2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten
Zwei Abteilungen unter einem Dach: Doch zwischen der Tennisabteilung (links der Bereich Tennisheim, rechts Sportheim) und der Fußball-Abteilung herrscht große Uneinigkeit, ob und wie der Verein seine finanzielle Krise lösen soll.  Foto: Siegfried Kerpf
Zwei Abteilungen unter einem Dach: Doch zwischen der Tennisabteilung (links der Bereich Tennisheim, rechts Sportheim) und der Fußball-Abteilung herrscht große Uneinigkeit, ob und wie der Verein seine finanzielle Krise lösen soll. Foto: Siegfried Kerpf

Stadtwerke SV vor der Pleite?

Der Augsburger Verein kämpft mit großen finanziellen Problemen +++ Es gibt massiven Ärger zwischen der Fußball- und der Tennisabteilung +++ Auch Anwälte sind schon eingeschaltet

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Es sieht nicht gut aus für den Stadtwerke SV Augsburg: Auf dem Verein lastet ein Schuldenberg, die Finanzen sind ungeordnet, genauso wie die Vereinsführung. Am 1. September 2015 ist der erste Vorsitzende Peter Billy zurückgetreten. Vor wenigen Wochen legte auch der zweite Vorsitzende Walter Heigl sein Amt nieder. Geblieben ist der dritte Vorsitzende Thomas Kamlah – aber der darf den Verein gemäß Satzung nicht allein führen.

Mittlerweile sind die Vertreter der Fußball- und der Tennisabteilung über die Vorgänge im Verein so zerstritten, dass fast nur noch über Rechtsanwälte kommuniziert wird.

Jede Seite sieht sich im Recht. Tennis-Abteilungsleiter Thomas Kamlah macht schlechte Zahlungsmoral und Fehlplanungen der Fußballer dafür verantwortlich, dass der Verein ins Minus gerutscht ist. „Ich sehe den Verein in den Konkurs laufen, wenn wir so weitermachen“, findet Kamlah deutliche Worte. Seine Rechnung: „Ich habe 159 Tennismitglieder, die im Jahr 22.000 Euro an Mitgliedsbeiträgen zahlen. Zweidrittel ihrer Beiträge aber gehen in eine andere Abteilung.“

Gemeint ist die Fußballabteilung. Dort gebe es derzeit keine verlässlichen Mitgliederzahlen, so Kamlah, er spricht von elf Erwachsenen und zehn Jugendlichen, die ihren Beitrag gezahlt haben. In den verschiedenen Mannschaften des Vereins seien aber rund 40 Fußballer aktiv. Kamlah sagt: „Die Lage des Stadtwerke SV ist kritisch und krass. Wenn ich das rein wirtschaftlich sehe, komme ich zu dem Schluss, dass man eine derart unwirtschaftliche Abteilung auflösen muss.“ Ein Vorschlag, den der Fußball-Abteilungsleiter, der zurückgetretene erste Vorsitzende Peter Billy, entschieden zurückweist. Die schlechte Zahlungsmoral der Fußballer bestreitet er gar nicht. Doch er hält den Gesamtverein dafür verantwortlich, das Geld einzutreiben. Billy glaubt, dass die Fußballer durch Bandenwerbung und Vermietung ihrer Plätze an andere Sport-Teams für genügend Einnahmen sorgen. Er glaubt, dass „die Tennisabteilung die Fußballer einfach nur raus haben möchte“.

Thomas Kamlah bestreitet das. Er argumentiert, dass sich die Fußballer nur so, wie sie jetzt aufgestellt sind, nicht finanzieren können. Vor allem die Energiekosten würden die wenigen Gelder, die hereinkommen, verschlingen. Er hat Angst, dass die Fußballer den ganzen Verein in die Insolvenz mitreißen. Kamlah: „So läuft es höchstens noch bis Ende des Jahres. Dann ist es aus.“ Was die finanzielle Lage zusätzlich verschärft: Die Stadtwerke Augsburg wollen ihr bisher recht großzügiges Sponsoring an den Verein bald komplett einstellen.

Angesichts der finanziellen Belastungen sei schon im Herbst 2015 im Vereinsausschuss beschlossen worden, die Zugehörigkeit in der Juniorenförder-Gemeinschaft (JFG) Augsburg-West aufzukündigen. In dem Zusammenschluss von fünf Augsburger Sportvereinen trainieren und spielen jugendliche Kicker gemeinsam. 1500 Euro pro Jahr zahlte Stadtwerke SV bisher in die JFG ein. Das Geld könne der Verein jetzt nicht mehr aufbringen, sagt Kamlah. Er verweist auf die wenigen Jugendliche, die noch in der Fußballabteilung registriert sind. „Das heißt nicht, dass die Jugend zu teuer ist, sondern dass die Jugendlichen, die bei uns im Verein waren und unter unserem Namen gespielt haben, einfach ihren Beitrag nicht gezahlt haben“, sagt Kamlah.

Groß war das Entsetzen bei der JFG Augsburg-West über die Kündigung. Regelmäßig haben JFG-Mannschaften bisher auf dem Stadtwerke-Areal am Wildtaubenweg trainiert. Allerdings hat JFG-Vorsitzender Jürgen Kattner schon länger festgestellt, dass es um den Stadtwerke SV nicht gut bestellt ist. „Da die Heizung im Vereinsheim nicht saniert worden ist, fehlt den Kindern warmes Wasser zum Duschen. Das geht gar nicht“, berichtet Kattner. Tennis-Abteilungsleiter Thomas Kamlah weiß, dass die Heizung im Vereinsheim sanierungsbedürftig ist. Doch er sieht keine Möglichkeit, das zu ändern. Im benachbarten Tennisheim dagegen ist die Heizung erneuert worden. Die Mitglieder, so Tennis-Chef Kamlah, hätten die Renovierung vor einiger Zeit aus eigenen Mitteln geschultert.

Im Vereinsheim hat sich auch schon eine weitere Baustelle aufgetan. Das Dach, das über das Tennis- und das Sportheim geht, ist marode. Bis zu 100.000 Euro soll die Sanierung kosten. Selbst wenn er staatliche Zuschüsse erhalten würde, könnte der Stadtwerke SV den nötigen Eigenanteil nicht aufbringen.

Thomas Kamlah fühlt sich trotz aller Probleme dazu berufen, den Verein zu leiten. Im März war er in der außerordentlichen Mitgliederversammlung zum neuen ersten Vorsitzenden gewählt worden. Doch er darf das Amt nicht ausüben. Das Registergericht hat die Wahl nicht anerkannt, die Versammlung sei nicht satzungskonform verlaufen. Kamlah ist also weiterhin „nur“ dritter Vorsitzender. Weil es aber keinen ersten und zweiten Vorsitzenden gibt, ist im Verein ein Führungs-Vakuum entstanden.

Thomas Kamlah sagt, er dürfe allein beispielsweise keine neuen Mitglieder aufnehmen, sondern nur übergangsweise interne Dinge des Vereins regeln. Wie etwa Einladungen für eine neue Mitgliederversammlung verschicken. Diese solle „schnellstmöglichst“ stattfinden, sagt Kamlah, vielleicht schon im September. Dann wird er sich wohl erneut zur Wahl stellen – um zu retten, was noch zu retten ist. In seinen Augen ist das aber nur die Tennisabteilung.

Aufrufe: 06.8.2016, 22:17 Uhr
Augsburger Allgemeine / Andrea BogenreutherAutor