärden am Verlassen der Kabine gehindert worden zu sein, wobei auch seine Brille zu Bruch gegangen sei: „Ich hatte echt Muffe!“

Dass es anschließend draußen zu verbalen Entgleisungen des Schiedsrichters kam, ist dagegen unstrittig und wird auch von ihm selbst zugegeben. „Ich war sehr aufgeregt und ja, ich habe mich dann zu Beschimpfungen hinreißen lassen“, sagt Pöhlker. Nachdem die Polizei vor Ort seine Anzeige aufgenommen hatte, ließ der Referee sich ins Krankenhaus fahren. Wie Pöhlker sich die genannten Verletzungen zugezogen hat, konnte von Seiten des SC Bosporus niemand erklären.

Das sagt der Schiedsrichterobmann dazu:

Philip Dräger, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichterausschusses Bielefeld und selbst hoch pfeifender Unparteiischer, weiß nach der Lektüre des Sonderberichts von Peter Pöhlker auch nicht so recht, was er von der Sache halten soll. „Da gibt es viele Ungereimtheiten“, sagt er. Da nur die Beteiligten wüssten, was tatsächlich in der Kabine geschehen sei, verbiete sich ein vorschnelles Urteil. „Es ist nun Sache der Strafverfolgungsbehörden und der Spruchkammer, die Dinge aufzuklären“, so Dräger weiter.

Bielefelds oberster Schiedsrichter weist aber darauf hin, dass die Eskalation womöglich hätte vermieden werden können, wenn Pöhlker sich etwas geschickter verhalten hätte. „Wir empfehlen unseren Unparteiischen, nach Spielschluss keine Rote Karte mehr zu zeigen – das schürt aus unserer Erfahrung nur die Emotionen“, sagt Dräger. Die Aktion sei auch deshalb überflüssig, weil eine dementsprechende Eintragung in den Spielberichtsbogen reiche, um die Sportgerichtsbarkeit in Gang zu setzen. Und in der Kabine „Rot“ zu zeigen, gehe gar nicht, weil die Strafgewalt des Schiedsrichters beim Verlassen des Spielfeld ende.

„Äußerst unglücklich“ sei zudem, dass Pöhlker sich in der Kabine des SC Bosporus umgezogen habe. „Unsere ständige Empfehlung ist, es unter allen Umständen zu vermeiden, sich gemeinsam mit einem der beteiligten Teams umzuziehen“, erklärt Dräger.

Aufrufe: 011.5.2017, 09:00 Uhr
Hans-Joachim KaspersAutor