2024-03-28T15:56:44.387Z

Ligabericht
„Weil wir ein echtes Team sind!“ Auch die Spieler, die gerade nicht auf dem Platz stehen fiebern voll mit. Fotos: Gatzka
„Weil wir ein echtes Team sind!“ Auch die Spieler, die gerade nicht auf dem Platz stehen fiebern voll mit. Fotos: Gatzka

Jahn: Nur dabei sein ist nicht alles

Die Regensburger wollen jetzt das ganz große Ding – und verabschieden sich vom olympischen Gedanken.

Eines steht jetzt schon fest. Die Relegationsspiele um den Aufstieg zur 2. Liga zwischen dem SSV Jahn Regensburg und dem TSV 1860 München werden zwei ganz, ganz große Fußballfeste. Für das Hinspiel am Freitag in der Continental-Arena sind bereits alle 15 224 Karten verkauft. Für das Rückspiel am Dienstag in der riesigen Münchner Allianz-Arena werden bis zu 60.000 Zuschauer erwartet. Für die Spieler des SSV Jahn sind das alles letztlich aber nur schöne Begleitumstände, sagt jedenfalls Mittelfeldstratege Andy Geipl: „Wir sind zum Fußballspielen da und nicht dazu, um zu zählen, wie viele Zuschauer da sind.“

Zwei Spiele, 180 Minuten, und dann vielleicht sogar eine Verlängerung und Elfmeterschießen. Dann wird endgültig feststehen, wer in der nächsten Saison in der 2. Liga spielt. Es wird einen großen Gewinner geben und einen großen Verlierer. Letzteres würde übrigens auch für den SSV Jahn gelten, wenn er den Kürzeren zieht. Von einer Rolle des netten, drolligen Underdogs, der froh ist, überhaupt so weit gekommen zu sein, hält Jahn-Trainer Heiko Herrlich nämlich überhaupt nichts. „Wir sehen das nicht olympisch, also etwa nach dem Motto ‚Dabei sein ist alles‘“, sagt er. Jetzt wolle er mit seinem Team schon auch das ganz große Ding schaffen und in die 2.Liga aufsteigen.

Teamgeist ein wichtiger Faktor

Wenn auch die Löwen der klare Favorit seien, stünden die Chancen dafür gar nicht mal so schlecht, findet der Ex-Nationalspieler. Seine Mannschaft zeichne ein dicker Zusammenhalt aus, der in der Relegation ein entscheidender Faktor sein könnte: „Bei uns kann man Woche für Woche sehen, dass wir wirklich ein Team auf dem Platz haben, in dem jeder bereit ist, alles für den anderen zu geben.“

Den Zusatz, dass es bei den Löwen allem Anschein nach nicht so ist, hat sich Herrlich verkniffen. Es ist aber sowieso ein offenes Geheimnis, dass der TSV 1860 in dieser Saison viel zu wenig aus seinen eigentlich guten Möglichkeiten gemacht hat. Auf der Basis eines individuellen Eins-gegen-eins-Vergleiches müssten die Sechziger gegen den Jahn eigentlich klar gewinnen. „Sie haben sehr gute Einzelspieler“, sagt Herrlich. Insbesondere in der Offensive, in der ehemalige Bundesliga-Stars wie Sascha Mölders oder Ivica Olic, der mit dem FC Bayern einst sogar im Champions-League-Finale stand, spielen, sei der TSV 1860 brandgefährlich. Deswegen werde seine Mannschaft mit der klaren Marschroute in die Partie gehen, die Löwen soweit und solange wie möglich vom eigenen Strafraum fernhalten zu wollen.

In der Vorbereitung auf die beiden großen Spiele arbeite sein Team sehr konzentriert, berichtet Herrlich. Zuletzt habe er verstärkt Torschüsse trainieren lassen, um im Abschluss effizienter zu werden. Der Jahn gehe schließlich nicht mit dem Ziel in die Partie, sich in der eigenen Abwehr einzumauern: „Wir werden versuchen, nach vorne zu spielen, um ein Tor zu machen“, sagt Herrlich. Als besondere Maßnahme geht es für die Mannschaft dieses Mal auch vor dem Heimspiel für eine Nacht ins Hotel. Er wolle, dass die Spieler durch nichts abgelenkt werden, erklärt der Coach.


Thommy und George wohl fit

Obwohl sie bei den Trainingseinheiten teilweise fehlten, werden am Freitag aller Voraussicht nach auch Erik Thommy und Jann George auf dem Platz stehen. Beide hätten nur kleinere Probleme gehabt, sagt Herrlich, es seien reine Vorsichtsmaßnahmen gewesen. Er rechnet fest damit, dass sie rechtzeitig wieder topfit sind. Ein Ausfall der Flügelflitzer wäre auch schwer zu kompensieren. Insbesondere auf Thommy, der in der vergangenen Saison zu einem Star der 3. Liga wurde, ruhen die Hoffnungen der Regensburger Fans. Wenn Thommy und Geroge bereit sind, dürfte Herrlich bei der Aufstellung im Vergleich zu den vergangenen Wochen auch wenig verändern. In der Abwehr hat sich die Lösung mit Benedikt Saller auf rechts, Marcel Hofrath auf links, sowie Sebastian Nachreiner und Marvin Knoll in der Zentrale bewährt. Im zentralen Mittelfeld sind Marc Lais und Andy Geipl ebenso unangefochten wie ganz vorne Marco Grüttner. Und auch Kolja Pusch lieferte als hängende Spitze zuletzt gute Spiele ab, so dass er wieder in der Startelf stehen dürfte.

Vier ehemalige Löwen beim Jahn

Für gleich vier Jahn-Spieler ist das Duell mit den Löwen etwas doppelt Besonderes. Andy Geipl, Benedikt Saller, Philipp Pentke und Markus Ziereis trugen früher schließlich auch das Trikot des TSV 1860. Ziereis erzählt, dass er mit ein paar Spielern von damals immer noch im Kontakt sei. Auf dem Platz kann der Stürmer wegen seiner Armverletzung allerdings weiter nicht mitangreifen.

Wie auch in den vergangenen Wochen wird Ziereis gemeinsam mit den anderen verletzten Jahn-Spielern von der Tribüne aus mitfiebern. „Ja, das macht uns auch aus, dass wir immer alle mit dabei sind“, erzählt er vom tollen Teamgeist.

Saller, der drei Jahre bei den Löwen spielte, kündigt an, dass der Jahn sich auch von der großen Kulisse in München nicht einschüchtern lassen werde: „Wir haben dieses Jahr schließlich schon ein paar große Spiele gehabt. Zum Beispiel in Magdeburg vor 20 000 Zuschauern, und da haben wir auch einen Riesen-Job gemacht.“ Wenn einer beim Warmmachen vom Blick auf die voll besetzten Ränge dann doch etwas beeindruckt wäre, würde ihn Torwart Philipp Pentke wieder aufbauen. Der bleibt schließlich ganz gelassen und versucht auch seine Teamkollegen zu beruhigen: „Die Jungs brauchen keine Angst zu haben, sondern sollten sich einfach nur auf diese Spiele freuen.“

Pentke gilt ohnehin als Integrationsfigur in der Mannschaft. Bereits im vergangenen Jahr, vor den Relegationsspielen gegen den VfL Wolfsburg II, hatte er sich etwas einfallen lassen und legte vor der ersten Partie jedem Spieler eine persönliche Botschaft auf den Platz in der Kabine. Ob es gegen die Löwen wieder eine Aktion von ihm geben wird, lässt er noch offen: „Das will ich jetzt nicht verraten, aber wir lassen uns eigentlich immer was einfallen. Das sind immer kleine Anschübe für den Kopf, um die letzten Prozente herauszuholen.“

Geipl würde wieder antreten

Beruhigen dürfte die Jahn-Spieler ohnehin der Gedanke, dass sie erst vor einem Jahr ebenfalls in die Relegation mussten – und dem Druck standhielten. Damals ging es gegen den VfL Wolfsburg II um den Aufstieg in die 3.Liga. Sehr genau werden sich die Regensburger auch daran erinnern, dass sich ein langer Atem auszahlt. Im Hinspiel hatten sie gegen die Wolfsburger noch große Probleme. Die legten da los wie die Feuerwehr, der Jahn schien mächtig unter die Räder kommen zu können. Dann kämpften sich die Regensburger aber in die Partie, hielten den Rückstand in Grenzen – und machten in der zweiten Partie daheim alles klar. Zu einem der großen Helden wurde im Rückspiel Andy Geipl mit seinem verwandelten Elfmeter. Auf die Frage, ob er denn wieder antreten würde, wenn es auch gegen den TSV 1860 einen Strafstoß geben würde, überlegt er nur den Bruchteil einer Sekunde – und antwortet dann kurz und knapp: „Ja!“ Beim Jahn werden schließlich keine großen Reden mehr geschwungen – es soll einfach nur noch aufgestiegen werden.

Aufrufe: 025.5.2017, 09:30 Uhr
Jürgen Scharf, MZAutor