2024-04-23T13:35:06.289Z

Querpass
Bier trinken imTrikot lässt die Mannschaftskasse klingeln, von der Meisterschaftsfeier mal abgesehen: Zwei nicht näher genannte Spieler, deren Vergehen längst verjährt ist. Foto: Jörg Jankowsky
Bier trinken imTrikot lässt die Mannschaftskasse klingeln, von der Meisterschaftsfeier mal abgesehen: Zwei nicht näher genannte Spieler, deren Vergehen längst verjährt ist. Foto: Jörg Jankowsky

Strafe muss sein

Der Strafenkatalog gilt als heiliges Dokument einer jeden Mannschaft. Wer gegen die Regeln verstößt, muss zahlen

Trinken im Trikot, Rauchen in der Kabine oder das Handyklingeln bei der Besprechung: Die Fußballtrainer in Oberhavel haben viele Gründe, ihre Spieler für Vergehen zur Kasse zu bitten. Ein Strafenkatalog mit Vorschriften soll das Zusammenleben in der Kabine und auf dem Platz regeln.

Klaus Augenthaler war kein großer Freund von Geldstrafen. Als Trainer des Bundesligisten VfL Wolfsburg ließ er säumige Profis ein Lied trällern oder sogar einen Witz erzählen. Sein Hintergedanke dabei: Vor der Mannschaft etwas aufzusagen, tut den meisten Spielern mehr weh. Nach Aussage des damaligen Coaches hatten seine Jungs vor ihrem Auftritt meistens eine schlaflose Nacht und fingen beim Singen an zu zittern und wurden sogar rot.

Solche skurrilen Methoden gibt es bei den Fußballmannschaften in Oberhavel zwar nicht, aber die Strafenkataloge können sich sowohl vom Umfang als auch von der Höhe der zu zahlenden Beiträge sehen lassen. Den Kassenwarten kommt dabei die undankbare Aufgabe zu, die Summen einzufordern. Daher bezeichnete Florian Glitza, Spielertrainer des Kreisligisten SV Glienicke, seinen Kassenwart Marcel Häuser unlängst als "ärmste Sau bei uns in der Mannschaft".

Der Strafenkatalog der ersten Glienicker Herrenmannschaft umfasst 20 Vorschriften, die eingehalten werden müssen. Das häufigste Vergehen beim Kreisligisten ist das unentschuldigte Fehlen beim Training. Die säumigen Kicker sind dann mit fünf Euro dabei. "Es sind fast immer dieselben Spieler, denen das passiert", weiß Glitza.

Über den Sinn eines solchen Strafenkataloges will der Coach gar nicht lange diskutieren. Er steht dazu. "Wir sind eine Gemeinschaft und müssen uns an Regeln halten. Sonst macht es keinen Sinn." Sollte ein Spieler seinen Zahlungen einmal nicht nachkommen, zieht er sich den Unmut der Mannschaft zu. "Das wirkt disziplinierend", sagt Glitza.

Kein Pardon kennt auch Sebastian Milz. Der Kassenwart des Landesklassen-Vertreters SVZehdenick drückt beim Thema Pünktlichkeit kein Auge zu. "Da bin ich knallhart. Wenn ein Spieler von uns eine oder zwei Minuten zu spät kommt, muss er zahlen." Nicht viel besser sieht es aus, wenn einer ein Kleidungsstück wie Hose, Stutzen oder Trikot vergisst. Auch hier sind je Teil fünf Euro fällig. "Die Ausrede, dass Mama die Wäsche nicht gewaschen hat, zieht nicht", stellt Milz klar. Wenn das Handy während der Besprechung klingelt, - was übrigens fünf Euro kostet - gibt es auch den einen oder anderen, der so tut, als ob das Gebimmel nicht aus seiner Hosentasche kommt. Der Übeltäter wird trotzdem zur Kasse gebeten. Der am Ende einer Saison zusammengekommene Betrag wird laut Sebastian Milz dann für eine große Sause oder eine Abschluss-Tour der Mannschaft auf den Kopf gehauen.

Beim Brandenburgligisten TuS Sachsenhausen müssen sich die Akteure an 18 Vorschriften halten, davon werden drei nicht mit einer Geldstrafe geahndet. Dabei handelt es sich um das Aufräumen der Kabine, das Nachzählen der Bälle und das Ausmachen des Kabinenlichtes. Kapitän Thomas Boden hat die Aufgabe des Kassenwartes von Martin Pilz übernommen und übt dieses Amt sehr gewissenhaft aus. Am teuersten wird es, wenn Spieler beim Spiel unentschuldigt fehlen. "Das ist ein dreistelliger Betrag", verrät Boden. Zu dem monatlichen Beitrag von zehn Euro, den jeder TuS-Kicker für die Wäschefrau entrichtet, kommen auch die Geldstrafen hinzu. "Wir haben so monatliche Einnahmen von 250 bis 400 Euro." Davon wird unter anderem die abhanden gekommene Grundausstattung wie Bälle, Leibchen oder Ballpumpe bezahlt. "Der Verein stellt sie uns zur Verfügung. Kommt etwas davon weg, müssen wir für Ersatz sorgen und es aus eigener Tasche bezahlen", weiß der TuS-Spielführer.

Er hält die Vorschriften und deren Einhaltung für ein Muss. "Das Leben ist ein Lernprozess. Wenn niemand Regeln aufstellt, kommt es schnell zu Spannungen." Verwundert zeigt sich Thomas Boden über die Verschwendungssucht so mancher Mitspieler. "Bei dem einen oder anderen sitzt das Geld relativ locker." Sollte am Ende der Saison aber etwas übrig bleiben, trifft man sich gemeinsam zum Essen.

Beim SV Glienicke verbindet man das Unangenehme mit dem Nützlichen. Auf dem Strafenkatalog wird darauf hingewiesen, dass sich jeder Spieler über seinen Geburtstag freut und deshalb freiwillig einen Kasten Bier für die Mannschaft mitzubringen hat. Eine Frist gibt es auch: innerhalb der nächsten sieben Tage. Und man soll es kaum glauben, aber diese Vorschrift gilt auch für die Trainer.

Habt ihr auch einen Strafenkatalog? Was steht da drin? Klagt uns euer Leid und schickt uns ein Bild an brandenburg@fupa.net, nutzt die Kommentarfunktion oder Facebook und lasst uns wissen, wer am meisten blechen muss.

Aufrufe: 013.2.2015, 12:10 Uhr
MOZ.de / Arne Färber Autor