2024-04-25T10:27:22.981Z

Querpass
"Ich bin zu gern Schiri, um an das Aufhören denken zu können": Michael Wendorf pfeift in der kommenden Saison in der Landesliga. Foto: Harzmann
"Ich bin zu gern Schiri, um an das Aufhören denken zu können": Michael Wendorf pfeift in der kommenden Saison in der Landesliga. Foto: Harzmann

"Man ist Leibeigener des DFB"

Er war auf dem Sprung in die Bundesliga: Schiri Michael Wendorf pfeift am Sonnabend sein letztes Spiel in der Brandenburgliga. Wir haben uns mit ihm über seine Karriere unterhalten. rnrn

„Ich bin von Hause aus ein emotionaler Typ, der offen seine Emotionen zeigen kann", sagt Michael Wendorf. Daher könne er nicht ausschließen, dass ihn am Sonnabend die Gefühle übermannen. Dann bestreitet der 48-Jährige als Schiedsrichter sein letztes Spiel in der Brandenburgliga, da er die Altersgrenze erreicht hat.
„Das letzte Spiel. Dieses Endgültige hört sich böse an." Wenngleich er sich auf diesen Tag lange habe einstellen können, sei ihm schon komisch zumute. „Klar bin ich traurig. Wenn ich auf dem Platz in Sachsenhausen stehe, werden schon Gefühle auftreten", ist sich der Polizist sicher.

Dieser leitete einst Spiele in der 2. Bundesliga, war auf dem Sprung in das Oberhaus. „Mit dem Hintergrundwissen von heute würde ich diesen Weg nicht noch einmal gehen. Beruf, Familie und dieses ,Hobby‘ unter einen Hut zu bekommen, ist nicht leicht. Zudem ist man Leibeigener des DFB, führt ein Vagabundenleben und ist wie fremdgesteuert."

Wendorf erlebte nicht nur die Sonnenseite im Geschäft, stolperte aus seiner Sicht immer wieder über alte Seilschaften. Und auch in jüngster Vergangenheit gab es Enttäuschungen. „Ich hatte schon die Hoffnung, dass sich an der Altersgrenze etwas ändert", räumt der Referee ein. Anfang des Jahres hatte Heinz Rothe, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses beim Landesverband, eine Initiative angekündigt, um die Altersgrenze zu kippen. Der Funktionär bestätigte auf Nachfrage, dass es einen Vorstoß des Schiedsrichter-Ausschusses gab. „Wir haben eine Umfrage bei den Vereinen gemacht. Die Meinungen waren unterschiedlich. Unter dem Strich muss man sagen, dass die derzeitige Altersregelung akzeptabel ist."

Wendorf sieht das anders. „Das Thema erregt mich schon. Erstes Kriterium sollte immer die Leistung sein, egal wie alt man ist. Ich stelle mich wie alle anderen regelmäßig dem Einstufungstest. Und ich kann nur sagen: Ich fühle mich fit genug, um weiterhin auf diesem Niveau zu pfeifen." Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass in der Bundesliga bis 47 gepfiffen werden könne, in der höchsten Landesspielklasse aber nur ein Jahr länger. „Von der jüngsten Entscheidung des Verbandes, die Altersgrenze nicht zu verändern, war ich schon enttäuscht, weil sie nicht transparent und wenig nachvollziehbar ist."

Nun freut sich Michael Wendorf auf die Zeit in der Landesliga. „Die Motivation stimmt. Ich habe auch Lust darauf, weiterhin Assistent in der Oberliga zu sein. Ich bin zu gern Schiri, um an das Aufhören denken zu können." Im Land darf er noch eine Weile ran: Die Altersgrenze für Schiedsrichter in der Landesliga liegt bei 53 Jahren, in der Landesklasse bei 56.

ZUR PERSON

Michael Wendorf ist 48 Jahre alt, wohnt in Pausin (Schönwalde­Glien) und pfeift seit 2006 für Fortuna Grüneberg.

Im Mai 1983 hatte er seine ersten Erfahrungen als Schiedsrichter gemacht. Gransee spielte in der 1.Kreisklasse Gransee, der höchsten Spielklasse auf Kreisebene, auf dem alten Platz in Mildenberg.

Wendorf fungierte als Pionier-­Schiedsrichter im Männerbereich, spielte parallel dazu bei der BSG Aufbau Zehdenick in der Bezirksliga im Nachwuchs.

1985 schaffte Wendorf den Sprung in die Bezirksklasse, ging dann 1987 für drei Jahre zur Armee nach Klietz. 1989 erfolgte die Einstufung in die Bezirksliga Potsdam. Nach der Fusion der Bezirke pfiff Wendorf in der Landesliga – und fand sich vier Jahre später in der NOFV­Oberliga wieder. „Ich wurde Assistent unter Frank Fleske in der 2. Liga. Mit ihm bin ich 1994 in die Bundesliga aufgestiegen."

Zwei Jahre später war Wendorf (der bis 1991 für den SV Zehdenick, dann für den SV Altlüdersdorf pfiff) selbst Schiri in der zweiten Liga.

Sieben Jahre lang stand Michael Wendorf auf der Schiedsrichterliste des DFB. Dass für Wendorf in der Saison 1999/2000 plötzlich Schluss war, konnten viele nicht verstehen.

Unter dieser Entscheidung litt die Motivation. „Ich habe lange nichts gemacht." Wendorf kickte in Spandau (Haselhorst) in der Kreisliga A.

Der Referee nahm doch wieder die Pfeife in die Hand. Als Klassenbester der Landesliga 2001 landete er in der Berlinliga. „Berlin meldete mich für die Oberliga." 2006 stieg Wendorf in der Brandenburgliga ein. (sz)

Aufrufe: 015.6.2017, 17:55 Uhr
Stefan ZwahrAutor