Auch in Wettelsheim kommen konstant 24 ins Training. Ein Indiz für seine Beliebtheit bei den Fußballern. „Mir ist ein enger Kontakt zu den Spielern wichtig“, unterstreicht der Coach. Wenn es sein muss, kann er aber auch mal laut werden. „Neben dem Platz ist er eher der Kumpeltyp, auf dem Platz nicht“, sagt Moritz Vogt, den Grimm im vierten Jahr bei Treuchtlingen trainiert. Trotzdem kommt auch in den Einheiten der Spaß nicht zu kurz: „Mit seinen kurzen, markanten Sprüchen bringt er uns immer wieder zum Lachen“, meint Vogt. Beispiel: Die Spieler passen sich den Ball zu. Grimm motiviert: „Auf gehts Leute, die Ladys kommen gleich. Nutzen wir den Platz noch aus.“ Solche Sprüche machen das Training lockerer. Als dann die VfL-Damen tatsächlich auf der anderen Hälfte des Feldes kicken, passt tatsächlich ein Spieler nicht auf, während Grimm die Übung erklärt.
Seine Spielerkarriere musste der 31-Jährige früh beenden. Mit 20 erlitt er bereits seinen dritten Kreuzbandriss. Seine Trainerlaufbahn startete er beim ESV Treuchtlingen in der Jugend und konnte seitdem nicht mehr loslassen. Vom Trainersein und von der Jugendarbeit. „Mir liegen die Jugendlichen einfach am Herzen“, sagt der gebürtige Treuchtlinger. Einige Spieler, mit denen er in der U9 seine Trainerlaufbahn begonnen hat, betreut er heute in der U19.
Mit 28 Jahren übernahm Tobias Grimm erstmals eine Herrenmannschaft, beim FC Nagelberg. Vergangenen Sommer wechselte er zum SV Wettelsheim zwei Klassen höher in die Kreisliga. Die Jugend hat er aber nie aufgegeben. „Wettelsheim hat mir von Anfang an gesagt, dass es kein Problem ist, wenn ich die U19 weitermache. Solange der SVW an erster Stelle steht und ich von der Belastung her klarkomme“, erklärt Grimm. Mit Wettelsheim will er in der Rückrunde „oben dran bleiben und die gute Hinrunde bestätigen“. Das Wort Aufstieg nimmt er nicht in den Mund. Dass er mit dem SV soweit oben steht, hat er selbst nicht erwartet. „Unser Ziel war der siebte Platz aus der Vorsaison. Gerade als Aufsteiger ist es im zweiten Jahr oft schwerer. Dann kam noch ich dazu als junger Trainer, der das Erbe von Rainer Neubauer angetreten hat“, meint Grimm, der mit dem SVW „voller Tatendrang“ in den zweiten Teil der Saison geht.
Eine seiner ersten Entscheidungen als Wettelsheimer Trainer war es, Hans-Christian Döbler zum Kapitän zu machen. Mit 21 Jahren. „Natürlich ist er sehr jung, aber für mich ist er eine absolute Galionsfigur“, sagt Grimm über seinen Kapitän. Umgekehrt zeigt sich auch Döbler begeistert: „Er macht wirklich alles für die Mannschaft“, meint der SVW-Spielführer. „So stellt man sich einen Trainer vor: Es macht Spaß, aber trotzdem ist er konsequent.“ Die Jugendkicker des VfL sehen das ähnlich: „Grimmbo ist sehr strukturiert“, meint Vogt. Mitspieler Alexander Grünsteudl sagt: „Das Besondere an ihm ist, dass er auch außerhalb des Feldes etwas auf die Beine stellt. Wir waren schon dreimal in Spanien in Lloret und haben dort Turniere gespielt.“ Nicht nur mit Wettelsheim ist Grimm erfolgreich, auch mit der SG VfL Treuchtlingen, die in der Kreisgruppe spielt und zuletzt zweimal in Folge die Hallenendrunde erreichte.
Ob in Treuchtlingen oder in Wettelsheim, alle Spieler nennen ihn „Grimmbo“. Der Spitzname stammt noch aus der Schulzeit. Damals gab es den Hip-Hopper Das Bo. „Ich hatte eine ähnliche Frisur wie er, also Ohren frei und kurz. Sein Lied „Türlich, Türlich (sicher, Dicker)“ war zu der Zeit mein Slang und so wurde aus mir der Grimmbo“, erzählt der Trainer.
Hände hinter dem Rücken verschränkt leitet Grimm lautstark das Training. Er gibt genau an, was er von seinen Jungs sehen will. Und hat eine ganz eigene Fußballsprache: „Teilen wir uns auf die Muldenhauben auf“, schreit er über den Platz. Muldenhauben sind bei ihm die Hütchen. Lauf-ABC, Sprint, Ballschule, Verschieben: Alles gewöhnliche Übungen, aber wie hält man das vier Tage die Woche aus? Wird man da nicht irgendwann des Fußballs überdrüssig? „Ich würde es nicht machen, wenn es mir keinen Spaß machen würde. Ich sehe mich aber nicht als fußballverrückt, sondern einfach als fußballbegeistert.“ Und was sagt seine Frau dazu? Grimm lacht. „Erfreut ist sie nicht, aber sie unterstützt mich total. Anders würde es auch nicht gehen. Sie ist der Chef zuhause, ich auf dem Platz“, meint Grimm. Seit zehn Jahren kennen sie sich, seit vier sind sie verheiratet. Gerade haben sie ein Haus gebaut, bald erwarten sie Nachwuchs. Tagsüber arbeitet der gelernte Industriekaufmann bei Aluminium Technik Weißenburg.
Wie bringt er das zeitlich alles unter einen Hut? „Ich sehe das einfach als Planungssache. Ich musste auch zurückstecken, Anfang und Mitte 20 hätte ich auch zweimal am Wochenende einen Trinken gehen können. Aber da habe ich meine primären Ziele anders gelegt, weil es mir Spaß gemacht hat, für die Jungs da zu sein und Vorbild zu sein.“ 19.51 Uhr: Spiel „6 gegen 6“ auf zwei kleine Tore. Abwehr gegen Sturm. Es soll das Verschieben geübt werden. Fast keine Sekunde vergeht ohne Kommando, Anweisung oder Motivation von Grimm. Er wirkt wie die Definition des Wortes lautstark. Zehn Minuten sind gespielt, dann ruft er: „Erste Coaching Einheit rot.“ Er zieht seine Spieler zusammen, kniet sich nieder und spricht die Probleme an. Dazu benutzt er die Muldenhauben. Aber auch die Spieler kommen zu Wort: „Das wichtigste ist, dass wir selbst erkennen, was noch nicht läuft“, meint Tobias Grimm. Nach einer Sprintübung laufen die Spieler aus und kommen dann im Kreis zusammen.
Mit schwarzer Mütze, blauer Jacke und den guten alten Copa-Mundial-Fußballschuhen steht Grimm vor seinen Jungs und stellt schon am Montag klar: „Wir spielen am Samstag gegen den Tabellenführer. Ich weiß, am Freitag ist Nennslingen, aber da gilt Handbremse.“