Wenn Jonas Schneiders Fußballmannschaft ein Spiel gewonnen hatte, blieb die Saftschorle im Rucksack - stattdessen zischte der Kronkorken. Wenn dann auch noch die Alten Herren im Vereinsheim mitfeierten, kamen zu fortgeschrittener Stunde die Schnäpse auf den Tisch. „Und dann sagst du nicht ,Nein für mich bitte ne kleine Cola?. Dann wäre man in der Gruppe unten durch gewesen“, erklärt Jonas. Laut Studie ist der Alkoholkonsum im sportlichen Umfeld gesellschaftlich akzeptiert.
Auch in der Öffentlichkeit sind die Bilder von sportlichen Vorbildern, die sich mit Alkohol belohnen, präsent: So schüttelt Formel 1-Fahrer Sebastian Vettel auf dem Siegertreppchen eine überdimensionierte Champagner-Flasche, die Bayern-Spieler heben vor laufenden Kameras XXL-Weißbiergläser an den Mund, und die eine oder andere Bierdusche ist nach einem sportlichen Triumph im Fernsehen live mitzuverfolgen. Bei den Bildern scheint klar: Sport und Alkohol gehören zusammen. „Im Vereinssport fängt es leider schon bei manchen Eltern an, die mit einer Flasche Bier am Spielfeldrand oder in der Halle stehen und die Kinder anfeuern“, sagt Erin Gerlach.
Zehn Jahre lang haben die Wissenschaftler immer wieder dieselben Kinder und später Jugendliche befragt. 1637 Heranwachsende aus Paderborn - von der dritten Klasse bis hin zur Berufsausbildung. Der Landessportbund NRW sieht die Studie hingegen kritisch. „Es wurden nur Heranwachsende in einem Landkreis befragt. Wie die Autoren behaupten können, die Ergebnisse könnten bedenkenlos auf Nordrhein-Westfalen und Deutschland übertragen werden, ist nicht nachvollziehbar“, erklärt Frank-Michael Rall vom Landessportbund und ergänzt: „Außerdem wurde in der kompletten Studie weder ein Verein besucht noch Personal aus Vereinen befragt.“
Neben dem problematischen Umgang mit Alkohol im Verein kann die Studie jedoch auch Positives vermelden: Denn besonders in kritischen Lebenssituationen der Jugendlichen bietet die Vereinsgemeinschaft Halt. „Die Gruppe beim Sport fungiert als Puffer, zum Beispiel beim Übergang von der Primar- zur Sekundarschule. Wenn schulische Leistungen oder das Selbstbewusstsein plötzlich in Frage gestellt werden oder den Heranwachsenden ihre Bezugsgruppe aus der Primarschule verloren geht“, erklärt Gerlach.
In dieser krisenhaften Situation verhindert die Einbindung in eine Sportgruppe, dass die Jugendlichen in ein Loch fallen - eine Leistung, die weder Eltern noch Lehrer erbringen können.