Harald Nietsch: Der Held des SV Rohrau

"Das i-Tüpfelchen hat gefehlt"

Als das überaus faire Spiel zwischen dem TSV Möttlingen und dem SV Rohrau vorbei war, wurde im Waldstadion auf beiden Seiten gefeiert. Der Rohrauer Anhang bedankte sich mit stehenden Ovationen bei seiner Mannschaft, die mit dem 4:0-Sieg den anvisierten Klassenerhalt über den Umweg Relegation endgültig unter Dach und Fach hatte. Auf der anderen Seite honorierten auch die Fans des TSV Möttlingen die Saison in der Kreisliga A I samt der folgenden Relegation mit Beifallsbekundungen. Die meisten davon galten Jürgen Bofinger, der sein letztes Spiel als Fußballtrainer geleitet hatte. „Ich hatte mir natürlich einen anderen, erfolgreicheren Abschied gewünscht, aber alles in allem haben wir eine großartige Saison gespielt“, sagte Jürgen Bofinger. „Lediglich das i-Tüpfelchen hat am Ende gefehlt.“

Vier Tore sind des Guten zuviel

Dieses kleine Pünktchen über dem dritten Vokal des Alphabets setzten am Ende einer langen Saison die Rohrauer. Und das mit einem Ausrufezeichen dahinter, was Rohraus Trainer Javier Klug nach der Partie bescheiden als „fast zu viel des Guten“ einordnete. „Das Spiel hätte durchaus einen anderen Verlauf nehmen können, aber wir hatten heute den besten Spieler der Partie zwischen den Pfosten stehen.“ In der Tat avancierte Harald Nietsch zum entscheidenden Mann auf dem Rasen des Dagersheimer Waldstadions. Vor allem in der ersten halben Stunde bewahrte der SVR-Torwart sein Team vor etlichen Gegentreffern. In der dritten Minute schon fischte Harald Nietsch einen platzierten Kopfball von Christian Wohlgemuth aus dem unteren Eck.

Nietsch hält und hält

Dass die Rohrauer mit ihrem ersten guten Vorstoß in der zehnten Minute bereits in Führung gingen, gab dem Bezirksliga-Vertreter aber noch keine Sicherheit, im Gegenteil. Tobias Widmayer schnappte sich den Ball an der Mittellinie, umkurvte drei Gegenspieler und blieb auch vor Sven Ziegler eiskalt. In der Folge durfte sich der Möttlinger Schlussmann das Geschehen dann aus der Ferne anschauen. Während sich der SVR auf dem 1:0 ausruhte, drängte der Vertreter der Kreisliga A I vehement auf den Ausgleich. In der 15. Minute tauchte Wayne Reich acht Meter vor dem Rohrauer Gehäuse frei auf, dessen Schuss lenkte Harald Nietsch aber mit einer Glanzparade an die Latte.
Vier Minuten später führte ein Missverständnis zwischen Harald Nietsch und Stefan Knoß zur nächsten Möttlinger Chance. Marcel Fricker sprintete dazwischen, sein Schuss aus spitzem Winkel war aber zu schwach, so dass ihn Marvin Jonas noch vor der Torlinie ins Toraus bugsieren konnte. Zu ungenau agierte der TSV Möttlingen auch in der 32. Minute. Ein schneller Angriff über Christian Wohlgemuth erreichte Wayne Reich, der aus elf Metern in halblinker Position den Torwinkel anvisierte, aber deutlich zu hoch zielte.

Nur Tobias Widmayer kann nach vorne Akzente setzen

Von Rohrau war bis dahin wenig bis gar nichts zu sehen. Das erste Lebenszeichen sendete in der 35. Minute wieder der quirlige Tobias Widmayer. Bei seinem abgefälschten Versuch aus 20 Metern musste sich Sven Ziegler mächtig strecken, um das zweite Gegentor aus Möttlinger Sicht zu verhindern. Das fiel dann in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs. Dennis Flaiz suchte den Rückpass auf Sven Ziegler, fand aber nur Simon Müsel. Der SVR-Stürmer, der auch immer wieder nach hinten arbeitete, konnte sich den Ball im Möttlinger Strafraum noch zurechtlegen und vollendete cool zum 2:0. „Ein perfekter Zeitpunkt für das zweite Tor“, freute sich Javier Klug.
Noch mehr Grund zur Freude hatte der Rohrauer Trainer kurz nach Wiederanpfiff. SVR-Kapitän Simon Kamm schlug einen Freistoß in der 49. Minute genau auf Marvin Jonas, der das Spielgerät aus kurzer Distanz per Kopf zum 3:0 über die Linie drückte. „Mit diesem schnellen Tor war das Spiel praktisch entschieden“, sagte Jürgen Bofinger nach der Partie. Sein Team spielte zwar weiter mutig nach vorne, das gegnerische Tor blieb aber wie vernagelt. In der 53. Minute schlenzte Steffen Graze einen Freistoß an den Innenpfosten, und wieder hatte Harald Nietsch seine Fingerspitzen dran. Aus Sicht der Möttlinger war es zum Verrücktwerden.

Simon Kamm setzt den Schlusspunkt

Auch in der 69. Minute bot sich den Möttlingern nach fein vorgetragenem Angriff die Chance auf den Anschlusstreffer, der dem Spiel vielleicht hätte noch einmal eine Wende geben können. Aber sieben Meter vor dem Rohrauer Tor traf Wayne Reich den Ball nicht richtig, so dass dieser am Tor vorbeikullerte. Eine allerletzte Chance bot sich in der 75. Minute Steffen Graze, der aus dem Getümmel heraus aber anstatt des gegnerischen Gehäuses auch nur ein Rohrauer Abwehrbein traf. Letztlich blieb der Schlusspunkt Simon Kamm vorbehalten. In der 87. Minute nahm der starke Rohrauer Kapitän einen exzellenten Pass des eingewechselten A-Jugend-Spielers Mischa Heinemann auf und erzielte mit seinem schwächeren linken Fuß den 4:0-Endstand.

Der Klassenerhalt ist mehr wert als der Aufstieg

„Das Ergebnis ist definitiv zu hoch, wir waren keine vier Tore schlechter“, analysierte Jürgen Bofinger, zeigte sich aber als fairer Verlierer: „Rohrau war heute in allen Aspekten aggressiver, schneller und besser. Letztlich hat die Erfahrung den Ausschlag zugunsten des Gegners gegeben.“ Sein Gegenüber war erleichtert, das Projekt „SV Rohrau“ mit dem Klassenerhalt erfolgreich zu Ende gebracht zu haben.
„Wir mussten ganz kritische 25 Minuten durchstehen. In dieser Phase hat man uns angemerkt, dass wir drei Wochen Pause hatten“, konstatierte Javier Klug und wusste, bei wem er sich hauptsächlich bedanken musste: „Am Ende ist es aber gut gegangen, weil Harald Nietsch im letzten Spiel seiner Karriere noch mal all sein Können ausgepackt hat. Eigentlich darf er nach so einer Leistung nicht aufhören.“ Den geglückten Klassenerhalt stufte der SVR-Coach über den letztjährigen Aufstieg ein: „Der ist definitiv mehr wert, da uns dieses Jahr etliche Stammspieler aus verschiedenen Gründen gefehlt haben.“

Die Aufstellung:

TSV Möttlingen: Ziegler, Kattner, René Fricker, Bungarz, Dürr (77. Ouronimini), Bakihu (67. Dean Reich), Marcel Fricker (61. Kraushaar), Graze, Wayne Reich, Flaiz, Wohlgemuth
SV Rohrau: Nietsch, Schmid, Marvin Jonas, Minutolo, Stefan Knoß (77. Markus Knoß), Robin Jonas, Klein (67. Heinemann), Kamm, Widmayer, Heller, Müsel (86. Gajdos)

Fotogalerie zum Spiel

Video zum Spiel

Hans Lalka hat die Partie in Dagersheim mit der FuPa.tv-Kamera gefilmt, hier geht's zu den entscheidenden Szenen: