Am und vor dem Verkaufsstand im Foyer der Halle ist einiges los. Eine Käsesemmel und ein Mars für zwei Euro 30, wo gibt’s das sonst noch, den größten Umsatz machen die jungen Leute aber wohl mit Bier. Der eine oder andere Fan und auch Spieler der SG Schnelldorf/Wolframs-Eschenbach hat am frühen Abend eine Flasche in der Hand, aus einem Lautsprecher dröhnt Musik. Futsal ist da schon weit weg und doch ganz nah.
Innen läuft gerade das erste Halbfinale der Meisterschaft im Kreis Nürnberg /Frankenhöhe. Der FC Dombühl gegen den SV Maiach-Hinterhof, Kreisliga gegen Kreisklasse, zwei Überraschungsmannschaften des Endturniers am Samstagnachmittag. „In der Summe haben wir gute Spiele gesehen“, wird Kreisspielleiter Thomas Raßbach später sagen bei der Siegerehrung, wirklich erinnerungswerte Aktionen wie die Hackenvorlage von Camil Yilmaz (Eyüp Sultan) zum 2:0 gegen Südwest, aber eben auch Befreiungsschläge oder übertriebene Härte. Eine der weniger mitreißenden Phasen des Nachmittags bringt immerhin die Erkenntnis, dass die gegenüberliegende Wand mit 14 mal 24 Platten verkleidet ist.
Der Kreisspielleiter berichtet von „acht zu drei Fouls“ in einer Begegnung, das ist für Futsal eine ganze Menge, scheint ansonsten aber recht zufrieden zu sein mit dem Verlauf der Hallenrunde 2016/17 in seinem Zuständigkeitsbereich. Dass die Zahl der teilnehmenden Mannschaften nach wie vor rückläufig ist, beunruhigt ihn nicht. Im Altkreis Nürnberg wollten nur noch 35 Vereine mitmachen, im Altkreis Frankenhöhe 20, insgesamt also nur etwa jeder vierte, ein Negativrekord, wie Raßbach sagt. Trotzdem gibt er Futsal eine Zukunft, „auf unterem Niveau“ werde sich das irgendwann einpendeln, sagt Raßbach, der, wenn es so weitergeht, schon bald auf Vor- und Zwischenrunden verzichten kann.
Aufmerksam verfolgt Denis Cvjedanovic die Vorführungen. „Annehmen, passen, laufen“, so in etwa funktioniert Futsal, erklärt der langjährige Spieler und Funktionär des FC Bayern Kickers, einem der ersten Clubs im Bezirk, die sich mit der weiter nicht überall beliebten Variante des Hallenfußballs anfreundeten. Die im Vergleich zur Ursprungsform kleinere und schwerere Kugel, das Seitenaus, die Foulsummierung. Nach dem insgesamt fünften bekommt der Gegner einen Zehnmeter zugesprochen, auch nach dem sechsten, nach dem siebten und so weiter.
Trotzdem schwören sie bei Bayern Kickers auf Futsal und sind eigentlich auch richtig gut, am Samstag aber bloß als Ausrichter dabei. Selbst Spieler der ersten Mannschaft stehen hinter einer Bierzeltbank im Foyer. Käsesemmeln, Mars, Bier.
Das Turnier prägen diesmal andere. „Vor fünf, sechs Jahren haben wir auch so angefangen“, lobt Denis Cvjedanovic vor allem den SV Maiach-Hinterhof und auch Dombühl oder Eyüp Sultan. Die meisten Partien sind eng, nominelle Klassenunterschiede beim Fünf-gegen-fünf oft nicht zu erkennen. Richtig los geht die Veranstaltung eigentlich erst im letzten Drittel der Gruppenphase, mit dem 3:2 der Maiacher gegen Top-Favorit und Titelverteidiger Dergahspor, in der entscheidenden Partie gegen die SG Schnelldorf/Wolframs-Eschenbach gelingt dem Außenseiter 16,2 Sekunden vor Schluss der Siegtreffer.
Überfallartig kontern sie ihre Gegner nach Balleroberungen aus und treffen zudem nach Frei- und Strafstößen zuverlässig. Auch im Halbfinale gegen Dombühl zeigt der SV Maiach einen erstaunlich abgeklärten, fast souveränen Auftritt (3:1). Die Dombühler Fans singen: „Hurra, das ganze Dorf ist da.“
Mit dem Einzug ins Endspiel qualifiziert sich der Kreisklassist vorzeitig für die Bezirksmeisterschaft in Hilpoltstein am Sonntag. Spielertrainer Selcuk Oguz ist das Herz und die Seele seiner Maiacher, die eine oder andere Entscheidung der Schiedsrichter bringt ihn an den Rand der Verzweiflung. Man merkt ihnen an, dass sie lange auf so eine Chance wie am Samstag warten mussten. Futsal macht’s möglich.
Selcuk Oguz schwärmt regelrecht von der Fifa-Variante. Weniger Zweikämpfe, insgesamt mehr Spielfluss. Die Begeisterung lässt an vielen Standorten im Fußballbezirk dennoch zu wünschen übrig. „Der alte Hallenfußball ist schlichtweg vorbei“, sagt Kreisspielleiter Raßbach, „und mit Futsal werde ich die Kurve nicht mehr kriegen.“ Beim SV Maiach scheinen sie auf Futsal gewartet zu haben. Im Finale rennt Dergahspor zwar pausenlos an, verliert aber 0:2. Burak Cihan krönt sich mit seinen beiden Treffern zum Torschützenkönig und ist den Tränen nahe, als ihm Raßbach die kleine Trophäe überreicht.
Der kleine SV Maiach-Hinterhof hat es allen gezeigt am Samstag in der Halle am Berliner Platz. Was sich im Verlauf des Nachmittags und Abends angestaut hat, löst sich erst langsam, die unglaubliche Kraft der Emotionen wirkt Stunden nach. Sie kosten ihren überraschenden Triumph aus und können gar nicht genug Siegerbilder kriegen, in der Halle, in der Kabine, wo auch immer.
Ob ihre kleine Heldengeschichte so etwas wie Signalwirkung haben kann, um andere (unterklassige) Vereine zum Futsal zu bringen, ist eher unwahrscheinlich, aber darum geht es am Samstag auch gar nicht. Was zählt, ist der Moment. In der Halle am Berliner Platz.