2024-04-24T13:20:38.835Z

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Tobias Strobl und Fabian Hürzeler konnten der Saison ihren Stempel aufdrücken. Foto: Zink, Buchholz
Tobias Strobl und Fabian Hürzeler konnten der Saison ihren Stempel aufdrücken. Foto: Zink, Buchholz

Strobl, Hürzeler, und Co.: Das sind die Köpfe der Saison

Von Löwen-Chaos und Wohlfühloasen

Viel ist passiert in der abgelaufenen Saison der heimischen Ligen: Hachings Höhenflug, Pipinsrieds Aufstieg, Wolfs Entlassung. Und am Ende sorgte noch der Absturz der Löwen für erhebliche Turbulenzen bis in die unteren Spielklassen. Ein kleiner Streifzug durch den Amateurfußball der Region.

Tobias Strobl

Knapp 150 Kilometer liegen zwischen Manching und Rosenheim, A8, A99, A9, meist dichter Verkehr. Wie oft sie Tobias Strobl in den letzten Monaten gefahren ist? Als Spielertrainer des Bezirksligisten TSV Manching ist der 29-Jährige in die Saison gestartet, hat den Absteiger an die Tabellenspitze geführt. Dann aber kam im Winter dieser Anruf. Hansjörg Kroneck war am Apparat, der Manager des TSV 1860 Rosenheim. Und machte ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte: Cheftrainer in der Regionalliga, das war die Chance für Strobl, der zuvor mit dem FC Pipinsried zweimal in der Aufstiegsrelegation gescheitert war, den nächsten Schritt zu gehen in seiner Karriere als Trainer. Für den TSV Manching, der ihn nur ungern ziehen ließ, hatte er aber einen Trost: Als Spieler blieb er dem Verein treu, am Ende hatte er 25 Saisonspiele gemacht und maßgeblich zur Rückkehr in die Landesliga beigetragen. Und Rosenheim, als einer der ersten Abstiegskandidaten in die Saison gegangen, führte er als Trainer sogar noch auf einen einstelligen Tabellenplatz in der Regionalliga. Ein Erfolg an allen Fronten, dafür hat sie sich dann gelohnt, die wahnsinnige Kilometerfresserei auf der A8, A99 und A9.

Stephan Hain

Zwei Jahre war Stephan Hain bei den Münchner Löwen, in 29 Spielen hat er einmal getroffen. Keine so tolle Bilanz für einen Mittelstürmer. Im Sommer holte ihn Präsident Manni Schwabl nach Unterhaching, als weitere Stütze für das ehrgeizige Projekt Drittliga-Aufstieg. Und Hain wurde zur Tormaschine: 32 Treffer bei 28 Regionalliga-Einsätzen, dazu zwei im DFB-Pokal gegen Mainz, einer im bayerischen Toto-Pokal. „Ich fühle mich hier einfach wohl“, so die Erklärung des 28-Jährigen, warum es plötzlich so gut läuft. „Wie die Faust aufs Auge“ passe er ins Hachinger System, „spielerisch und menschlich,“ findet Schwabl. Das sind die Typen, die er suchte, die er brauchte für die Rückkehr in Liga drei, tolle Charaktere, die unter Trainer Claus Schromm zu einer echten Mannschaft zusammengewachsen sind, in der einer für den anderen da ist, Teamgeist nicht Egoismus herrscht, wie Hain beim Treffer zum 2:0 im Aufstiegsduell bei Elversberg nachdrücklich bewies. Der Boden, auf dem Leistung gedeiht. Stephan Hain ist dafür das beste Beispiel.

Daniel Bierofka

Auch in einem chaotischen Umfeld lässt sich sehr seriös arbeiten: Daniel Bierofka hat eine schwere Saison hinter sich, obwohl er seine Mannschaft auf den zweiten Platz in der Regionalliga geführt hat, steht er am Ende als Verlierer da. Die Turbulenzen beim TSV 1860 haben nicht nur die Profis, sondern auch Bierofkas U21 in den Abgrund gerissen: Zwangsabstieg als Vizemeister. Bierofka aber genießt bei den Fans Heldenstatus, nicht erst, seit er im Frühjahr 2016 als Vertreter des geschassten Cheftrainers Möhlmann den Löwen die 2. Liga nochmal rettete, zuletzt, als er die aufgebrachten Rowdies beim Spiel gegen Regensburg zur Räson rief. Bierofka, obwohl bei den „Roten“ an der Säbener Straße ausgebildet, ist ein echter Löwe, der Leuchtturm in stürmischer See. „Außer Biero könnt ihr alle gehen“, skandierten die Fans in der Arena. Ihm traut man zu, mit 1860 einen Neuanfang zu starten. Mit tollen Jungs aus seiner U21, die zuletzt auch der einzige Lichtblick waren in einer ziemlich desolaten Profi-Truppe.

Markus de Prato

Die Klubs der Landesliga Südost müssen zur kommenden Saison auf der Hut sein. Sonst landen sie vielleicht bei ihrer Auswärtsfahrt im Münchner Norden, nicht aber bei ihrem Gegner. Der Aufsteiger TSV Moosach ist im Landkreis Ebersberg angesiedelt, einem 1500 Seelen zählenden Dorf zwischen Oberpframmern und Grafing. Zwei Jahre ist es her, dass der Verein den Aufstieg in die Bezirksliga ziemlich ausschweifend gefeiert hat, nun ging es weiter in die Landesliga, ein sensationeller Erfolg, der eng mit dem Namen de Prato verknüpft ist. Markus de Prato ist der Spielertrainer, zwei weitere de Pratos, Christian und Thomas, zählen zu der Truppe, der eher der Abstieg prophezeit worden war. Was daran lag, dass sie zu Saisonbeginn Stefan des Prato an den VfR Garching verloren hat, den 38-fachen Goalgetter der Vorsaison. Markus aber hat es geschafft, den Verlust seines Bruders zu kompensieren, mehr noch, er hat eine Meistermannschaft geformt. Vor der Landesliga ist ihm nun auch nicht bange, schließlich bekommt er hochkarätige Verstärkung: Florian de Prato, der älteste und erfolgreichste der fünf Brüder, kehrt aus Garching zurück. Als Mittelfeldregisseur und Co-Trainer. Fehlt nur noch Stefan.

Michael Hofmann

Michael Hofmann ist ein gefragter Mann. Zuletzt war er mehrmals im Fernsehen, sein Insiderwissen sollte aufklären über die komplizierte Situation beim TSV 1860, wo er als Legende gilt. Und da er auch mal in Regensburg gespielt hat, war Hofmann die ultimative Kompetenz in Sachen Zweitliga-Relegation. Dabei hätte er auch über sich selbst viel zu erzählen. Im Mai hat er einen endgültigen Schlussstrich gezogen unter seine lange Karriere, die ihn von Bayreuth zu den Löwen führte, mit denen er Höhen und Tiefen durchwandert hat. Nachdem er 2013 in Regensburg seine Fußballstiefel an den berühmten Nagel gehängt hatte, reaktivierte ihn 2015 sein Heimatverein Bayreuth, was in Hofmann nochmal das Feuer entfachte. Und in der Folge ein Angebot des SV Pullach annehmen ließ. Zwei Bayernliga-Spielzeiten hat er dort nun absolviert, höchst erfolgreich. Zum Abschluss krönte er sein Engagement mit dem Meistertitel, der im Jahr zuvor knapp verpasst worden war. Pullachs Dilemma: Der fehlenden Spielstätte wegen kann man nicht in die Regionalliga aufsteigen, das aber bremste Hofmanns Ehrgeiz nie. 0,5 Gegentore im Schnitt waren sein Saisonziel, das war natürlich nicht zu schaffen. Unter der 1,0 aber ist er geblieben. Man hätte ihn fragen sollen, wie man das macht, mit stolzen 44.

Uwe Wolf

Uwe Wolf wird nicht widersprechen, wenn man ihn einen Verrückten nennt, einen positiv Fußball-Verrückten. So ist er, nicht mit übermäßig viel Talent gesegnet, zum Bundesliga-Profi geworden, sein brutaler Ehrgeiz hat ihn auch als Trainer begleitet und, bei Auswärtsspielen, oft zum Buhmann des Publikums gemacht. Bei den eigenen Fans aber genoss Wolf einen guten Ruf, weil er Mannschaften pushen, zu Höchstleistungen treiben konnte. „Feierabendfußball ist nichts für einen Wolf“, stellte er klar, er wollte mit Wacker Burghausen zurück in den Profibereich. Im Winter aber entschied sich der Verein, die professionellen Strukturen zurückzufahren, Wolf wurde vor dem ersten Spiel nach der Winterpause gefeuert, zu unterschiedlich waren die Auffassungen geworden. Wacker lag damals auf Platz sieben, punktgleich mit Rang sechs. Der hätte am Ende genügt, um Wolfs Vertrag um ein Jahr zu verlängern, was Burghausen teuer gekommen wäre. Als dann Bürgermeister Hans Steindl andeutete, da müsse man sich eben „strategisch“ verhalten, war klar, dass es nun egal war, „ob man Sechster, Siebter oder Achter“ (Steindl) werden würde. Man wurde Zehnter. Schlecht für Wolf. Aber auch schlecht für das Image des Vereins.

Franz Faber

Auch wenn BFV-Präsident Rainer Koch nicht müde wird zu betonen, dass die fünfgleisige Regionalliga selbst für kleinere Verein deutlich leichter zu stemmen ist als davor die dreigleisige, hoch sind die Anforderungen noch immer. Frag nach in Pullach, wo man schon zweimal verzichten musste. Auch der FC Unterföhring wäre nun an den Auflagen gescheitert, hätte nicht Präsident Franz Faber, angespornt vom sportlichen Höhenflug seiner Truppe, alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihr den großen Traum von der Regionalliga zu ermöglichen. Er hat mit der Gemeinde verhandelt, eine Mitgliederbefragung so gut vorbereitet, dass es nur eine Gegenstimme gab, und er hat im schon regionalligaerprobten Heimstettener Sportpark eine neue Heimat aufgetan, obwohl der dortige SV selbst lange um den Aufstieg mitspielte. Harte Arbeit lag hinter Faber, ehe er am drittletzten Spieltag mit seiner Mannschaft den Aufstieg bejubeln konnte. Und harte Arbeit liegt noch vor ihm, um die Basis für den Klassenerhalt zu schaffen. 2020 könnte man dann sogar im eigenen Stadion spielen, bis dahin soll der neue Unterföhringer Sportpark eröffnet sein.

Fabian Hürzeler

Für Fabian Hürzeler hätten sich viele Perspektiven eröffnen können: Profivertrag beim FC Bayern, schließlich galt er als großes Talent, er war Juniorennationalspieler und Kapitän der U19. Auch amerikanischer A-Nationalspieler war eine Option, Hürzeler, Sohn einer Deutschen und eines Schweizers, ist in Houston geboren. Dass er mal Volksheld in Pipinsried werden würde, war eher nicht zu erwarten. Auch er selbst hat im Herbst letzten Jahres zwar gehofft, seinem Mentor Konrad Höß den Traum von der Regionalliga irgendwann erfüllen zu können. Dass es aber schon in dieser Saison klappen würde, das konnte, das durfte keiner erwarten. Hürzeler, 24, ist erst letzten Sommer als Spielertrainer nach Pipinsried gekommen, der Start war holprig, nach sieben Spieltagen stand man auf einem Abstiegsrelegationsplatz. Dann aber ging es stetig aufwärts, schließlich gelang ihm, was Tobias Strobl, einem seiner Vorgänger, auch in zwei Anläufen nicht vergönnt war: Schon in der ersten Relegationsrunde hat man sich gegen Greuther Fürth II durchgesetzt, die Sensation ist perfekt: Der FC Pipinsried feiert den Aufstieg in die Regionalliga. Und das im 50. Jahr des Bestehens. Ein schöneres Geschenk hätte Hürzeler seinem Chef Höß nicht machen können: Nun muss wohl der TSV 1860 München mit seiner ersten Mannschaft zu einem Pflichtspiel nach Pipinsried. Ein Traum für Höß.

Die Amateurfußballseite erscheint jeden Mittwoch, wegen der Sommerpause wieder am 28. Juni. Autor ist Reinhard Hübner, erreichbar unter komsport@t-online.de

Aufrufe: 07.6.2017, 08:03 Uhr
Münchner Merkur: Reinhard HübnerAutor