2024-05-02T16:12:49.858Z

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Freundlicher Hüne sagt Adieu

GIESSEN: +++ Jan Kriz ist wieder in seine Heimat zurückgekehrt +++ Viele Freundschaften im Fußballkreis +++

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Im Jahr 2004 trat die Tschechische Republik der Europäischen Union bei. Grenzkontrollen zu den Nachbarländern entfielen spätestens 2007 vollständig. Offenheit, Zusammenleben im Herzen Europas – so die Vision. Dieser Vision folgte zu jener Zeit, über zehn Jahre (2006) ist es her, auch Jan Kriz.

Zunächst ging er einem Masterstudium im bayrischen Hof nach, 2011 erfolgte dann der Umzug nach Gießen, wo er bis heute lebt. Oder besser: Lebte. Denn kürzlich hat es den heute 33-Jährigen zurück in sein Mutterland verschlagen. Der Familie zuliebe. Hier aber, in Gießen, hinterlässt er bei einigen Menschen bereits jetzt ein großes Loch. Das merkt man, wenn man sich mit denen unterhält, die ihn kennen, mit ihm befreundet sind. „Er ist immer ehrlich, immer lustig, immer umgänglich und wirklich ein feiner Kerl“, lobt etwa Florian Spies, von dem gleich noch die Rede sein wird.

Auch in der hiesigen Fußballszene, namentlich in der Gießener A-Klasse, wird man Kriz vermissen. Sein Werdegang in Mittelhessen ist eng verknüpft mit dem Fußball, dem er im Grunde seit dem zweiten Jahr in Gießen aktiv zugeneigt war. In den vergangenen sechs Spielzeiten im Trikot des SV Annerod, doch den mittelhessischen Fußball lernte Jan Kriz bereits zuvor in Gießen kennen. Genauer: In der Weststadt beim ASV.

Kriz erinnert sich noch genau, wie er damals, einige Zeit nachdem er in der Lahnstadt angekommen war, an einem Wochenende gen Weststadt gefahren war: „Da war so ein Blasmusik-Fest, da bin ich einfach hin.“ Auf seiner Tour machte er zunächst Stopp beim SC Sachsenhausen, ehe er zum ASV-Sportheim gelangte. Dort fing ihn Jutta Watzke (ASV) ab. „Sie sagte, die Adresse von Sachsenhausen kann ich schnell wieder vergessen“, lächelt Kriz heute. Stattdessen teilte sie ihm die ASV-Trainingszeiten mit und auch, dass der Club einen Tag später in Lohra auflaufen würde. Kriz ließ sich nicht lange bitten: „Das war an einem Samstag, am Sonntag bin ich dann zu diesem Testspiel nach Lohra.“ Eine vielleicht wegweisende Entscheidung. In jedem Fall aber eine legendäre, die man sich offenbar noch heute gerne beim ASV und beim SV Annerod erzählt. Florian Spies, Teammanager beim SVA und damals selbst ASV-Mitglied, erinnert sich schmunzelnd: „Da stand er dann in Lohra mit seinen fast zwei Metern Körpergröße und in total schicken Klamotten, Pants und Schuhen – aber das bei strömendem Regen. Und er hat uns zugeguckt.“

Beim Zugucken blieb es freilich nicht. Der tschechische Hüne mit dem freundlichen Blick wollte ebenfalls kicken – und so kam eins zum anderen. Der damalige ASV-Trainer Rudi Hassler sowie Joachim Sommerlad (Vorstand), beide schätzt Kriz noch heute, legten ihm jedenfalls keine Steine in den Weg. Rund zwei Jahre spielte der Innenverteidiger mit dem unverkennbaren Akzent für den ASV in der Gießener A-Klasse. Unter anderem mit Timo und Björn Watzke, dem heutigen ASV-Trainer, oder beispielsweise mit Marek Karweta. „Das sind noch heute meine besten Freunde“, hat Kriz diese Entscheidung niemals bereut.

Dennoch verschlug es den studierten Logistiger nach zwei Spielzeiten nach Annerod. Nicht aus Unzufriedenheit, er wollte einfach mal was Neues sehen. Zudem war Florian Spies erst ein halbes Jahr zuvor zum SVA gewechselt, hatte die Weichen sozusagen gestellt. Eigentlich wollte Kriz hier lediglich in der Zweiten spielen, aber es habe „dann einfach gepasst". Vor allem mit den beiden Trainern Dirk Luley und Norbert Münch, aber auch sonst natürlich mit so ziemlich jedem. „Die Jungs haben mich super aufgenommen. Das ist kein Klischee, aber das war wie meine Familie hier“, wird Kriz am Rande seines letzten Trainings mit den SVN-Jungs etwas wehmütig. Viele Erinnerungen hängen am SV Annerod. Einmal habe er sogar ein Trainingslager in seiner Heimatstadt, dem Bier-Eldorado Budweis organisiert. Natürlich mit Brauereibesichtigung und einem Testspiel gegen die dortige U16.

Allerdings: Für seinen Umzug gibt es gute Gründe: „Ich bin 2006 für ein Auslandsemester nach Deutschland gekommen und habe immer wieder verlängert. Ich glaube, wenn ich jetzt nicht gehe, dann gehe ich vielleicht nie mehr und ich will es einfach nicht bereuen, dass ich es nicht gemacht habe.“ Hierbei denkt Jan Kriz nicht ausschließlich an sich, sondern vor allem an seine Familie, in erster Linie an die Eltern, die natürlich nicht jünger werden. Es schwingt in seinen Überlegungen und Erklärungen viel Wärme und Menschlichkeit mit. Seine Beliebtheit bei den heimischen Vereinen überrascht da wenig.

Einfach ist der Abschied aus Gießen für den Tschechen, den Spies eine „Deutsche Eiche“ nennt, aber auch deshalb nicht, weil seine Freundin hier noch lebt. Man wird sich zwar regelmäßig besuchen, aber eben kaum noch täglich sehen können, trennen Budweis und Gießen doch rund 650 Kilometer. Dennoch trägt seine Partnerin die Entscheidung mit und möchte irgendwann auch nachziehen. "Ich muss aber erst noch einiges vorbereiten“, so Kriz, der bei seiner Abschiedsfeier ein waschechtes SVA-Trikot samt Namensprägung geschenkt bekommen hat.

So bleibt der 33-Jährige also doch noch irgendwie in Mittelhessen verankert. Durch die Liebe, aber auch durch die zahlreichen Freundschaften, etwa zu seinen beiden Teamkollegen Christian Plan oder Jens Probst. Ein Abschied für immer sieht jedenfalls anders aus. Beim SV Annerod möchte Kriz in diesem Jahr zumindest so schnell wie möglich wieder vorbeischauen und, sollte es irgendwie möglich sein, sogar ein bis zwei Spiele für seinen Verein bestreiten. Auch das Schlachterfest der Freiwilligen Feuerwehr in Annerod sei schon gebucht: „Das sind die besten Frikadellen meines Lebens!“ Und auch mit den Jungs vom ASV dürfte der Kontakt so schnell nicht auseinanderbrechen.

Aufrufe: 05.4.2017, 11:04 Uhr
Christian NemethAutor