2024-05-02T16:12:49.858Z

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Sören Dreßler, Trainer des TSV Schwaben, sieht die neuen Regelideen skeptisch, auch andere Übungsleiter sind wenig begeistert.  Archivfoto: Fred Schöllhorn
Sören Dreßler, Trainer des TSV Schwaben, sieht die neuen Regelideen skeptisch, auch andere Übungsleiter sind wenig begeistert. Archivfoto: Fred Schöllhorn

So kompliziert wie eine Steuererklärung

Effektivere Spielzeit, besserer Schutz für Schiedsrichter +++ Kommen neue Fußball-Regeln? +++ Amateurtrainer können mit den Vorschlägen wenig anfangen

Bringen neue Regeln im Fußball mehr Gerechtigkeit und können sie Schiedsrichter vor Übergriffen schützen? Augsburger Trainer und Funktionäre haben da ihre Zweifel. „Das wird fast schlimmer als mit der Steuererklärung“, sagt Sören Dreßler zu den neuen Vorschlägen, die die Regelhüter des International Football Association Board (Ifab) unter dem Titel „Play fair!“ auf den Tisch gelegt haben. Dreßler, Trainer des künftigen Bayernligisten Schwaben Augsburg, betont: „Fußball muss für jeden verständlich bleiben.“ Zu viele Änderungen nehmen dem Sport aus seiner Sicht die Attraktivität. Dreßler moniert noch einen weiteren Punkt: „Wie soll sich ein Schiedsrichter noch auf irgendetwas konzentrieren?“

Die Vorschläge behandeln die Spieldauer, den Schutz der Schiedsrichter, Strafen für Spieler, Trainer und Vereine und weiteres. Trainer wie Dreßler und Ivan Konjevic vom Landesligisten Türkspor Augsburg setzen dagegen auf respektvolle Kommunikation auf dem Platz und darauf, dass bestehende Regeln stärker beachtet werden. Für ein Beispiel einer überflüssigen Änderung muss Konjevic nicht lange nachdenken. Der Türkspor-Trainer erinnert an das Confed-Cup-Spiel zwischen Chile und Kamerun am Sonntag. Kurz vor der Halbzeit wurde ein Treffer für Chile erst gegeben – und nach dem Videobeweis doch wieder aberkannt. „Da war vielleicht sein Finger im Abseits“, kommentiert Konjevic. Trotz der technischen Neuerungen bleiben aus seiner Sicht manche Entscheidungen umstritten. Anders als der Videobeweis könnten die neuen Ifab-Vorschläge auch Amateure betreffen. Ivan Konjevic ist skeptisch: „Der Fußball sollte so bleiben, es braucht keine Neuerungen.“

Im Gegensatz zu Konjevic hat FCA-Trainer Manuel Baum gute Erfahrungen mit dem Videobeweis gemacht. Der wurde in einem Testspiel des FC Augsburg gegen den Zweitligisten Greuther Fürth im Januar probehalber eingesetzt. Das moderne System habe in der Partie richtig gut funktioniert, lobt Baum. Bei anderen Ideen äußert sich der Trainer zurückhaltender. „Wir müssen aufpassen, dass der Fußball so bleibt, wie er ist, und nicht verfälscht wird, damit er der Sport bleibt, den wir lieben.“ Die Ideen müsse man sauber zu Ende denken.

Eine mögliche Neuerung soll Schiedsrichter besser schützen. Zum Beispiel dadurch, dass in strittigen Situationen nur noch der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen darf oder dass Mannschaften für „Mobbing“ und Bedrängen des Schiedsrichters Punkte abgezogen bekommen. Konjevic sagt dazu: „Der Schiedsrichter trifft eine Entscheidung, die Spieler müssen sie akzeptieren.“ Zu diskutieren gäbe es nichts, daran ändere keine Regel etwas. Konjevic glaubt vielmehr, dass Schiedsrichter solche Situationen am besten lösen, indem sie ruhig reagieren und die Spieler nicht einfach abweisen. Letzteres erlauben die Regeln aber schon jetzt: Schiedsrichter dürfen Spieler, die sich an einer Rudelbildung beteiligen, mit einer Gelben Karte bestrafen.

Zu den Ifab-Vorschlägen gehört auch, dass die sogenannte Nettospielzeit erhöht wird. Durch Verzögerungen wird viel weniger gespielt als die vorgesehenen 90 Minuten. Abhilfe könnte etwa das Stoppen der Zeit schaffen. Günther Schmid ist Abteilungsleiter des Bezirksligisten TSV Haunstetten, er kennt ein ähnliches System von den Handballern seines Vereins. In der Sportart sind Zeitnehmer in einem Kampfgericht dafür verantwortlich. In unteren Klassen werden die von den Vereinen gestellt, in höheren Ligen sind sie neutral und werden eingeteilt. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das in unseren Breiten und Klassen durchsetzen lässt“, zweifelt Schmid, der an die Zahl der zusätzlichen Funktionäre denkt. Schmid plädiert stattdessen dafür, dass Schiedsrichter bei Verzögerungen länger nachspielen lassen.

Auch FCA-Trainer Manuel Baum sieht die Idee, die Spielzeit zu reformieren, skeptisch. Die 90 Minuten seien gut, Verzögerungen könnten die Schiedsrichter mit der Nachspielzeit ausgleichen. Diese falle schon jetzt teilweise länger aus als früher.

Aufrufe: 020.6.2017, 14:57 Uhr
Augsburger Allgemeine / Sebastian MayrAutor