Start ins zweite Fußball-Leben

,,Ich hätte vor einem halben Jahr nicht gedacht, dass ich jetzt schon wieder so weit bin, dass ich Fußball spielen kann", sagt der gebürtige Kölner. ,,Ich bin sehr glücklich." Daniel Engelbrecht könnte im Kader der Kickers auftauchen, wenn der Drittligist im Viertelfinale des WFV-Pokals an diesem Samstag (13.30 Uhr) beim Oberligisten FV Ravensburg antritt. Das bislang letzte Mal, dass er in einer Partie eingesetzt wurde, war am 10. August 2013 gegen Holstein Kiel. Gerade eingewechselt, wurde er nach nur zehn Minuten wegen Schwindelgefühlen wieder ausgetauscht, und weil ihm schon am 20. Juli 2013 gegen RW Erfurt schwarz vor Augen geworden war, wurde er eingehend untersucht. Diagnose: Herzrhythmusstörungen. Um weiter als Fußball-Profi arbeiten zu können, entschied Engelbrecht, sich einen Defibrillator einpflanzen zu lassen; die OP wurde am 18. Dezember 2013 vorgenommen.

Der vierter Eingriff am Herzen erfolgreich

Sobald das Gerät Rhythmusstörungen feststellt oder gar ein Herzstillstand eintritt, springt es an und leitet mit Stromstößen eine Art Neustart des Herzmuskels ein. Wie sich das anfühlt, spürte Daniel Engelbrecht am 29. Januar. ,,Da wurde ich geschockt", erzählt er, und dabei steht ihm der Horror, den er damals erlebte, wieder im Gesicht. ,,In dieser Zeit wurde ich von schrecklichen Ängsten geplagt, meine Gedanken kreisten immer wieder ums Sterben", sagt der junge Mann, ,,da hatte ich psychologische Hilfe nötig." Denn nur kurz vor diesem Schock, am 13. Januar, hatte Engelbrecht bereits eine Operation wegen Rhythmusstörungen über sich ergehen lassen müssen. Anfang dieses Jahres sah es schlecht um ihn aus, um ihn als Menschen und um seinen Traum, sein Leben als Fußballer fortführen zu können. ,,Eine schreckliche Zeit", fasst der Spieler diese Wochen knapp zusammen. Es folgte ein vierter Eingriff am 20. Mai - von 11.30 bis 20 Uhr operierten die Herzspezialisten an ihm. Dieser letzte Eingriff war erfolgreich.

"Nur ein Bänderriss? Es gibt Schlimmeres."

,,Seitdem bin ich ein neuer Mensch", sagt Daniel Engelbrecht. Die unmittelbaren Ängste sind verschwunden, ein neues Bewusstsein ist im 24-Jährigen erwacht. ,,Früher wäre für mich eine Welt zusammengebrochen, wenn ich mir einen Bänderriss zugezogen hätte", erzählt er, ,,heute würde ich sagen: Nur ein Bänderriss? Es gibt Schlimmeres." Vor seiner Leidenszeit war Gesundheit für ihn ein Zustand, der einfach vorhanden war, auf den er als junger Mensch ein Anrecht hatte. Mittlerweile weiß er, dass es ein Geschenk ist, sich wohlfühlen zu dürfen. ,,Ich habe viel Lebenserfahrung gewonnen", sagt Engelbrecht, ,,ich bin unsagbar glücklich, dass ich wieder Fußball spielen kann." Natürlich steht der Rückkehrer in ständigem Austausch mit den Ärzten. Neben seinem Bett steht ein Router. Die Daten, die der Defibrillator in den Stunden zuvor aufgezeichnet hat, werden, während Daniel Engelbrecht schläft, drahtlos an die Klinik gesandt - so sind die Kardiologen stets im Bilde über den Zustand des gebürtigen Kölners. Schließlich haben sie im Sommer dann auch grünes Licht gegeben für den Start in sein zweites Fußball-Leben.

Kurzeinsatz in Ravensburg?

Im Training erhält der Stürmer keine Sonderbehandlung, weder von Coach Horst Steffen noch von seinen Mitspielern. ,,Er ist für mich ein normaler Spieler", sagt der Kickers-Trainer, ,,mit einer Einschränkung: Bei ihm sehe ich immer etwas genauer hin, ob er einen guten Eindruck macht." Natürlich ist Engelbrecht nach einigen Trainingsmonaten noch nicht fit genug für eine komplette Partie, Steffen meint, ,,20 bis 30 Minuten kann er Vollgas geben". Womöglich reicht es für einen Kurzeinsatz in Ravensburg. ,,Auch wenn ich nicht zum Einsatz komme", verrät der Kickers-Profi, ,,wäre es für mich ein echter Höhepunkt, wenn ich überhaupt wieder zum Kader zähle." Der 15. November 2014 könnte ein ganz besonderer Tag für Daniel Engelbrecht werden.