2024-04-19T07:32:36.736Z

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Tobias Grimm ist auch mit den U19-Junioren der SG VfL Teuchtlingen erfolgreich. Zweimal in Folge war das Kreisgruppen­team in der Hallenendrunde dabei. F: Bastian Mühling
Tobias Grimm ist auch mit den U19-Junioren der SG VfL Teuchtlingen erfolgreich. Zweimal in Folge war das Kreisgruppen­team in der Hallenendrunde dabei. F: Bastian Mühling

"Sie ist der Chef zuhause, ich auf dem Platz"

Tobias Grimm hat mit Wettelsheim und der U19 der SG Treuchtlingen gleich zwei Trainerjobs und viel zu tun

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Mit 2,17 Punkten pro Spiel ist er aktuell der beste und erfolgreichste Trainer der Kreisliga Neu­markt/Jura Süd, mit dem SV Wettels­heim zählt er zu den Topfavoriten auf die Meisterschaft: Tobias Grimm mischt diese Saison mit seiner Mannschaft die Liga auf und startet am Sonntag gleich mit dem Topspiel gegen die SG Ramsberg/St. Veit ins neue Punktspieljahr. Gleichzeitig coacht Grimm auch die U19 der SG VfL Treuchtlingen. Viermal die Woche Training, zwei Spiele am Wochen­ende, obendrein noch Job und Fa­milie: Tobias Grimm ist ein viel beschäftigter Mann. Warum sich der 31-Jährige das antut und was seine Frau Kathrin dazu sagt...
Montagabend, 18.45 Uhr: Es ist die erste Trainingseinheit der Woche. Drei weitere sollen folgen. Tobias Grimm kommt gerade von einem vier­tägigen Trainingslager mit dem SV Wettelsheim in Crailsheim. „Es war richtig gut, wir hatten optimale Bedin­gungen mit zwei Kunstrasenplätzen“, sagt Grimm. Er steht am Spielfeld­rand. Heute aber nicht in Wettels­heim, sondern in Graben: Training mit den U19-Junioren beim VfL. 20 Mann sind gekommen – für eine U19 eine hohe Trainingsbeteiligung, bei Grimm Normalität.

Auch in Wettelsheim kommen konstant 24 ins Training. Ein Indiz für seine Beliebtheit bei den Fußballern. „Mir ist ein enger Kontakt zu den Spielern wichtig“, unterstreicht der Coach. Wenn es sein muss, kann er aber auch mal laut werden. „Neben dem Platz ist er eher der Kumpeltyp, auf dem Platz nicht“, sagt Moritz Vogt, den Grimm im vierten Jahr bei Treuchtlingen trainiert. Trotzdem kommt auch in den Einheiten der Spaß nicht zu kurz: „Mit seinen kurzen, markanten Sprüchen bringt er uns immer wieder zum Lachen“, meint Vogt. Beispiel: Die Spieler passen sich den Ball zu. Grimm motiviert: „Auf gehts Leute, die Ladys kommen gleich. Nutzen wir den Platz noch aus.“ Solche Sprüche machen das Training lockerer. Als dann die VfL-Damen tatsächlich auf der anderen Hälfte des Feldes kicken, passt tatsächlich ein Spieler nicht auf, während Grimm die Übung erklärt.

Seine Spielerkarriere musste der 31-Jährige früh beenden. Mit 20 erlitt er bereits seinen dritten Kreuzband­riss. Seine Trainerlaufbahn startete er beim ESV Treuchtlingen in der Jugend und konnte seitdem nicht mehr loslassen. Vom Trainersein und von der Jugendarbeit. „Mir liegen die Jugendlichen einfach am Herzen“, sagt der gebürtige Treuchtlinger. Eini­ge Spieler, mit denen er in der U9 sei­ne Trainerlaufbahn begonnen hat, betreut er heute in der U19.

Mit 28 Jahren übernahm Tobias Grimm erstmals eine Herrenmann­schaft, beim FC Nagelberg. Vergange­nen Sommer wechselte er zum SV Wet­telsheim zwei Klassen höher in die Kreisliga. Die Jugend hat er aber nie aufgegeben. „Wettelsheim hat mir von Anfang an gesagt, dass es kein Problem ist, wenn ich die U19 weiter­mache. Solange der SVW an erster Stelle steht und ich von der Belas­tung her klar­komme“, erklärt Grimm. Mit Wettels­heim will er in der Rückrunde „oben dran bleiben und die gute Hinrunde bestätigen“. Das Wort Aufstieg nimmt er nicht in den Mund. Dass er mit dem SV soweit oben steht, hat er selbst nicht erwartet. „Unser Ziel war der siebte Platz aus der Vorsaison. Gerade als Aufsteiger ist es im zweiten Jahr oft schwerer. Dann kam noch ich dazu als jun­ger Trainer, der das Erbe von Rai­ner Neubauer an­getreten hat“, meint Grimm, der mit dem SVW „voller Taten­drang“ in den zweiten Teil der Saison geht.

Eine seiner ersten Entscheidungen als Wettelsheimer Trainer war es, Hans-Christian Döbler zum Kapitän zu machen. Mit 21 Jahren. „Natürlich ist er sehr jung, aber für mich ist er eine absolute Galionsfigur“, sagt Grimm über seinen Kapitän. Umge­kehrt zeigt sich auch Döbler begeis­tert: „Er macht wirklich alles für die Mannschaft“, meint der SVW-Spiel­führer. „So stellt man sich einen Trai­ner vor: Es macht Spaß, aber trotzdem ist er konsequent.“ Die Jugendkicker des VfL sehen das ähnlich: „Grimmbo ist sehr struktu­riert“, meint Vogt. Mitspieler Alexan­der Grünsteudl sagt: „Das Besondere an ihm ist, dass er auch außerhalb des Feldes etwas auf die Beine stellt. Wir waren schon dreimal in Spanien in Lloret und haben dort Turniere gespielt.“ Nicht nur mit Wettelsheim ist Grimm erfolgreich, auch mit der SG VfL Treuchtlingen, die in der Kreisgruppe spielt und zuletzt zwei­mal in Folge die Hallenendrunde erreichte.

Ob in Treuchtlingen oder in Wettels­heim, alle Spieler nennen ihn „Grimm­bo“. Der Spitzname stammt noch aus der Schulzeit. Damals gab es den Hip-Hopper Das Bo. „Ich hatte eine ähnli­che Frisur wie er, also Ohren frei und kurz. Sein Lied „Türlich, Türlich (sicher, Dicker)“ war zu der Zeit mein Slang und so wurde aus mir der Grimmbo“, erzählt der Trainer.

Hände hinter dem Rücken ver­schränkt leitet Grimm lautstark das Training. Er gibt genau an, was er von seinen Jungs sehen will. Und hat eine ganz eigene Fußballsprache: „Teilen wir uns auf die Muldenhauben auf“, schreit er über den Platz. Muldenhau­ben sind bei ihm die Hütchen. Lauf­-ABC, Sprint, Ballschule, Verschieben: Alles gewöhnliche Übungen, aber wie hält man das vier Tage die Woche aus? Wird man da nicht irgendwann des Fußballs überdrüssig? „Ich würde es nicht machen, wenn es mir keinen Spaß machen würde. Ich sehe mich aber nicht als fußballverrückt, son­dern einfach als fußballbegeistert.“ Und was sagt seine Frau dazu? Grimm lacht. „Erfreut ist sie nicht, aber sie unterstützt mich total. Anders würde es auch nicht gehen. Sie ist der Chef zuhause, ich auf dem Platz“, meint Grimm. Seit zehn Jahren kennen sie sich, seit vier sind sie verheiratet. Gerade haben sie ein Haus gebaut, bald erwarten sie Nach­wuchs. Tagsüber arbeitet der gelernte Industriekaufmann bei Aluminium Technik Weißenburg.

Wie bringt er das zeitlich alles unter einen Hut? „Ich sehe das einfach als Planungssache. Ich musste auch zurückstecken, Anfang und Mitte 20 hätte ich auch zweimal am Wochenen­de einen Trinken gehen können. Aber da habe ich meine primären Ziele anders gelegt, weil es mir Spaß gemacht hat, für die Jungs da zu sein und Vorbild zu sein.“ 19.51 Uhr: Spiel „6 gegen 6“ auf zwei kleine Tore. Abwehr gegen Sturm. Es soll das Verschieben geübt werden. Fast keine Sekunde vergeht ohne Kommando, Anweisung oder Motivation von Grimm. Er wirkt wie die Definition des Wortes lautstark. Zehn Minuten sind gespielt, dann ruft er: „Erste Coaching Einheit rot.“ Er zieht seine Spieler zusammen, kniet sich nieder und spricht die Probleme an. Dazu benutzt er die Muldenhau­ben. Aber auch die Spieler kommen zu Wort: „Das wichtigste ist, dass wir selbst erkennen, was noch nicht läuft“, meint Tobias Grimm. Nach einer Sprintübung laufen die Spieler aus und kommen dann im Kreis zusammen.

Mit schwarzer Mütze, blauer Jacke und den guten alten Copa-Mundial-Fußballschuhen steht Grimm vor sei­nen Jungs und stellt schon am Montag klar: „Wir spielen am Samstag gegen den Tabellenführer. Ich weiß, am Frei­tag ist Nennslingen, aber da gilt Hand­bremse.“

Aufrufe: 010.3.2017, 10:07 Uhr
Bastian Mühling (AB)Autor