2024-05-10T08:19:16.237Z

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Die Fans sind, trotz Zuschauerrückgangs an der Kreuzeiche, immer noch ein Markenzeichen des Oberligisten SSV Reutlingen Fußball. Nur drei deutsche Fünftligisten haben mehr Besucher.
Die Fans sind, trotz Zuschauerrückgangs an der Kreuzeiche, immer noch ein Markenzeichen des Oberligisten SSV Reutlingen Fußball. Nur drei deutsche Fünftligisten haben mehr Besucher.

SSV Reutlingen ist bundesweit Vierter

Oberliga: 968 Zuschauer im Schnitt an der Kreuzeiche

In den 14 fünftklassigen Ligen Deutschlands hieven die derzeit 968 Zuschauer im Schnitt die in der Oberliga Baden-Württemberg angesiedelten Kreuzeichekicker auf einen Spitzenrang.

Die Fußballer des SSV Reutlingen machen in diesen Tagen nicht unbedingt durch Bestleistungen und positive Schlagzeilen von sich reden. In der Oberliga Baden-Württemberg haben die Schwarz-Rot-Weißen von der Kreuzeiche zuletzt vier Niederlagen in Folge einstecken müssen. Übrige Serie der „Nullfünfer“ lesen sich ähnlich gruselig: Aus den vergangenen 14 Oberligapartien gelangen gerade einmal drei Siege. Von den letzten elf Begegnungen wurden sieben verloren.

Solche Bilanzen können unmöglich der Anspruch des SSV Reutlingen sein. Der Traditionsverein verbrachte immerhin, seit die 2. Bundesliga 1974 als Unterhaus der Bundesliga eingeführt wurde, vier Spielzeiten in jener 2. Bundesliga, davon drei in Folge (von 2000/01 bis 2002/03 ).

Und nun? Tja, der SSV Reutlingen gehört zum eher überschaubaren Kreis jener Vereine, die nicht nur tief abgestürzt sind, sondern in einer für viele Fans indiskutabel niedrigen Spielklasse auch keinesfalls nach Lorbeeren greifen, sondern nach unten schauen müssen. In der fünftklassigen Oberliga, von denen es unter dem Dach des Deutschen Fußballbunds (DFB) von Nord bis Süd sowie West bis Ost 14 regionale Staffeln gibt, haben die erwähnten vier Pleiten in Serie dazu geführt, dass der SSV Reutlingen in Abstiegsgefahr schwebt. Schon in der Vorsaison musste man bis zum letzten Spieltag zittern. Nur durch den 1:0-Heimsieg über den FSV Bissingen konnte der Absturz in die sechstklassige Verbandsliga und damit ein Aufeinandertreffen mit dem Nachbarklub VfL Pfullingen in einem Punkteduell verhindert werden. 2785 Schaulustige wollten im Mai 2016 an der Kreuzeiche dabei sein und trieben ihren Herzensklub zum so wichtigen Heimdreier.

Ähnlich prekär ging es im Juni 2011 zu. Gleich mehrere glückliche Umstände kamen dabei zusammen und verhinderten in einer Kombination aus Zufällen und Kraftakt ebenfalls den Abstieg in die Verbandsliga.

Zum einen konnte der VfL Kirchheim, Gastgeber der Achalmstädter sein Heimspiel gegen die Truppe von Trainer Lothar Mattner aus Sicherheitsbedenken nicht im Kirchheimer Stadion an der Jesinger Straße austragen, sondern musste ins wildfremde Heilbronner Frankenstadion ausweichen, wo jeglicher Heimvorteil verloren ging. Zum anderen erzielten die Stuttgarter Kickers II in der Nachspielzeit nach einem Eckstoß den 1:1-Ausgleich im parallel laufenden Match beim SGV Freiberg (am Ende 44 Punkte), was den Abstieg der mit Reutlingen (45) um den Ligaverbleib ringenden Neckarstädter zur Folge hatte.

Und letztlich erledigte die Mattner-Truppe ihre Pflichtaufgabe, schlug den VfL Kirchheim in Heilbronn mit 3:2 nach einer spannenden Partie, in der die Teckstädter in Führung gegangen waren.

Schon damals zeigte sich, dass der SSV Reutlingen kein gewöhnlicher Fünftligist ist. 750 Zuschauer wohnten dem entscheidenden Duell im Heilbronner Frankenstadion bei, 600 davon drückten den Achalmstädtern die Daumen.

Inzwischen ist es kein Frevel mehr, zu behaupten, dass die Schwarz-Rot-Weißen weitaus eher durch ihre Anhängerschaft, als durch Glanzleistungen auf dem Rasen aus der grauen Masse herausragen. Klar, Ausnahmen wie der insgesamt sehr glücklich errungene WFV-Pokalsieg 2015 (im Finale gegen den FV Ravensburg) und die bundesweit vielbeachtete Sensation im DFB-Pokal in der Folgesaison (3:1 über den Fast-Erstligisten Karlsruher SC), dürfen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Wenn man aber im aktuell tristen März 2017 positive Statistiken über den SSV Reutlingen herauskramen möchte, muss man sich auf Zuschauerbilanzen beschränken.

Und hierbei schaffen es die „Nullfünfer“ doch tatsächlich trotz aller sportlichen Tiefflüge noch auf Platz vier bundesweit mit 968 Zuschauern im Schnitt an der Kreuzeiche. Ein wenig optimistisch betrachtet (siehe Fulda), wäre es eigentlich sogar Platz drei — doch der Reihe nach.

Spitzenreiter der Zuschauerliste in allen 14 fünftklassigen deutschen Fußball-Spielklassen ist der KFC Uerdingen 05. Die Krefelder Vorstädter darf man als stattliche Hausnummer im deutschen Fußball bezeichnen. 1986 erreichten sie unter ihrem früheren Namen Bayer 05 Uerdingen das Halbfinale im Europapokal der Pokalsieger, wo sie nach dem „Wunder von der Grotenburg“ gegen Dynamo Dresden (7:3 nach 1:3-Pausenrückstand und 0:2-Hinspielniederlage) erst an Atlético Madrid scheiterten. 14 Jahre lang gehörten die Uerdinger der 1. Bundesliga an. 2015 stiegen die Blau-Roten aus der viertklassigen Regionalliga West ab, in der Vorsaison misslang als Zweiter hinter dem Wuppertaler SV der sofortige Wiederaufstieg. Nach 21 Spieltag führt Uerdingen heuer mit fünf Punkten Vorsprung vor Verfolger SpVg Schonnebeck die Tabelle der Oberliga Niederrhein an. 1602 Zuschauer bei Heimspielen honorieren den sportlichen Erfolg. Der KFC 05 ist das Ausnahmeteam am Niederrhein. Die SSVg Velbert, als zweitgrößter Zuschauermagnet, begrüßt gerade mal 399 Fußballfreunde zu ihren Heimpartien.

Bundesweit auf Platz zwei liegt ein großer ostdeutscher Traditionsklub. Die Kultkicker aus dem Leipziger Stadtteil Leutzsch, die BSG Chemie Leipzig, vermelden in der NOFV-Oberliga Süd 1350 Augenzeugen im Alfred-Kunze-Sportpark. Das Interesse mag auch darin begründet liegen, dass die grün-weißen Chemie-Kicker als Tabellendritter bei einer ausgetragenen Partie weniger nur vier Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Germania Halberstadt haben und den Regionalligaaufstieg noch packen können.

Rein vom Besucherschnitt hängt zudem Borussia Fulda aus der Oberliga Hessen die Reutlinger noch knapp ab. 1027 Neugierige im Schnitt schauten in der Johannisau zu. Allerdings: In einem Heimspiel alleine kamen 4999, die Heimminusmarke des SC Borussia liegt bei 150. Konstant mehr als 500 Zuschauer wie die Reutlinger schaffen die Fuldaer, derzeit Tabellenvierter, nicht.

Interessantes zudem aus der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar: Ehemalige Zweitligisten wie der FSV Salmrohr (192) oder Röchling Völklingen (246) kommen ebenso wenig auf mehr als 500 Besucher im Schnitt wie die drei Jahre lang in der 1. Bundesliga ansässige Borussia Neunkirchen (416).

Und in der Bayernliga Süd wird der sportliche Tabellenführer SV Pullach von den Fans im Stich gelassen. Es interessiert vor den Toren Münchens scheinbar kaum jemanden, dass die Pullacher demnächst viertklassig kicken könnten. Gerade mal 100 Augenzeugen verirren sich zu den Heimspielen der Isartäler

Fazit: So unerfreulich manches um den SSV Reutlingen, der längst nicht mehr grundsätzlich sportliches Diskussionsthema Nummer eins an den Stammtischen der Region Neckar-Alb ist, verläuft — die Zuschauerzahlen an der Kreuzeiche können sich trotz erheblicher Rückgänge gegenüber goldenen Zeiten immer noch sehen lassen.

„Würden wir in der Tabelle besser dastehen und halbwegs oben mitspielen, dann hätten wir 1500 bis 2000 Zuschauer bei unseren Heimspielen“, glaubt Michael Schuster, Vorsitzender des selbstständigen Vereins SSV Reutlingen Fußball. „Man muss bedenken, dass uns seit der laufenden Runde durch den Aufstieg der Spatzen auch das zuschauerträchtige Derby gegen den SSV Ulm 1846 Fußball fehlt. Solche Schlager können immer schnell 2500 bis 3000 Fans anziehen. So unbefriedigend unsere sportliche Lage auch ist, mit den Zuschauerzahlen müssen wir zufrieden sein. Andere baden-württembergische Oberligisten aus Städten ähnlicher Größe, wie etwa der 1. CfR Pforzheim mit 325 Besuchern im Schnitt, haben in dieser Hinsicht weitaus mehr Grund zur Klage“, schiebt Schuster nach.

Und eines ist auch bemerkenswert: Die Reutlinger kommen praktisch ohne Gästefans auf ihre im bundesweiten Vergleich so respektablen Oberliga-Kulissen. Praktisch kein einziger Gastverein bringt eine nennenswerte Anzahl an Sympathisanten mit. Lediglich beim Derby gegen die TSG Balingen sind einige Anhänger von der Zollernalb an der Kreuzeiche zu sichten. Anders die Lage bei Reutlinger Auswärtsspielen: Der SSV wird meist von 50 bis 100 Fans auswärts angefeuert und gilt zudem bei den Kassierern der Oberligavereine durchaus als kleiner Wirtschaftsfaktor. Schließlich zahlen die Reutlinger Schlachtenbummler nicht nur den Eintrittspreis, sondern lassen sich auch gerne eine Stadionwurst schmecken und gönnen sich ein Getränk. Weniger erfreut sind Verantwortliche der jeweiligen gegnerischen Vereine darüber, dass sie bei SSV-Gastspielen oftmals speziell abgesicherte Gästefanbereiche aufbauen und zusätzliches Ordnungspersonal abstellen müssen. Wenn solche Aktionen verlangt werden, ist das schöne Eintrittsgeld der Reutlinger Fans schnell wieder futsch oder sogar ein Minus in der Kasse.

Oberligazuschauer bundesweit

Die Führenden der Zuschauerrangliste in den 14 deutschen Oberligen (fünfthöchste Spielklasse bundesweit, die Zahl nach dem Klubnamen benennt den Zuschauerschnitt):

Niederrhein: KFC Uerdingen 05 1602.

NOFV Oberliga Süd: BSG Chemie Leipzig 1350.

Hessen: Borussia Fulda 1027.

Baden-Württemberg: SSV Reutlingen 968

Hamburg: Altona 93 922.

Westfalen: Hammer SpVg 594.

Bayern Süd: SV Kirchanschöring 553.

Bayern Nord: Viktoria Aschaffenburg 539.

NOFV Oberl. Nord: Tennis Borussia Berlin 466.

Rheinland-Pfalz/Saar: FV Diefflen 439.

Niedersachsen: SSV Jeddeloh 403.

Schleswig-Holstein: VfR Neumünster 391.

Mittelrhein: VfL Alfter 214.

Bremen: nicht statistisch erfasst, viele Spiele werden von weniger als 100 Zuschauern besucht.

Aufrufe: 016.3.2017, 08:56 Uhr
SWP / Alexander MareisAutor