2024-04-25T10:27:22.981Z

Interview der Woche

"Mittelfristig ist mein Ziel auf jeden Fall Profifußball"

"Nachspielzeit" mit Halil Ibrahim Yilmaz +++ Im "Interview der Woche" spricht der Gonsenheim-Spieler über seine Zukunftspläne, die Atmosphäre im Team und seinen Job in einer Pizzaria

MAINZ. In unserer neuen Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler oder Trainer der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Halil Ibrahim Yilmaz vom SV Gonsenheim. Yilmaz ist beim Oberligisten der Mann der Stunde. In der Hinrunde verletzungsbedingt fast komplett außer Gefecht, ist der 20-Jährige mit sechs Toren in sechs Spielen in diesem Jahr voll durchgestartet. In der vergangenen Saison spielte „Ibo“ noch bei Eintracht Frankfurt in der U19. Den Profi-Traum hat der Stürmer nicht aufgegeben, und mit den Gonsenheimern hat er diese Saison noch Großes vor, wie er im „Interview der Woche“ berichtet.

Ibo, sechs Spiele, sechs Tore – wie kommt es, nachdem Du in der Hinrunde verletzungsbedingt nur drei Einwechselungen hattest, zu diesem Formhoch?

Das lag an der Vorbereitung, die ich mit der Mannschaft komplett durchführen konnte. Eine echte Sommervorbereitung hatte ich nicht, weil ich erst kurz vor dem Ende der Transferperiode zum SV Gonsenheim gekommen bin.

Vergangene Saison hast Du noch für die U19 von Eintracht Frankfurt gespielt. Wie kam's, dass Du an den Wildpark gewechselt bist?

Ich hatte mich in Gonsenheim fit gehalten. Bis zum letzten Tag der Transferperiode hatte sich nichts ergeben. Da hatte Babak (Keyhanfar, SVG-Trainer, d.Red.) gesagt, ich kann gern bei Gonsenheim bleiben und auch Pflichtspiele absolvieren. Die Eintracht hatte mir schon frühzeitig mitgeteilt, dass sie nicht mit mir planen und ich mich umschauen sollte. Ich war hier und da im Probetraining, ein Angebot gab es aber nicht.

Was hast Du kommende Saison vor?

Es ist alles offen. Mittelfristig ist mein Ziel auf jeden Fall Profifußball. Ich spiele, seit ich sechs Jahre alt bin. Das Ziel eines jeden Kindes ist es doch, Profi zu werden. Ich hätte aber auch nichts gegen eine weitere Saison in Gonsenheim. Konkrete Gespräche gab es noch keine.

Von Eintracht Frankfurt zum kleinen, beschaulichen SV Gonsenheim, das muss ein ziemlicher Kulturwandel sein. Wie erlebst Du Deinen aktuellen Klub, im Vergleich?

Ich würde den Verein als sehr familiär bezeichnen. Mit unserer Betreuerin (Bettina Stritter, d.Red.) und Zeki (Eraslan, ebenfalls Betreuer, d.Red.) fühlt es sich schon sehr vertraut an. Es ist komplett anders als in Frankfurt, wo sich ein riesiges Leistungszentrum befindet. Unsere Vorgesetzten saßen meistens oben in den Büros, wir haben sie kaum zu Gesicht bekommen. Hier ist jeder im Kabinentrakt oder sitzt bei Kosta in der Gaststätte. Ich fühle mich sehr wohl.

Wie möchtest Du es bewerkstelligen, Profi zu werden? Stellst Du Dich bei Klubs vor, wartest Du auf Angebote oder hast Du einen Berater?

Ich habe einen Berater, Emal Wardak, der auch gut mit Babak befreundet ist. Dadurch ist es zustande gekommen, dass ich mich in Gonsenheim fit gehalten haben.

Was machst Du abseits des Fußballplatzes?

Ich habe vor eineinhalb Jahren mein Fachabi gemacht. Da ich momentan den Fokus auf den Fußball lege, habe ich erst einmal nicht mit einer Lehre oder einem Studium angefangen. Ich arbeite halbtags in einer Pizzeria in Wiesbaden.

Ist das der besagte Schnellimbiss Deiner Eltern, von dem Babak vergangene Woche im FuPa-Spielbericht sprach?

Nein (lacht). Das ist kein Schnellimbiss in dem Sinne, sondern eine Tennishalle, worin sich ein kleines Bistro befindet.

Dein Trainer sprach davon, dass Du eine Zeit lang Gewichtsprobleme hattest. Aber zuletzt hast Du gut erkennbar einige Kilos verloren. Wie kam es dazu?

Mit meiner Verletzung in der Hinrunde kam etwas Frustration auf, da habe ich nicht mehr darauf geachtet, abends die Kohlenhydrate wegzulassen. Jetzt habe ich wieder die Zügel in die Hand genommen, um so schnell wie möglich topfit zu werden. Abends gibt es auf jeden Fall weniger Kohlenhydrate. Aber vor dem Training brauche ich sie. An freien Tagen lasse ich Kohlenhydrate komplett weg und ersetze sie durch Eiweiß und Proteine. Hervorragend funktionieren Hähnchenbrust, Eier in jeder Form und jeder Art, und Magerquark mit einem Löffel Honig drin esse ich sehr oft.

Ist das Thema Ernährung bei euch im Mannschaftskreis ein komplett individuelles, oder holst Du Dir Ratschläge?

Ich beratschlage mich mit unseren erfahreneren Spielern, wie Ste (Stefano Pennella, d.Red.), auch was Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine angeht. Da hole ich mir schon den ein oder anderen Tipp.

Ihr habt eine Handvoll „alter Hasen“ im Team und dazu viele junge Spieler, zu einem großen Teil Eigengewächse. Wie hast Du Dich in die Mannschaft eingefügt?

Wir sind ja an sich eine sehr junge Mannschaft, nach der U23 von Pirmasens die jüngste der Liga. Die Eigengewächse und die jungen Spieler sind der Kreis, in dem ich mich bewege, aber es gibt in der Mannschaft keine Grüppchenbildung. Es ist alles sehr entspannt.

Macht ihr abends alle zusammen Party, oder gibt es da unterschiedliche Gewohnheiten?

Es gibt Mannschaftsabende, an denen wir alle zusammen etwas machen. Und es gibt Abende in kleineren Gruppen, bei denen ich viel mit Malik McLemore und Maxim Bujnov unterwegs bin. Ich komme aus Biebrich, sie sind beide auch Wiesbadener.

Geht man als Wiesbadener eigentlich in Mainz aus, wenn man dort nicht gerade fußballerisch zu Hause ist?

Ich bin auch, bevor ich nach Gonsenheim gewechselt bin, in Mainz ausgegangen. Es ist ja von Biebrich aus ein Katzensprung, je nach Verkehrslage bin ich sogar schneller in Mainz als in der Wiesbadener Innenstadt. Ich sitze gern abends im Alex, gehe am Rhein spazieren oder in der Innenstadt Shoppen. Ich finde die Mainzer Innenstadt sehr schön, in Wiesbaden hast Du nur eine Straße, in Mainz viel mehr. Die Altstadt ist sehr schön.

Möchtest Du unbedingt in der Region bleiben, oder würdest Du, wenn Dein Berater ein entsprechendes Angebot bringt, auch in die Regionalliga Nord wechseln?

Mit ein Grund, warum ich keine Lehre angefangen habe, ist, dass ich flexibel bleiben möchte. Ich bin in Wiesbaden geboren und groß geworden, aber nicht gebunden an die Region.

Was glaubst Du, wie beendet Ihr die Saison in Gonsenheim?

Wir sind eine hart arbeitende Mannschaft. Wenn wir unsere Arbeit so fortführen wie aktuell, werden wir auf jeden Fall unter die ersten Fünf kommen. Das Potenzial dazu haben wir. Platz eins und zwei sind weit entfernt, Platz drei bis sechs sind auf jeden Fall drin.

Aufrufe: 07.4.2017, 06:30 Uhr
Torben SchröderAutor